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Potsdamer Rettungsengel: Johannes Stiller ist rund um die Uhr im Einsatz
Stürze, brennende Adventskränze und Bagatellen: Wie Johannes Stiller die besonderen Einsätze an Weihnachten bewältigt.
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Johannes Stiller beginnt am ersten Weihnachtsfeiertag um 6.45 Uhr seinen 24-Stunden-Dienst in der Rettungswache Potsdam. Der 39-Jährige ist Rettungssanitäter und Berufsfeuerwehrmann. Da muss er sich auf alles Mögliche gefasst machen. Typische Einsätze: brennende Adventskränze oder Weihnachtsbäume.
Weihnachten feiert er im Zwei-Tages-Rhythmus am 24., 26. und 28. Dezember mit der Familie. Dazwischen liegen Schichten. Und die Zeit mit der anderen Familie: den Kolleginnen und Kollegen von Rettungsdienst und Feuerwache.
„Wir kochen und essen auch zusammen“, sagt Stiller. Beide Familien seien ihm Stütze, gerade dann, wenn der Dienst körperlich und psychisch anstrengend ist. „Das Wichtigste ist, dass es Hand in Hand geht.“
Generell sei der Dienst an den Feiertagen ruhiger. Er kenne aber auch den nervenaufreibenden Rettungsdienst aus Berlin, wo Menschen in Uniform oft respektlos behandelt würden. Das sei in Potsdam zum Glück nicht so. „Die Menschen hier sind friedlicher.“
Trotzdem gibt es Einsätze, die auch dem erfahrenen Rettungsassistenten nahegehen. So steige die Suizidrate an den Feiertagen. „Das sind Alleinstehende, die niemanden zum Reden haben und sich einsam fühlen.“ Gerade zu Weihnachten verstärke sich dieses Gefühl. Einsame, ältere Menschen seien auch häufig der Grund für Rettungseinsätze. „Es kommt oft zu Stürzen. Sie können sich nicht mehr aufrichten und rufen um Hilfe. Manchmal werden sie von Nachbarn gehört.“ Es komme aber auch vor, dass sie schon zwei oder drei Tage auf dem Boden liegen, bis Hilfe eintrifft.
Immer häufiger komme es aber auch zum Missbrauch des Notrufs. Patienten mit Kopf-, Bauchschmerzen oder anderen Bagatellen würden die Notfallsanitäter rufen. Manchmal könnten die schon am Telefon geklärt werden. Andere wüssten nicht einmal, dass bei hohem Fieber Wadenwickel helfen und nicht der Rettungsdienst kommen muss. Johannes Stiller redet dann auf die Patienten ein oder klebt auch mal ein Pflaster.
Kommunikation ist seine Stärke. Und wichtig in diesem sehr sozialen Beruf. „In der Einsamkeit brauchen manchen Menschen auch nur mal einen Rat.“ Dafür habe er Verständnis. Es sei wichtig, einen direkten Draht zu den Patienten zu finden. „Wir kommen ihnen ja sehr nahe, sind in ihrem Wohn- oder Schlafzimmer.“
Humor als Schutzschild
Für die Psyche hilft Johannes Stiller, gerade nach schwierigen Einsätzen, nicht nur seine Familie als Basis, sondern auch sein persönlicher Schutzschild: Humor. „Ich bin der fröhlichste Mensch, der immer lacht.“ Wie zum Beweis vergisst er auch im Gespräch über schwierige Einsätze nicht sein Lachen.
Ärgern kann er sich aber auch: über wachsenden Egoismus und Aggressivität. Menschen, die kein Verständnis dafür haben, dass der Rettungswagen im Einsatz eine Straße blockiert. „Dabei will doch jeder, der Hilfe braucht, dass wir schnell da sind.“
Das gelte besonders während des Silvesterfeuerwerks. Dann sind die Rettungswagen im Dauereinsatz. Hand- und Gesichtsverletzungen sind zu behandeln. Für Johannes Stiller sind auch solche Tage Teil seines Traumjobs. „Ich liebe diesen Beruf. Er gibt mir das tolle Gefühl, nie zu wissen, was passiert. Das ist das Spannende bei meiner Arbeit.“
Haben Sie dunkle Gedanken? Wenn es Ihnen nicht gut geht oder Sie daran denken, sich das Leben zu nehmen, versuchen Sie, mit anderen Menschen darüber zu sprechen. Das können Freund:innen oder Verwandte sein. Es gibt auch eine Vielzahl von Hilfsangeboten, bei denen Sie sich melden können
.Die Telefonseelsorge bietet einen Hilfe-Chat an. Außerdem gibt es die Möglichkeit einer E-Mail-Beratung. Die Anmeldung erfolgt – ebenfalls anonym und kostenlos – auf der Webseite. Informationen finden Sie unter: telefonseelsorge.de. Diese ist zudem Tag und Nacht unter dieser Nummer erreichbar: 0800 1110111
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