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Welt-Aids-Tag: Potsdamer Verein Katte macht Betroffenen Mut
Seit 2005 bietet der Potsdamer Verein Katte kostenlose HIV-Tests an und betreut Betroffene. Die Nachfrage ist deutlich gestiegen.
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Jägervorstadt - „Krebs ist schlimmer.“ Das hat Jirka Witschak, Gründungsmitglied des Potsdamer Schwulenberatungsvereins Katte, oft gesagt, um HIV-Infizierten Mut zu machen, schließlich werden die therapeutischen Behandlungsmethoden immer besser. In diesem Jahr waren fünf der 150 Menschen, die sich bei Katte haben testen lassen, tatsächlich infiziert – so viele wie nie zuvor in der Geschichte des 2005 gegründeten Vereins. Das heißt jedoch nicht, dass die Zahl der Infektionen zugenommen hat. Vielmehr kommen von Jahr zu Jahr mehr Menschen zu dem Verein in der Jägerallee, um sich auf HIV testen zu lassen. 2015 waren es noch 100, davor nur 80. Denn Witschak und seine Kollegen arbeiten unermüdlich an der Aufklärung über die Autoimmunkrankheit.
In ganz Brandenburg haben sich im vergangenen Jahr 80 Menschen neu mit HIV infiziert, davon sind 65 männlich. Dies teilt Judith Petschelt vom Robert-Koch- Institut (RKI) mit. Die Zahl aller Infizierten wird für den Zeitpunkt Ende 2015 auf 360 geschätzt, bei 120 konnte das Virus bestätigt werden. Fünf Menschen sind infolge der Krankheit gestorben. In einer Pressemitteilung anlässlich des heutigen Welt-Aids-Tages betonte RKI-Präsident Lothar H. Wieler: „Männer, die Sex mit Männern haben (MSM), sind noch immer die am stärksten von HIV betroffene Gruppe.“
Bei Katte auf Augenhöhe unterhalten
Von den Leuten, die sich bei Katte testen lassen, sind 70 Prozent homosexuell. „Bei uns machen ausschließlich schwule Berater den Test“, erklärt der 46-jährige Witschak. Bei anderen Einrichtungen, etwa beim Gesundheitsamt oder bei der Potsdamer Aids-Hilfe, sei die Anzahl schwuler Männer, die sich testen lassen, weitaus geringer. „Hier kann man sich über entsprechende Dinge auf Augenhöhe unterhalten“, erklärt der Vereinssprecher. Jeden Montag von 14 bis 18 Uhr sowie nach telefonischer Terminvereinbarung bietet Katte kostenlose HIV-Tests und Tests auf andere sexuell übertragbare Krankheiten an. „Zu einem Test gehört bei uns stets eine intensive Beratung, das dauert meistens eine Stunde.“ Immer wieder macht Witschak dann auf die sogenannte PEP (Postexpositionsprophylaxe)-Methode aufmerksam: Medikamente, die möglichst zügig und maximal 48 Stunden nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr eingenommen werden und das Risiko einer Infektion um gut 80 Prozent senken können. Oft habe er Frauen in der Beratung gehabt, die sich sofort in der Apotheke die rezeptfreie „Pille danach“ geholt haben, auf die PEP-Methode jedoch nicht hingewiesen wurden.
Zehn feste ehrenamtliche Mitarbeiter, darunter einige Bundesfreiwilligendienstleistende, kümmern sich um die Geschicke des Vereins: die Organisation des Potsdamer Christopher Street Days, die Leitung der Selbsthilfegruppe „Transistor“, die einzige Anlaufstelle für transidente und transsexuelle Menschen in Brandenburg, oder um die Pflege von Portalen wie gaybrandenburg.de. „Ganz wichtig ist uns auch die Jugendarbeit“, sagt Witschak. Schon oft habe der Verein jungen Männern, die in ihrer Jugend wegen ihrer sexuellen Orientierung diskriminiert wurden, zu einem passenden Ausbildungsplatz verholfen.
Wie geht es weiter?
Noch wird der Verein vom Sozialministerium des Landes gefördert, darüber hinaus finanziert sich die Arbeit aus Spenden. Wie es im nächsten Jahr weitergeht, ist noch ungewiss. Zum ersten Mal hat Katte nun einen Antrag bei der Stadt auf Unterstützung gestellt. „Potsdam braucht viele Angebote“, sagt Witschak. Das habe sich beispielsweise gezeigt, als das Gesundheitsamt gut vier Monate lang keine Tests durchführen konnte, da Flüchtlinge auf Tuberkulose getestet werden mussten – in dieser Zeit seien mehr Leute in die Beratungsstelle gekommen.
Fällt der Test positiv aus, erhalten Betroffene weiter Hilfe: „Wir begleiten die Leute beispielsweise in die Infektionsambulanz am ,Ernst von Bergmann’-Klinikum oder bieten sozialrechtliche Beratungen“, sagt Witschak.
Anne-Kathrin Fischer
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