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Pete Heuer, Mitglied im Vorstand der SPD-Fraktion der Landeshauptstadt und Vorsitzender der Stadtverordnetenversammlung.

© Andreas Klaer

Update

Potsdams SPD wechselt Fraktionsspitze aus: Jetzt führt ein Schubert-Kritiker die Genossen

Die Fraktion der Sozialdemokraten im Stadtparlament hat eine neue Doppelspitze. Das wurde am Montagabend entschieden.

Stand:

Rund ein Jahr vor der Kommunalwahl hat die Potsdamer SPD die Spitze ihrer Stadtfraktion ausgetauscht. Nach einer internen Wahl am Montagabend wird diese nun nicht mehr von den Stadtverordneten Hagen Wegewitz und Sarah Zalfen geführt, sondern von ihren beiden bisherigen Stellvertretern, Pete Heuer und Babette Reimers. Das bestätigten Fraktionskreise am Montagabend den PNN. Damit endet eine seit etwa zwei Wochen währende Hängepartie um den Vorsitz.

Als Hauptgrund für den bereits vor einigen Tagen erfolgten Rücktritt der bisherigen Fraktionsspitze gilt eine scharf geführte Debatte um wachsende Unzufriedenheit über einen zu unkritischen Kurs der Fraktion gegenüber ihrem SPD-Oberbürgermeister Mike Schubert.

Ein Beispiel: Mit dessen Politik eines behutsamen Wachstums seien Baugebiete in der Pirschheide oder an der Heinrich-Mann-Allee nicht oder zu spät mit Wohnungen entwickelt worden – mit dem Ergebnis, dass nun ein kommunales Sonderbauprogramm aus dem Boden gestampft werden müsse, das in den betroffenen Vierteln für großen Unmut bei Bürgerinnen und Bürgern sorge.

Ihre Gegner sollen Zalfen, die als Referentin im Wissenschaftsministerium arbeitet, zudem zu große Nähe zu der dortigen Ministerin Manja Schüle (SPD) vorgehalten haben. Dies habe angeblich die Arbeit in der Fraktion zunehmend erschwert.

Babette Reimers

© Karoline Wolf

Die bisherige Co-Fraktionschefin Zalfen sagte am Abend gegenüber den PNN, die Fraktion habe eine „intensive inhaltliche Diskussion über ihre Ausrichtung geführt“. Dabei sei Kritik an ihrer politischen und strategischen Arbeit als Fraktionsvorsitzende laut geworden. Sie habe sich in diesem Zuge zum Rücktritt entschieden und Platz gemacht, weil sie eine noch längere Diskussion innerhalb der Fraktion, die Irritation und Verdruss bei Bürgerinnen und Bürgern auslösen könnte, habe vermeiden wollen.

„Die SPD sollte den Anspruch haben, die Stadt zu gestalten“, so Zalfen. „Dabei polarisiert die SPD nicht, sondern schafft es, zusammenzuführen.“ Handlungsfähigkeit liege nur in der Kompromissfähigkeit, sagte sie weiter. „Eine Polarisierung wird weder der Stadt noch der SPD nützen.“

Die bisherige Fraktionschefin Sarah Zalfen.

© Ottmar Winter

Aus anderen SPD-Kreisen heißt es dagegen, der Wechsel an der Spitze sei eine männlich geprägte Revolte gegen zu viel Parität in Partei und Fraktion - befeuert durch Kämpfe um Machterhalt vor der Kommunalwahl. Dabei geht es vor allem um einen Antrag der Jusos aus dem September 2022, wonach alle ersten Plätze auf den SPD-Listen für die Kommunalwahl von Frauen besetzt werden sollen. Ein Ziel: Eine paritätische SPD-Fraktion im nächsten Stadtparlament. Derzeit sind drei der elf SPD-Stadtverordneten Frauen.

Jusos wollen rein weibliche Spitzenkandidaturen

Die Partei hat über den Juso-Antrag jedoch bislang nicht entschieden; Zalfen, die als Verfechterin von mehr Frauen in der Politik und Anhängerin der Parität gilt, hatte sich seinerzeit positiv zu diesem Vorstoß für rein weibliche Spitzenkandidaturen geäußert.

In der SPD-Fraktion, sagte Zalfen am Montagabend, seien die Listenplätze jedoch zu keiner Zeit diskutiert worden. Im Gegenteil habe die Fraktion frauenpolitische Anträge wie paritätische Besetzungen von Führungsposten im Rathaus befürwortet. Sie betonte dennoch, es sei wichtig ein Klima zu schaffen, in dem Frauen Politik machen wollen. Eine Debatte wie die in der SPD-Fraktion könne abschrecken. „Die Wahrnehmung dafür ist über alle Parteien hinweg nicht sehr ausgeprägt.“

Hagen Wegewitz, der bisherige Co-Vorsitzender der SPD-Fraktion.

© Andreas Klaer

Offiziell hieß es in einer Mitteilung der Fraktion vom Abend, Zalfen und Wegewitz seien nicht wieder als Fraktionsvorsitzende angetreten, man danke ihnen für die geleistete Arbeit.

Vor allem die Personalie Heuer ist bemerkenswert. Der 55-Jährige hatte die Fraktion bis 2019 schon einige Jahre geführt und gilt seit Jahren als Kritiker des Kurses seines Parteifreunds Schubert. Dieser hat derzeit mit zahlreichen schwierigen politischen Baustellen zu kämpfen - sei es die holprige Nachfolgesuche für Bildungsdezernentin Noosha Aubel (parteilos), den angesichts klammer Kassen geplanten Sparkurs oder die vor dem Scheitern stehende Kompromisssuche zur Garnisonkirche.

Fraktion wolle „Schaden für Partei reduzieren helfen“

Die SPD wolle mit der neuen Führung wieder klarer erkennbar werden und vor den anstehenden Wahlen den Schaden für die Partei reduzieren helfen, hieß es aus Fraktionskreisen schon vor der Neuwahl. Offiziell teilte die Fraktion mit, man wolle als „stabiler Anker“ in der rot-grün-roten Rathauskooperation wirken. In Richtung Schubert hieß es: „Gleichzeitig gilt es den Oberbürgermeister zu stützen.“

Heuer selbst erklärte: „Die Funktion des SPD-Fraktionsvorsitzenden ist mir nicht ganz neu. Ich möchte mit einer breit aufgestellten Fraktion und vielen sichtbaren Stadtverordneten an die Arbeit der Vergangenheit anknüpfen und meine Erfahrungen weitergeben.“ Reimers wiederum erklärte: „Ich stelle mich dieser Aufgabe. Die sozialdemokratische Handschrift beim Schreiben der Stadtgeschichte lässt sich bereits heute vielerorts ablesen. Unsere Anstrengungen sind auf das Wohl der Menschen in einer sozial gerechten und starken Zivilgesellschaft gerichtet.“

Pete Heuer ist derzeit auch Vorsitzender der Stadtverordnetenversammlung. Ob er das weiter bleibt, war am Montagabend zunächst offen.

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