Landeshauptstadt: Prädikat: Lebenswert
Laut einer Studie lebt es sich in Potsdam besser als in den meisten anderen Landeshauptstädten
Stand:
Welche Region Deutschlands ist die erfolgreichste? Wo gibt es die meisten Jobs, das beste Gehalt und wo kann man gleichzeitig sicher und günstig zu leben? Das Nachrichtenmagazin „Focus“ wollte wissen, wie gut es sich wo leben lässt und hat einen Sozialforscher beauftragt, alle 402 Landkreise und kreisfreien Städte zu vergleichen. Er untersuchte die Kategorien Wohlstand, Jobs, Sicherheit/Risiken, Wohnraum/Infrastruktur, Demografie/Gesundheit und Kosten. Den ersten Platz in der Gesamtwertung machte die bayerische Kleinstadt Eichstätt, Schlusslicht aller deutschen Regionen bildet das brandenburgische Frankfurt (Oder). Potsdam landet ziemlich genau in der Mitte, nämlich auf Rang 200. Betrachtet man aber nur die Landeshauptstädte, gehört Potsdam aber zum besten Viertel.
Platz 4 unter allen Landeshauptstädten
Kaum eine größere Stadt hat es beim Regionen-Vergleich auf die vorderen Plätze geschafft, am besten lebt es sich offenbar auf dem Land. Und nur eine Landeshauptstadt hat es unter die Top 100 der stärksten Regionen geschafft, nämlich München (Platz 89). Vergleicht man aber nur die Landeshauptstädte miteinander, schneidet Potsdam mit Platz 4 mehr als gut ab. Nur München, Mainz und Stuttgart sind noch besser. Den letzten Platz beim Vergleich der 16 Landeshauptstädte belegt übrigens Saarbrücken, die Landeshauptstadt des Saarlands.
Bester Platz in ganz Brandenburg
Unter allen Regionen Brandenburgs ist Potsdam mit Rang 200 die erfolgreichste – direkt gefolgt von Potsdam-Mittelmark (Rang 205). Allerdings ist Potsdam nicht in allen Einzelkategorien vorn. So sind die Jobchancen laut Studie im Landkreis Teltow-Fläming besser, und auch bei den Kategorien Sicherheit/Risiko sowie Kosten schneiden einige Landkreise besser ab. Unschlagbar ist Potsdam hingegen beim Thema Wohnraum/Infrastruktur (siehe Interview) und Demografie – Details zu diesen Kategorien will der „Focus“ kommende Woche veröffentlichen.
Gutes Mittelfeld beim Wohlstand
Über Platz 1 im Ranking um den größten Wohlstand können sich die Bewohner des bayerischen Landkreises Dingolfing-Landau freuen – dort sitzt das weltweit größte BMW-Werk. Den traurigen letzten Platz belegt der Landkreis Anhalt-Bitterfeld nördlich von Halle (Sachsen-Anhalt). Potsdam liegt mit Rang 168 von 402 Landkreisen und Städten im guten Mittelfeld. Um den Wohlstand einer Region zu definieren, wurden mehrere Indikatoren untersucht, darunter zum Beispiel das Gehalt. Hier liegt Potsdam deutlich unter dem bundesdeutschen Durchschnitt von knapp 40 000 brutto pro Jahr – ein genauer Wert ist nicht angegeben. Auf der Grafik ist allerdings deutlich zu erkennen: Potsdam steht, was die Gehälter betrifft, deutlich besser da als der Rest Ostdeutschlands. Nur der direkte Nachbar Berlin hat mit 38 934 Euro Bruttolohn pro Jahr einen deutlich höheren Wert vorzuweisen, was vermutlich auch an den vielen gut bezahlten Politikern in der Bundeshauptstadt liegt. Deutschlandweit Rang 1 bei den Gehältern nimmt übrigens die bayerische Stadt Ingolstadt ein – Sitz des Automobilkonzerns Audi. Am geringsten ist das durchschnittliche Gehalt deutschlandweit im Thüringer Sömmerda. Ebenfalls als Wohlstandsindikator verglichen die Wissenschaftler den Anteil der Menschen, die auf Sozialleistungen wie Arbeitslosengeld oder Hartz IV angewiesen sind. Potsdam schneidet dabei – wie der gesamte Osten und einige Ruhrgebietsregionen – eher schlecht ab. Doch schlimmer geht immer: Während in Potsdam etwa zehn Prozent der Bewohner auf die Leistungen angewiesen sind, sind es in Berlin, im Landkreis Uckermark oder in Gelsenkirchen 16 Prozent oder mehr. Auch die Zahl der Schulabgänger ohne Hauptschulabschluss wurde für die Studie betrachtet – je geringer desto besser. Mit einem Anteil von nur 3,6 Prozent erreichte Potsdam den besten Wert im ganzen Osten. Den höchsten Anteil weist mit 15,79 Prozent der Landkreis Mansfeld-Südharz (Sachsen-Anhalt), die geringste Abbrecherquote wurde mit 1,81 Prozent im bayerischen Landkreis Unterallgäu gemessen.
Im Osten die besten Jobchancen
Lebenswert ist eine Stadt nur, wenn es genügend Arbeitsplätze gibt – so die These des Autors der Studie. Denn nur wer einen festen Job hat, hat genug Geld für Einkäufe, Kultur und Freizeit und trägt zur Entwicklung eines vielfältigen Angebots bei. Das wiederum erhöht die Attraktivität einer Region und schafft wieder neue Jobs. Mehrere Kriterien zogen die Experten zur Bewertung der Jobchancen in einer Region heran: die Arbeitslosenquote, die Zahl der Firmengründungen und -insolvenzen, die Zuzüge junger Erwerbstätiger und die Gewerbesteuereinnahmen. Insgesamt landet Potsdam in der Kategorie Jobchancen nur auf Platz 245 und ist damit etwas schlechter gestellt als der bundesdeutsche Durchschnitt – doch auch hier lohnt ein Vergleich mit den anderen ostdeutschen Regionen: Unter diesen hat Potsdam nämlich den besten Platz. Bundesweiter Spitzenreiter ist auch hier wieder der Landkreis mit dem bayerischen BMW-Standort Dingolfing-Landau, die schlechtesten Jobchancen haben der Studie zufolge hingegen die Menschen im brandenburgischen Frankfurt (Oder).
Unsicheres Potsdam
Einen schlechten Wert hat Potsdam allerdings in der Kategorie Sicherheit/Risiken: Unter den 402 Regionen Deutschlands kommt Potsdam auf Platz 320. Betrachtet wurden folgende Kategorien: Tödliche Unfälle und Unfälle mit Verletzten, Fälle von Vergewaltigungen und sexueller Nötigung, Raub, Körperverletzung sowie Diebstahl. Vor allem Diebstahl ist in Potsdam ein Problem: 2012 wurden in der Brandenburger Landeshauptstadt 6770 solcher Straftaten registriert, nur etwa ein Drittel davon wurde aufgeklärt. 286-mal wurde in Wohnungen eingebrochen, 852-mal wurden Gegenstände aus Autos geklaut und 293 Autos wurden alleine 2012 in Potsdam komplett gestohlen. Trauriger Spitzenreiter beim Autoklau ist laut „Focus“-Studie übrigens Frankfurt (Oder). Dies scheint ohnehin ein speziell brandenburgisches Problem zu sein: In fast allen Landkreisen gibt es mehr Autodiebstähle als im Rest Deutschlands. Alle Sicherheitskategorien zusammengenommen gilt das mittelfränkische Fürth als sicherste Region Deutschlands. Die unsicherste ist demnach Bremen – dort wird häufig eingebrochen und auch die Zahl der Vergewaltigungsfälle ist weitaus höher als in den anderen Regionen.
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