Landeshauptstadt: Präsident müsste man sein
Renate Künast und Potsdamer Klimaforscher diskutierten im UCI den Klimawandel
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Innenstadt - Die Fakten, die Al Gore in seinem Oscar-gekrönten Dokumentarfilm „Eine unbequeme Wahrheit“ darstellt, sind alle seit Jahren bekannt. „Es wird wärmer“, beschrieb der Klimaforscher Stefan Rahmsdorf griffig das sichere Szenario für Potsdam und Brandenburg. Heiße Sommer, Dürren und Überschwemmungen nähmen auch hier zu.
Rahmsdorf hatte auf Einladung der bündnisgrünen Bundestagsabgeordneten Cornelia Behm neben deren Fraktionsvorsitzenden, Renate Künast, auf dem Podium Platz genommen. Mit den rund 500 Potsdamern, die den Kinosaal im UCI in den Bahnhofspassagen bis auf den letzten Platz füllten, diskutierten sie über die Folgen der möglichen Klimakatastrophe, die zuvor Gores Film wissenschaftlich zweifelsfrei, wie Rahmsdorf versicherte, zusammengefasst hatte.
Der Film besitzt eine einzigartige Überzeugungskraft, die mehr als alle Tatsachen wiegt. „Ich war früher einmal der nächste Präsident von Amerika“, stellt sich Gore, der die letzte Wahl knapp gegen George W. Bush verlor, im Film vor. Das kann nicht jeder behaupten. Künast betreibt mittlerweile Oppositionspolitik und beklagt nun, wie schwer es sei, Mehrheiten zu organisieren.
Als Wissenschaftler kann Stefan Rahmsdorf nicht das Gewicht eines Staatsmannes aufbringen. Selbst seine Position im wissenschaftlichen Beirat der Bundesregierung „Globale Umweltveränderungen“ und als Mitautor des UN–Klimaschutzberichts kann daran nichts ändern. Sein Chef am Potsdam Institut für Klimafolgenforschung, Hans Joachim Schellnhuber, diene aber als Berater von Angela Merkel, so Rahmsdorf. Dieser habe gerade der Kanzlerin mitgegeben, mit Präsident Bush auf dem G8-Gipfel bis zum Schluss um den Klimaschutz „zu zocken.“ Merkel, so ist sich Rahmsdorf sicher, habe das Problem erkannt.
Neben Schellnhuber lasse sich die Kanzlerin jedoch gleichzeitig vom Chef des Stromriesen Vattenfall beraten, bemerkte Künast dazu süffisant. Die ehemalige Umweltministerin kritisierte, dass Deutschland unter nur vier Stromkonzernen aufgeteilt sei. „Hier sind wir ja in der Vattenfall besetzten Zone“, meinte sie zu Brandenburg. Ein Wechsel zu ökologischem Strom sei mittlerweile ganz einfach, riet Künast ganz praktisch.
Jeder einzelne könnte sein CO2-Konto wirksam reduzieren, so Rahmsdorf, der persönlich auf ein Auto verzichtet. Jedoch sei der Klimawandel ein komplexes Gerechtigkeitsproblem, das nur global gelöst werden könnte.
Die Klimapolitik auf Stadtebene wurde überraschend positiv bewertet. Der Sprecher der Potsdamer Grünen, Jürgen Stelter, lobte die Stadt Potsdam und ihre Unternehmen – mit Ausnahme der Stadtwerke – ausdrücklich. Für die eigene politische Arbeit kündigte er eine kleine Anfrage in der Stadtverordnetenversammlung an. Künftig sollten sämtliche Beschlüsse, die das Gremium absegnet, auf ihre CO2-Auswirkungen überprüft werden, so der Wunsch der Grünen. MH
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