zum Hauptinhalt

Sollen Politiker kurz vor der Wahl in Schulen auftreten ?: Pro

Nach der Wende herrschte an Brandenburgs Schulen panische Angst vor politischer Einflussnahme - und teilweise wohl noch heute. Selbstbewusste Demokraten, kritische Bürger erzieht man so nicht, findet Alexander Fröhlich.

Stand:

Als wären Elftklässler zu jung, zu unerfahren, zu dumm. Zu leicht verführbar? Das strenge Reglement an Brandenburgs Schulen im Umgang mit Parteien kommt nicht von ungefähr. Gerade nach der Wende war Politik in Schulen geradezu verpöhnt, politische Meinungsäußerung unerwünscht, selbst im Fach „Politische Bildung“. Nach den Erfahrungen mit Staatsbürgerkunde in der DDR, mit dem Versuch der Indoktrination, wurde im Übereifer alles Politische, alles, was an Staat, auch an den demokratisch verfassten Rechtsstaat erinnert, aus den Schulen verbannt. Das passt zur Erkenntis, dass Brandenburger Schüler über die Diktatur-Geschichte der DDR wenig wissen. Denn es wurde nicht nur das verpasst, die Aufarbeitung der Vergangenheit nämlich, sondern auch das Fördern selbstbewusster Demokraten, kritischer Bürger; mehr Citoyen und Citizen als Staatsbürger, im politischen Streit geübt, für Kritik gerüstet, zur politischen Willensbildung befähigt – und zur Meinung. Stattdessen: pures Auswendiglernen des Staatsaufbaus: Institutionen und Prinzipien. Begeisterung für das Grundgesetz: Fehlanzeige. Angepasst und unpolitisch. (Der Autor spricht aus Erfahrung.) Rechtsextreme Parteien bestätigten verunsicherte Behörden und ängstliche Schulleiter darin. Bloß keine Parteipolitik hineinlassen, die Jugend könnte von Neonazis verführt werden. Vielleicht zu Recht? Wer Jugendliche nicht zu fitten Demokraten macht ...

Jetzt ein Projekt der Bundeszentrale für politische Bildung, ein Podium mit örtlichen Bundestagskandidaten der fünf im Parlament vertretenen Parteien zu verbieten, passt zu diesem Brandenburger Weg. Laut Grundgesetz wirken die Parteien bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Der Zugriff auf Schulen ist Parteien aber zu Recht verwehrt, eine Lehre aus den Diktaturen. Hier aber geht es um Bildung. Schüler wurden eigens geschult, um Politikern Paroli zu bieten. Sie sind bald Erstwähler, hätten im Wahlkampf lernen können – Parteien zu hinterfragen. Als Bürger.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })