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Präsidenten-Wahl: Profilierung und Prioritäten
Die Präsidentschaftskandidaten der Universität Potsdam haben sich den Fragen von Uni-Mitgliedern gestellt - 30 Fragen umfasst der Katalog.
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Was wird der neue Präsident der Universität Potsdam, der am 28. September gewählt wird, als erstes tun? Für den Berliner Kandidaten Oliver Günther von der Humboldt Uni hat Priorität, die „absurden angedrohten Kürzungen“ bei den Brandenburger Hochschulen abzuwenden. Sein Gegenkandidat Robert Seckler von der Uni Potsdam hingegen nennt die Profilierung der Universität als forschungsstarke Hochschule im Netzwerk mit vielen außeruniversitären Forschungsinstituten als erstes Ziel. Die beiden Kandidaten hatten dem studentischen Senatsmitglied Björn Ruberg geantwortet, der im Vorfeld der Wahl einen Katalog mit 30 Fragen von Mitgliedern der Hochschule zusammengestellt hat.
Der Wirtschaftsinformatiker Oliver Günther, derzeit Dekan der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Humboldt-Universität, will der Politik anhand von Szenarien klar vor Augen führen, was die vorgeschlagenen Kürzungsbeträge – ab 2012 sollen Brandenburgs Hochschulen jährlich bis zu zwölf Millionen Euro einsparen – konkret bedeuten. Der Potsdamer Biochemiker Robert Seckler will hingegen als erste Aufgabe neben der Profilschärfung auch eine Erinnerung an die schwierige Vergangenheit des Campus Golm als Stasi-Hochschule und NS-Abwehrzentrale verstetigen.
Über die genannte Profilierung der Universität hinaus strebt Seckler an der Hochschule allerdings keine starke Spezialisierung an. „Damit würde man den Anspruch, eine Universität – im Sinne von ,Universitas’ – zu sein, aufgeben“, antwortete er Ruberg. Oliver Günther will die Profilierung, die an der Uni bereits vorgenommen wurde, „evolutorisch“ weiterentwickeln. „Dabei wird es naturgemäß immer wieder ,Aufsteiger’ und ,Absteiger’ geben“, so der Kandidat. Wichtig sei dabei eine transparente Definition und Kommunikation von Erfolgskriterien. Grundsätzlich betont Günther aber auch, dass neben den Schwerpunkten in Lehre und Forschung und der Profilierung mit den außeruniversitären Instituten auch die Lage der Potsdamer Uni im „wissenschaftlich und kulturell höchst attraktiven Großraum Berlin-Potsdam“ zur unverwechselbaren Identität der Hochschule beitrage.
Da beide Kandidaten keinen geisteswissenschaftlichen Hintergrund haben, lag die Frage nahe, wie sie die Zukunft dieser Disziplin, die sich in der Vergangenheit in Potsdam immer wieder vernachlässigt gefühlt hat, sehen. Beide Anwärter betonen hier die Bedeutung der Geisteswissenschaften. „Um die Wettbewerbsposition der Universität Potsdam kurzfristig zu sichern und mittelfristig nach oben weiterzuentwickeln, sind die Geisteswissenschaften essenziell“, meint der Wirtschaftsinformatiker Günther. Er sehe in diesem Bereich an der Uni Potsdam „enorme Potenziale“. Auch Seckler sieht die Geisteswissenschaften nicht im Hintertreffen: „Gerade die beiden ehemaligen philosophischen Fakultäten, jetzt die Humanwissenschaftliche und die Philosophische Fakultät, haben sich in den letzten Jahren hervorragend entwickelt und haben sehr viel Grund zum Selbstbewusstsein.“ Seckler ist sich sicher, dass die Disziplin nichts zu befürchten habe.
Was die Finanzierungsprobleme der Universität anbelangt, so gibt sich der Berliner Kandidat kämpferisch. „Es muss zunächst darum gehen, die angedrohten Kürzungen weitestgehend abzuwenden“, stellt Günther klar. Auf die Frage, welche Rolle „weiche“ Fächer wie Musik, Kunst und Sonderpädagogik spielen, sagte Günther, dass sich jedes Fach daran messen lassen müsse, welchen Nutzen es für die Gesellschaft erbringt. Robert Seckler betonte, dass er Kunst, Musik und Sonderpädagogik nicht für besonders „weiche“ Fächer halte. Zur Finanzierung sagte er, dass die Uni nicht nur viele Drittmittel, sondern auch eine solide Grundfinanzierung durch das Land brauche. „Bei zunehmendem Fachkräftemangel und steigenden Bewerberzahlen ausgerechnet im Wissenschaftsbereich zu sparen, ist für das Land Brandenburg kurzsichtig und falsch“.
Die Studierendenzahlen an der Hochschule wollen beide Bewerber ungefähr auf heutigem Niveau belassen. Während Günther ein weiteres Wachstum aufgrund der existierenden Kapazitätsprobleme für nicht vorstellbar hält, nennt Seckler eine ideale Studierendenzahl etwas unterhalb der aktuellen Zahl – also gut 20 000.
Dass die Studiensituation in vielen Fächern der Uni Potsdam wegen überfüllter Lehrveranstaltungen problematisch ist, wissen beide Kandidaten. Dass Studierende aus überfüllten Seminaren abgewiesen wurden, darf es nach Secklers Worten nicht geben. Er strebe eine Verbesserung der Betreuungsrelation durch die Abschaffung politisch festgelegter Werte in Curricula an. Auch sein Herausforderer Günther will hier Verbesserungen durchsetzen. „Die Probleme sind in der Tat gravierend, nicht nur in Potsdam“, sagte er. Kurzfristig müsse vor allem darauf geachtet werden, dass die Mittel aus dem Hochschulpakt möglichst effizient für die Verbesserung der Studiensituation genutzt werden.
Studiengebühren sehen beide Bewerber in der nächsten Zeit auf Brandenburg nicht zukommen. Oliver Günther gibt hier ein klares Bekenntnis gegen die Gebühren ab. Er halte die Finanzierung unseres Bildungssystems aus Steuermitteln grundsätzlich für die richtige Lösung. Sein Mitbewerber Robert Seckler sieht hingegen Studiengebühren an bestimmte Bedingungen geknüpft. Sie müssten mit einem flächendeckenden System von Stipendien und günstigen Studienkrediten gekoppelt sein, damit sie keine Selektionswirkung erhalten. Falls es wider Erwarten Gebühren im Land geben sollte, würde er sie zur Verbesserung der Studienbedingungen verwenden. Die studentische Beteiligung wiederum halten beide für wichtig. „Sie ist für mich essentiell“, so Oliver Günther. Auch Robert Seckler sagt, für ihn habe sie einen hohen Stellenwert: „Die Studierenden haben eben einfach Sachverstand, den wir als Lehrende nicht haben.“
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