Landeshauptstadt: Radiosender gegen Stalin
Treffpunkt Freizeit wird zum „Treffpunkt Geschichte“
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Es ist ein dramatischer Fall, von dem Gerhard Schmale berichten wird. Als Jugendlicher baute er 1949 zusammen mit anderen Mitschülern einen eigenen Radiosender auf. Damit versuchten sie, eine Rede des DDR-Präsidenten Wilhelm Pieck zu Ehren des sowjetischen Diktators Stalin zu stören. Doch die Gruppe flog auf, vier Mitglieder wurden erschossen. Schmale selbst musste mit 17 Jahren ins Gefängnis, erst im Alter von 23 kam er frei. Im Malteser Treffpunkt Freizeit wird der Mann aus Thüringen am 30. April über seine Geschichte berichten – der Vortrag ist ein Höhepunkt der neuen Veranstaltungsreihe „Treffpunkt Geschichte“, bei der Potsdamer Grundschüler die jüngere deutsche Historie kennen lernen sollen. Start ist kommenden Donnerstag um 10 Uhr mit einem Vortrag zur DDR-Geschichte.
Organisatorin des Projekts ist Mirjam Schneider. Seit einem halben Jahr bereitet die 31-Jährige die Veranstaltungen der Reihe vor, die passend zu den Jahrestagen des Mauerfalls und des Beginns des Zweiten Weltkriegs konzipiert wirkt. „Wir wollen Geschichte kindgerecht präsentieren“, sagt Schneider. Für Themen wie das Leben junger Widerstandskämpfer in der Nazi-Zeit oder die Geschichte der Berliner Mauer hat der Treffpunkt 22 Referenten gewinnen können, unter anderem Wissenschaftler des Zentrums für Zeithistorische Forschung (ZZF). Finanziert werden ihre Vorträge mit Mitteln des Bundesprogramms „Vielfalt tut gut“. Schneider erklärt den Sinn: „Es gibt wenige Projekte, bei denen sich Schüler zwischen sieben und zwölf Jahren so mit Geschichte auseinandersetzen können.“ In der Vergangenheit hatten Untersuchungen wiederholt gezeigt, dass Schüler aus Brandenburg erhebliche Lücken beim Wissen über die Geschichte Deutschlands im 20. Jahrhundert besitzen, insbesondere beim Thema DDR. „Zudem wird das Verständnis für die Demokratie gefördert“, so Schneider weiter. Ebenso sollen die Workshops soziale Kompetenzen verbessern – gerade durch die Zusammenarbeit zwischen Kindern und älteren Zeitzeugen.
Der Auftakt am Donnerstag ist wie alle anderen Projekttage für Schüler kostenlos. Insgesamt sind rund 50 Veranstaltungen im ersten Halbjahr 2009 geplant. „Mit den Ergebnissen möchten wir im Frühjahr 2010 eine Ausstellung erarbeiten“, sagt Schneider. Unter anderem sei ab Februar geplant, mit Kindern die Geschichte des Treffpunkts – das frühere Pionierhaus Erich Weinert“ – zu erforschen.
In diesem Januar sei laut Schneider neben dem Auftaktvortrag am Donnerstag besonders noch der 27. Januar interessant: Dann wird die israelische Kulturforscherin Orly Seliger über Jugend- und Kinderschicksale im Nationalsozialismus berichten. Henri Kramer
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