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Shoppingmeile. Die Gewerbetreibenden im Holländischen Viertel wollen jeden Sonntag ihre Läden öffnen. Das erlaubt das brandenburgische Gesetz nicht.

© Andreas Klaer

Von Sabine Schicketanz: Reeperbahn-Lex fürs Holländerviertel?

Sonntagsöffnung: Nur in wenigen Orten Deutschlands darf sonntags regelmäßig alles verkauft werden

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Innenstadt - Was in Potsdam plötzlich zum Problem wird, ist gesetzlich eindeutig geregelt: Sonntags-Öffnungszeiten für Geschäfte in Touristenzentren. Die meisten Bundesländer gehen dabei genau wie Brandenburg restriktiv vor. Das zeigt ein Vergleich der Ladenschlussgesetze deutschlandweit. Nur in sehr wenigen Gebieten Deutschlands darf sonntags regulär verkauft werden – dazu gehören Orte in Schleswig-Holstein und Niedersachsen und die Reeperbahn in Hamburg.

Auslöser der Debatte in der Landeshauptstadt ist das Sonntags-Öffnungsverbot im Holländischen Viertel. Es besteht offiziell schon immer, ist aber nie durchgesetzt worden. Wegen eines „Hinweises“ samt Klagedrohung hat die Potsdamer Verwaltung jedoch in den vergangenen Wochen die Gewerbetreibenden verwarnt. Am vergangenen Sonntag waren daher erstmals seit der Wende fast alle Läden im Viertel geschlossen; die Händler protestierten.

Die Regelung im brandenburgischen Ladenöffnungsgesetz ist klar: In Kurorten, Ausflugs- und Erholungsorten – sie werden vom Land festgelegt – darf sonntags von 11 bis 19 Uhr verkauft werden. Allerdings nicht alles: Erlaubt sind „Waren, die für diese Orte kennzeichnend sind“, dazu „überwiegend in der Region erzeugte oder verarbeitete landwirtschaftliche und handwerkliche Produkte“ sowie Tabakwaren, Blumen, Zeitungen, Sportartikel und Nahrungsmittel zum sofortigen Verzehr.

Im Holländischen Viertel dagegen wurde bisher vielerlei angeboten, was nicht in diese Kategorien fällt: Bekleidung, Schmuck, Wohn- und Dekorationsartikel, die es allerorten zu kaufen gibt. Das ist deutschlandweit nur in anerkannten Kur- und Erholungsorten in Niedersachsen und in Schleswig-Holstein und an der Hamburger Reeperbahn im Stadtteil St. Pauli erlaubt. Grundlage dafür sind jeweils Ausnahmeverordnungen in den Landesgesetzen. Gegen die meisten haben die Landeskirchen geklagt, in Mecklenburg-Vorpommern bereits erfolgreich. Die dortige „Bäderregelung“ wurde im vergangenen August verschärft, nachdem das Oberverwaltungsgericht Greifswald die liberale Fassung kassiert hatte. Begründung des Gerichts: Der „Ausnahmecharakter“ des Sonntagsverkaufs sei nicht angemessen berücksichtigt worden.

Jetzt dürfen in Mecklenburg-Vorpommern in den Innenstädten von Rostock, Schwerin, Greifswald und Neubrandenburg die Geschäfte vom letzten März-Sonntag bis Ende Oktober jeweils von 13 bis 18 Uhr öffnen – an maximal zehn Sonntagen. In den Weltkulturerbestädten Wismar und Stralsund darf an 20 Sonntagen geöffnet werden. Allerdings: In den Kur- und Erholungsorten und den touristischen Schwerpunktgebieten sind die Sortimente nach dem Gerichtsurteil auf einen „regional typischen touristischen Bedarf“ beschränkt. Das gilt auch in Niedersachsen: In Ausflugsorten ist der Sonntagsverkauf von Schmuck und Bekleidung untersagt. Mecklenburg-Vorpommern hat außerdem Läden mit mehr als 1500 Quadratmetern Verkaufsfläche den Sonntagsverkauf verboten.

In Schleswig-Holstein dagegen gilt weiter die sehr liberale „Bäderregelung“ für 95 Orte in der Küstenregion und die Inseln wie Sylt, Föhr und Amrum: Läden mit Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs dürfen in der Saison – sie dauert vom 15. Dezember bis 31. Oktober des Folgejahrs – von 11 bis 19 Uhr öffnen.

In Potsdam protestieren die Gewerbetreibenden des Holländischen Viertels gegen die brandenburgische Sonntags-Regelung. Die Stadtverwaltung hat angekündigt zu prüfen, ob das Landes-Ladenschlussgesetz zugunsten des Viertels geändert werden soll. Entscheidend dabei wäre der politische Wille der Landtags-Parteien: Im September 2006 hatte der Bund im Rahmen der Förderalismusreform die Hoheit über die Ladenöffnungszeiten an die Länder abgegeben.

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