Landeshauptstadt: Richstein sieht keine eigenen Fehler Wahldebakel: CDU droht Aufbrechen alter Konflikte
Nach dem Zwölf-Prozent-Debakel für Schwarz-Gelb bei der Oberbürgermeisterwahl drohen CDU und FDP in der Landeshauptstadt in Turbulenzen zu geraten. Bei den lange als chronisch zerstritten geltenden Potsdamer Christdemokraten wurden noch am Wahlabend Schuldzuweisungen laut.
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Nach dem Zwölf-Prozent-Debakel für Schwarz-Gelb bei der Oberbürgermeisterwahl drohen CDU und FDP in der Landeshauptstadt in Turbulenzen zu geraten. Bei den lange als chronisch zerstritten geltenden Potsdamer Christdemokraten wurden noch am Wahlabend Schuldzuweisungen laut. Alte Gräben könnten wieder aufbrechen. Kandidatin Barbara Richstein, ehemalige Justizministerin aus Falkensee, hatte nur 10,5 Prozent der Stimmen geholt. Damit hat sie ihr Ziel, in die Stichwahl einzuziehen, verfehlt.
Auch bekam Richstein deutlich weniger Stimmen als der CDU-Bewerber bei der Oberbürgermeisterwahl vor acht Jahren. Der damalige Kreischef und Landtagsabgeordnete Wieland Niekisch kam 2002 mit 15,5 Prozent auf Platz drei – ohne das Potenzial von seither 21 000 neu zugezogenen Wahlberechtigten, die vor allem aus Berlin, dem Umland und Westdeutschland kommen und von Parteistrategen als Wählerklientel von CDU und SPD gesehen werden. In absoluten Zahlen hat die CDU mit Richstein ihr Ergebnis sogar halbiert: 2002 stimmten rund 12 500 Potsdamer für den CDU-Kandidaten, allerdings bei einer – wegen der gleichzeitig stattfindenden Bundestagswahl – wesentlich höheren Wahlbeteiligung. Am Sonntag erhielt Richstein 6096 Stimmen – bei einer Wahlbeteiligung von knapp 46 Prozent der rund 127 500 Wahlberechtigten.
Richstein lehnte es ab, ihr schlechtes Abschneiden an eigenen Fehlern festzumachen. Potsdam habe taktisch gewählt, erklärte die 44-jährige Juristin am Montag. Die Wähler hätten einen „Stasi-Oberbürgermeister“ Hans-Jürgen Scharfenberg (Linke) verhindern wollen und deshalb Amtsinhaber Jann Jakobs (SPD) gewählt. Daher seien auch die Grünen (6,4 Prozent) und die FDP (2,1 Prozent) unter den Erwartungen geblieben. Kritik an ihrem Wahlkampf ließ Richstein nicht zu. Das Blitzerfoto als Wahlplakat habe ihr eher genützt, sagte sie. CDU-intern soll allerdings nicht nur diese Strategie bezweifelt worden sein: Richstein habe zu viel Nähe zu Linke-Kandidat Scharfenberg gezeigt. Dieser hatte wiederum keine Gelegenheit ausgelassen, die CDU-Frau zu loben. Richstein signalisierte gestern, dass sie sich nun weitgehend aus Potsdam zurückziehen werde. Sie hatte bei der Landtagswahl 2009 in Falkensee das Direktmandat geholt. Ohnehin schien Richstein mit der Potsdamer CDU zu hadern, die sich selbst bei ihrer Nominierung als Kandidatin teilweise zerstritten präsentiert hatte. Auf die Frage, ob sie sich von ihrer Partei gut unterstützt gefühlt habe, sagte Richstein am Montag, da gebe es „Nuancen“.
So dürfte der Unmut der CDU-Basis über das Wahlergebnis vor allem Kreischefin Katherina Reiche treffen, Bundestagsabgeordnete, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium und seit zwei Jahren in Potsdam im Parteiamt. Noch Montagabend sollte es eine Sitzung des Kreisvorstands geben, erwartet wurden dazu CDU-Landeschefin Saskia Ludwig und Generalsekretär Dieter Dombrowski. Potenzial für Debatten bietet die Entscheidung Reiches für Richstein als Kandidatin. Die Juristin aus Falkensee verbrachte einen Großteil ihres Wahlkampfes damit, Potsdam kennenzulernen. Dazu sagte gestern Maike Dencker, Mitglied der CDU-Stadtfraktion, das Wahlergebnis sei ein „hausgemachtes Problem“. Es zeige, dass es falsch gewesen sei, „die Fraktion und ihren Vorsitzenden Michael Schröder nicht in den Wahlkampf einzubinden“. Sie erwarte jetzt Konsequenzen. Spekuliert wird auch darüber, ob CDU, FDP und Grüne im rot-roten Potsdam nicht nur mit einem gemeinsamen Kandidaten eine Chance gehabt hätten.
Die FDP, deren Kandidat Marcel Yon mit 2,1 Prozent Letzter der sieben Kandidaten noch hinter der Piratenpartei (2,2 Prozent) wurde, soll sich an einem gemeinsamen Bewerber interessiert gezeigt haben. Dem Vernehmen nach haben die Liberalen aber einen umfangreichen Forderungskatalog an die CDU gestellt. Auch wurden Yon landespolitische Ambitionen nachgesagt. Dies dürfte sich mit dem Wahlergebnis vom Sonntag zunächst erledigt haben. Sabine Schicketanz
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