
© Manfred Thomas
Landeshauptstadt: Riesen-Interesse an Wende-Ausstellung
„Demokratie – Jetzt oder nie!“ in Lindenstraße 54 eröffnet / Ute Bankwitz gegen „rötliche Verbindung“
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Innenstadt - Hunderte kamen gestern in die Lindenstraße 54 – nicht zur „Klärung eines Sachverhaltes“, wie Hans-Hermann Hertle darlegte, sondern um die Eröffnung des neuen Ausstellungsmoduls „Demokratie – Jetzt oder nie!“ zu feiern. Hertle, Historiker am Zentrum für Zeithistorische Forschung (ZZF), erinnerte daran, dass etwa 7000 Menschen im einstigen DDR-Staatssicherheitsgefängnis einsaßen. Sie erlitten körperliche und psychische Gewalt, Demütigung, Beschämung, Isolierung und Rechtlosigkeit, um so zu Geständnissen gebracht zu werden. Die Vorwürfe lauteten auf Spionage, Sabotage, Diversion oder Republiksflucht. Hertle: „Wer glaubt, dass die DDR kein Unrechtsstaat war, der möge diese Gedenkstätte besuchen oder die Biografien der Mauertoten studieren.“
„Wir wollten in Freiheit und Menschenwürde leben“ begründete die als Zeitzeugin sprechende Ute Bankwitz ihr Engagement in der Wendezeit. Vehement brachte sie ihre Ablehnung der rot-roten Koalition im Land Brandenburg zum Ausdruck, der „rötlichen Verbindung“. Es werde erwartet, dass der „DDR-Erbenpartei“ bedingungslos verziehen wird. Viele beteuerten, sie hätten doch niemanden geschadet. Ute Bankwitz: „Das ist Selbstbetrug derjenigen, die noch so etwas wie Reue spüren.“ Die heutige Stadtverordnete des Bürgerbündnisses fragte: Die sollen heute wieder die Gewinner sein, die ein ganzes Volks deformiert, die Selbstverwirklichungschancen genommen und „nachhaltig geschädigt haben?“. Die, „die nie ein freiheitliches Staatswesen wollten, sollen heute wieder mitmischen dürfen?“ Eine Mitschuld an der mangelnden Stasi-Aufarbeitung in Brandenburg gab Ute Bankwitz dem ehemaligen Ministerpräsidenten Manfred Stolpe (SPD), der Brandenburg als „unsere kleine DDR“ bezeichnet haben soll. Bilanzierend sagte Ute Bankwitz: „Es hat sich dennoch gelohnt.“ Die heutige Freiheit und Demokratie sei sehr viel mehr, als dass, was vor der Wende war.
Daran, dass die gestrige Ausstellungseröffnung zum 20. Jahrestag des ersten Tages der offenen Tür in der Lindenstraße 54 stattfand, erinnerte Ausstellungskuratorin Gabriele Schnell. Sie würdigte die Arbeit von ZZF-Forscher Peter Weiß, der sehr an weiteren Materialien aus der Wendezeit interessiert sei.
Wie „ein großes Wunder“ würden auf ihn heute die Ereignisse wirken, die er 1989 „um die Ecke und doch ganz weit weg“, vom Westteil Berlins aus beobachtete: Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) erklärte, er sei stolz darauf, heute Oberbürgermeister einer Stadt zu sein, in der Leute den Mut fanden, für Rede- und Reisefreiheit sowie Pluralität auf die Straße zu gehen. Sie hätten damit erzwungen, dass ein totalitäres System, „wie ein Kartenhaus zusammenfiel“. Jakobs erinnerte daran, dass die demokratischen Gruppen und Parteien, die das Stasi-Gefängnis Anfang 1990 übernahmen, in diesem Haus die ersten freien Volkskammerwahlen vorbereiteten, die letztlich den Weg ebneten in die deutsche Einheit.
Brandenburgs Wissenschaftsministerin Martina Münch (SPD) mahnte, dass die Erinnerung an die friedliche Revolution nicht nur in Jubiläumsjahren hochgehalten werden darf. Guido Berg
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