Landeshauptstadt: Riesenvasen und viele Scherben
Zarengeschenke an Preußens König für die Ausstellung „Macht und Freundschaft“ restauriert
Stand:
Sanssouci - Wenn Mitte März im Berliner Gropiusbau die Ausstellung „Macht und Freundschaft. Berlin - St. Petersburg 1800 - 1860“ öffnet, werden im Innenhof zwei riesige, 2,10 Meter hohe Vasen einen besonderen Blickpunkt bilden. Dass sie gezeigt werden können, ist keineswegs selbstverständlich. Dreimal legten die insgesamt 14 großen und kleineren Vasen den Weg zwischen Russland und Preußen zurück. Nach 1832 in der St. Petersburger Porzellanmanufaktur angefertigt, waren sie ein Geschenk des russischen Zaren Nikolaus I. an seinen Potsdamer Schwager Friedrich Wilhelm (IV). 1945 wurden sie von der Besatzungsmacht als Kriegsbeute wieder nach Russland gebracht, aber 1958 zurückgegeben. An die DDR, versteht sich, und nicht an Westberlin, so dass die Vasen ihre angestammten Plätze im Schloss Charlottenburg nicht wieder einnehmen konnten. Sie wurden im Köpenicker Kunstgewerbemuseum eingelagert.
Aus deren Depot sind sie nun wieder an die Schlösserstiftung als dem rechtmäßigen Eigentümer übergeben worden. Als die Restauratoren die Transportkisten öffneten, fanden sie neben gut erhaltenen, wenn auch überarbeitungsbedürftigen Stücken – darunter nur von drei kräftigen Männern zu bewegenden zentnerschweren Porzellantrommeln – auch jede Menge Scherben. Sanssoucis Porzellanrestauratorin Uta Scholz stand und steht vor der (un)dankbaren Aufgabe, sie zu sortieren und mit Hilfe historischer Aufnahmen zuzuordnen. Immerhin 12 Vasen können wiederhergestellt werden, fand sie heraus.
Für die bevorstehende Ausstellung ist dies trotz der Kürze der Zeit für fünf besser erhaltene Stücke gelungen. Neben Uta Scholz war daran die Freiberuflerin Dagmar Radtke beteiligt. Sie reinigten die Stücke und ergänzten Fehlstellen im Porzellan, in der Bemalung und Vergoldung. Hinzugezogen wurden auch die in der Stiftung tätigen Metallrestauratoren Martin Engel und Harald Weber. Die Vasen sind nämlich aus bis zu sechs übereinander gestellten Teilen zusammengesetzt, die durch verzierte feuervergoldete Bronzeringe und Drehscheiben verbunden werden. Diese mussten ebenso wie die Plinthen (Bodenplatten) in der Leipziger Bronzegießerei Gerd Karsch ergänzt bzw. erneuert werden. Eine Vase will der Projektleiter für die Berliner Ausstellung, Dr. Rainer Alings, aber in ihrem jetzigen fragmentarischen Zustand zeigen, um die wechselvolle Geschichte der Kunstwerke zu verdeutlichen.
Die Malerei der Vasen zeigt neben einem Bacchantenreigen und einer allegorischen Darstellung Zar Peters des Großen, im 18. Jahrhundert der Begründer des modernen russischen Großmacht, vor allem militärische Szenerien. Mit diesen Motiven sind die Vasen nicht nur als Zeugnis der engen, freundschaftlichen Verbindung zwischen dem russischen und dem preußischen Herrscherhaus ein wichtiger Bestandteil der Ausstellung. Sie erhellen auch den Hintergrund dieser Freundschaft, der im gemeinsamen Kampf gegen die napoleonische Fremdherrschaft lag.
Neben den Monumentalvasen stellt die Stiftung Schlösser und Gärten für ihre diesjährige Hauptausstellung „Macht und Freundschaft“ weitere 230 Stücke und damit fast die Hälfte der Exponate. Als Leihgaben kommen faszinierende Kunstschätze auch aus der Eremitage und weiteren russischen Museen. Die Ausstellung ist vom 13. März bis 26. Mai im Gropiusbau täglich außer dienstags von 10 bis 20 Uhr zu besichtigen.
Erhart Hohenstein
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: