Landeshauptstadt: Schadows Prinzessinnen in Alabaster und Bismarck auf dem Bierseidel
Museumsshops der Schlösserstiftung im Spagat zwischen kunsthistorischem Anspruch und Besucherinteresse / Schloss Cecilienhof bekommt 2004 ebenfalls ein Geschäft
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Museumsshops der Schlösserstiftung im Spagat zwischen kunsthistorischem Anspruch und Besucherinteresse / Schloss Cecilienhof bekommt 2004 ebenfalls ein Geschäft Von Erhart Hohenstein Luise, Preußens schönste Königin, schmückte ihren Hals mit Seidenschals, die in handgeflochtenen langen Fransen ausliefen. So wird sie auf zahlreichen Gemälden gezeigt. In den Museumsshops der Preußischen Schlösser und Gärten werden solche Tücher angeboten. Geschäftsführerin Monika L. Blumenstiel lässt sie eigens in Italien anfertigen. Wer die Shops in Sanssouci, im Neuen Palais und in Charlottenburg aufsucht, wird eine beachtliche Zahl solch hochwertiger Angebote entdecken. Schadows berühmte Prinzessinnengruppe, zur Doppelhochzeit von Luise und Friederike von Mecklenburg-Strelitz mit den Preußenprinzen Friedrich Wilhelm (III.) und Ludwig 1793 geschaffen, kann als Alabastergips für 990 Euro erworben werden, es gibt sie mit etwa einjähriger Lieferzeit aber auch von der Königlichen Porzellanmanufaktur Berlin (KPM) original in Biskuitmarmor für 16 400 Euro. Natürlich ist das ein Extrembeispiel. In erschwinglichen Größen bewegen sich die Preise für Königsbüsten und -reliefs, den dem Sonnenmotiv des Gitterpavillons am Weinbergschloss nachgebildeten Schmuck, Bücher, Videos und Musik-CDs. Zu einem Renner sind die im Prestel-Verlag erschienenen Text-Bild-Bände über das Neue Palais und andere Schlösser geworden, aber auch Platzsets mit historischen Ansichten. Auffallend gut angenommen werden jetzt in der Vorweihnachtszeit die fantasievoll gestalteten Kinderbücher, darunter Cornelia Vossens „Ein Schloss, ein Park, ein König und seine Hunde“. Insgesamt sind nicht weniger als 1200 Artikel, dazu rund 400 Schriften und andere Angebote der Stiftung selbst wie Jörg Wackers neuestes Werk über Gartendirektor Potente, in den Shops zu haben. Inzwischen verzeichnen sie bereits eine Stammkundschaft, die das über „Andenkenläden“ weit hinaus gehende Angebot zu schätzen weiß und es für den Geschenkeinkauf zu Fest- und Geburtstagen nutzt. Der Tagestourist dagegen ist nicht ohne weiteres bereit, 50 Euro oder mehr für eine Erinnerung an Sanssouci auszugeben. Auch ihm kommt die Museumsshop GmbH entgegen. Die Möwe mit „Gruß aus Sanssouci“ gibt es nicht mehr, den bescheidenen Anstecker, das Schnapsglas und den Bierseidel mit aufgedrucktem Bismarck-Zitat wider die unfähigen Beamten aber doch. Einigen gestandenen Kunsthistorikern missfällt dies. Sie wünschen sich mehr schlossbezogene Artikel, wozu sie beispielsweise für das Neue Palais Mappen mit Mustern der hier verwendeten Dekorations- und Bezugsstoffe, Kästchen mit den Mineralien des Grottensaals oder Ankleidepuppen für die Mode der Kaiserzeit rechnen. Monika L. Blumenstiel bemüht sich, den Spagat zwischen solchen Anforderungen und dem Besucherinteresse zu meistern. „Wir nehmen all diese Anregungen auf und versuchen, sie umzusetzen“, versichert sie. Das träfe nicht nur auf die drei Museumsshops zu, sondern auch auf die 29 Verkaufsstellen der Stiftung, die von der GmbH beraten und mitbeliefert werden. So ist im Schloss Caputh die blaue holländische Fliese im Angebot, wie sie dort zur Auskleidung des Sommerspeisesaals im Untergeschoss verwendet wurde, und im Jagdschloss König Wusterhausen ein Gundling-Glas – benannt nach dem trinkfreudigen Gelehrten, der im Tabakskollegium des Soldatenkönigs zum Hofnarren herabgewürdigt wurde. Vorbereitet wird eine atlasbezogene Kissenserie „Voltaire“, die die gelben Farbtöne des von dem französischen Aufklärer bewohnten Zimmers im Schloss Sanssouci aufnimmt. Neue Entwürfe, bekräftigt die Geschäftsführerin, werden gemeinsam mit der Stiftung in einem Produktausschuss vorbesprochen und vorwiegend von regionalen Firmen produziert. Dass nicht alle Ideen umgesetzt werden können, ergibt sich zum einen aus der räumlichen Enge der Shops, der größte im Neuen Palais besitzt nur 67 Quadratmeter Fläche, zum anderen aus Rentabilitätsgründen. Die Museumsshop GmbH wurde 1997 auf Initiative des Vereins Freunde der Preußischen Schlösser und Gärten gegründet, um aus den Gewinnen für die Stiftung Restaurierungsmaßnahmen und den Ankauf von Kunstwerken zu finanzieren. Ein Beispiel dafür sind 50 000 Euro, ausgegeben für den Rheinsberger Schlosspark. Der wirtschaftliche Erfolg bestätigt die Strategie der Berlinerin, die zuvor leitend im Verkaufsmanagement eines Kaufhauskonzerns beschäftigt war. Im Sanssouci-Shop sind die Umsätze um über 30 Prozent, im Neuen Palais um 10 Prozent gestiegen. Zur Rentabilität trägt wesentlich bei, dass die nach den Worten von Monika Blumenstiel „hochmotivierte, junge und facettenreich“ zusammengesetzte zwölfköpfige Kernmannschaft, darunter die drei Shopleiter, von zurzeit 46 ehrenamtlichen Mitarbeitern unterstützt wird, die den Verkauf bewältigen. Von diesen wirklichen Freunden der Schlösser und Gärten wünscht sie sich noch etwa 20 mehr. Sie bekommen ihre Mühen nicht in klingender Münze bezahlt – aber freien Eintritt in die Schlösser,einen Jahresausflug und eine Weihnachtsfeier, organisiert von der ehrenamtlichen Mitarbeiterin Gabriele Freifrau von Hodenberg, als kleines Dankeschön. Ab März 2004 werden sie auch im Schloss Cecilienhof eine Wirkungsstätte finden. Dann soll im kronprinzlichen Schloss, wo im August 1945 das Potsdamer Abkommen geschlossen wurde, der vierte Museumsshop eröffnet werden. Die Räume sind bereits fertiggestellt und werden vorerst für eine stiftungseigene Verkaufsstelle genutzt. Monika L. Blumenstiel denkt bereits über schlossbezogene Angebote nach. Dazu könnten als Nachbildung die Schreibgeräte gehören, mit deren Hilfe Truman, Stalin und Attlee ihre Namen unter das Abkommen setzten. Zu welchem Griffel sie griffen, war bisher allerdings nicht herauszubekommen. Ob ihr da PNN-Leser weiterhelfen könnten, fragt die Chefin der Museumsshops. Museumsshop Preußische Schlösser und Gärten Berlin Brandenburg, Schloss Charlottenburg, Spandauer Damm 10, 14059 Berlin, Tel.: (030) 326 039 461 83.
Erhart Hohenstein
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