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„Zitterpartie“. Der Spiegel-Journalist und Buchautor Stefan Berg.

© A. Klaer

Landeshauptstadt: Schleichende Krankheit

Stefan Berg hat Parkinson / Auf der Spendengala am 15. Oktober will der Journalist darüber reden

Stand:

Die Schlange ist lang, das Förderband läuft, die Kasse piept. Milch, Zucker, Mehl und Wurst müssen in den Einkaufswagen. Das Handy klingelt, die Kassiererin wartet, das Portemonnaie steckt in der Tasche, da fängt das Zittern an. „Trinkt der oder warum zittert der?“ – Einkäufe können für Stefan Berg zur Qual werden. Der 47-jährige Spiegel-Journalist hat Parkinson. Seit drei Jahren dreht sich seine Welt langsamer. Aber er hat gelernt, damit zu leben.

Nervenzellen sterben ab, Muskeln werden starr, die Hände zittern. In Deutschland wird die Zahl der Parkinsonkranken auf bis zu 400 000 Menschen geschätzt. Schleichend befällt die Nervenkrankheit den Körper. Mit der Tulip Spendengala zu Gunsten der Parkinson Hilfe in Brandenburg soll am 15. Oktober auf deren Schicksal aufmerksam gemacht werden. Die Gala findet zum zweiten Mal statt. Organisiert wird sie vom Potsdamer Unternehmer Stephan Goericke. Gestern stellte er das Programm vor: 300 Gäste werden erwartet, RBB-Moderator Attila Weidemann führt durch den Abend, die Puhdys werden auftreten und Spiegel-Autor Berg aus seinem Buch „Zitterpartie“ vortragen, in dem er seine Lebensgeschichte aufgeschrieben hat. Am 4. Oktober kommt es in den Handel.

Tulip-Initiator Goericke bewundert Berg. Er habe die Herausforderung angenommen, so Goericke. Der Unternehmensberater ist selbst Betroffener. Sein Vater lebt seit zwölf Jahren mit Parkinson. „Viele meinen etwas über die Krankheit zu wissen, aber wissen gar nichts.“ Menschen wie Muhammad Ali oder Schauspieler Michael J. Fox haben Parkinson und stehen damit im Rampenlicht. Doch das ist zu wenig, sagt Goericke. „Die Betroffenen brauchen das Gefühl, dass ihr Schicksal wahrgenommen wird.“ Deshalb hat er die Gala initiiert.

Berg weiß um die Schwierigkeiten der „Parkinesen“, wie er sie nennt. „Es ist wahnsinnig schwer, zu akzeptieren.“ Die Diagnose „unheilbar krank“ war für den vierfachen Familienvater ein Schock. Es fing an mit einem Zittern in der Hand, irgendwann war der Arm steif. „Meine Kinder haben sich lustig gemacht, weil ich im Pool Kreise geschwommen bin.“

Georg Ebersbach, Chefarzt und Leiter des Neurologischen Fachkrankenhauses für Bewegungsstörungen und Parkinson in Beelitz-Heilstätten, hat den Vorabdruck des Buches gelesen. In Beelitz beschäftigt sich der Professor intensiv mit der Nervenkrankheit. Seine Studie und das daraus entwickelte Therapieprogramm hat weltweit Beachtung gefunden. Ebersbach konnte die ersten 40 Therapeuten ausbilden, die den Kranken helfen. Auch Stefan Berg hat davon profitiert. Die Spenden der Gala sollen in die weitere Forschung fließen. Statt auf Medizin mit Nebenwirkungen setzt Ebersbach auf Bewegung. „Es geht um den aktiven Umgang mit der Krankheit.“ Vier Wochen intensives Training, davor ein Sprachkurs. „Die Patienten entwickeln wieder eine Wahrnehmung, wie sich normale Bewegungen anfühlen.“ Statt kleiner Schritte machen sie wieder große.

Berg strengt sich an, jeden Tag zwei Stunden Sport, 5000 Kilometer mit dem Rad im Jahr, außerdem Tischtennis. „Man muss sich auf seine Bewegungen konzentrieren.“ Bergs Leben ist eingeschränkt. Wenn er Werbespots sieht, Stellenanzeigen liest – „da beschleicht einem das Gefühl, du bist damit nicht gemeint“. Er hat Kranke getroffen, die Parkinson verstecken, aus Angst, ihren Job zu verlieren. Berg ist weiter für den Spiegel tätig. Geht offen mit der Krankheit um, ist in ein kleines Dorf in der Uckermark gezogen, fernab der Hektik an Supermarktkassen. „Wenn ich dort bin, sind die Symptome fast weg“, sagt er. Tobias Reichelt

Weitere Informationen zur Gala im Van der Valk Hotel in Blankenfelde-Mahlow finden sich im Internet unter www.parkinson-gala.org.

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