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Landeshauptstadt: Scholle oder Schule

Der Streit um einen Schulneubau in Babelsberg entzweit Rathaus und SPD-Fraktion. Lösung ungewiss

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Babelsberg - Der Streit um die geplante Grundschule auf dem Sportplatz „Sandscholle“ wird zur Machtprobe zwischen der von Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) geführten Stadtverwaltung und der SPD-Fraktion im Stadtparlament. Zugleich sind die Sozialdemokraten mit ihrer Ablehnung des Standorts zunehmend isoliert in der Kommunalpolitik. Das wurde am Dienstagabend im Bauausschuss deutlich.

Auslöser einer emotionalen Debatte waren Anträge der Fraktion Die Andere und der SPD. Die Andere hatte gefordert, drei alternative Standorte zur Sandscholle zu prüfen – nämlich die Glasmeisterstraße, den Parkplatz des Filmparks in der Marlene-Dietrich-Allee und ein Grundstück an der Kreuzung von Großbeerenstraße und August-Bebel-Straße. Die SPD ergänzte die Liste um weitere Standorte wie das Apolloniahaus, ein Waldstück in der Straße Am Clubhaus und eine Kleingartenanlage am Horstweg. Die Standorte sollten „intensiv und ernsthaft“ geprüft werden. Der von der Stadtverwaltung favorisierte Standort Sandscholle biete kaum Vorteile, sagte die SPD-Stadtverordnete Babette Reimers.

Stadtplanungschef Andreas Goetzmann platzte angesichts dessen der Kragen: „Es ist unglaublich. Ich bin stinkesauer“, formulierte er ungewohnt direkt. Angesichts der Standortdiskussion sprach er von Entscheidungsunwilligkeit. Anschließend referierte Petra Rademacher vom Fachbereich Bildung und Sport in der Stadtverwaltung die eineinhalb Jahre lange Standortsuche, bei der 21 Grundstücke geprüft worden seien. Die SPD-Vorschläge widersprächen zum Teil geltenden Beschlüssen, beispielsweise zum Erhalt von Kleingartenanlagen, so Goetzmann. Mehrere der genannten Alternativstandorte lägen außerhalb des Einzugsbereichs: Die Grundschüler müssten zu weite Schulwege bewältigen.

Vertreter mehrerer Fraktionen sprangen Goetzmann bei: Lars Eichert (CDU) sagte, man solle die Eltern in Babelsberg nicht länger warten lassen. Ralf Jäkel (Linke) hielt den Standort Sandscholle für „das kleinere Übel“. Saskia Hüneke (Grüne) räumte ein, man habe ein Problem, das man nicht lösen könne, ohne neue zu erzeugen. Wolfhard Kirsch (Bürgerbündnis) mahnte an, es sei alles schon gesagt worden. Eine Entscheidung gab es am Dienstag dennoch nicht. Die Anträge wurden vertagt. In der nächsten Sitzung des Bauausschusses soll dann auch über den Bebauungsplan für die Sandscholle entschieden werden.

Am Montag hatte der Babelsberger SPD-Chef David Kolesnyk, der auch Stadtverordneter ist, seine Kritik am Schulstandort Sandscholle bekräftigt. „Es scheint, als ginge es darum, dass grundsätzlich nur städtische Flächen genutzt werden sollen und alle anderen – die man möglicherweise ankaufen müsste – nicht ernsthaft geprüft werden.“ Ein Stadtsprecher sagte den PNN, explizit kommentieren wolle der Oberbürgermeister die Sicht der SPD-Fraktion aber nicht.

Tatsächlich hatte sich die Arbeitsgruppe Schulentwicklung – besetzt mit Rathaus- sowie Elternvertretern und Stadtpolitikern – bereits im Dezember auf die Sandscholle geeinigt. Der Kompromiss sieht vor, dass erst Ersatz für den wegfallenden Rasenplatz bereitgestellt werden muss, bevor mit dem Schulneubau begonnen wird. Der Ersatz soll nahe dem vier Kilometer entfernten Bahnhof Rehbrücke entstehen, dort ist ein Kunstrasen- und Rasenplatz samt Sportfunktionsgebäude geplant. Zudem solle im Zuge des Schulneubaus an der Sandscholle der dort weiter bestehende Kunstrasenplatz erneuert sowie die Errichtung eines zusätzlichen Kleinspielfelds geprüft werden. Zudem sollen für Babelsberg weitere kleine Sportflächen gesucht werden. Am Ende könnte die Lösung zu zweieinhalb Sportflächen mehr für Potsdam führen – und damit zu deutlichen Entzerrungen, hoffen die Befürworter.

Gegen den Standort Sandscholle hatte sich schon im vergangenen Jahr Widerstand formiert. Auf dem Online-Portal Open Petition hatten seit Ende November mehr als 2000 Menschen gegen die Pläne unterschrieben. Beim Wegfall der Sandscholle würden 800 Sportler – etwa vom SV Babelsberg 03 und von Concordia Nowawes 06 – ihre Sportfläche verlieren, so die Kritik.

Eine schnelle Entscheidung ist auch nötig, weil die Schülerzahlen in Babelsberg stetig wachsen und ab dem kommenden Schuljahr bereits übergangsweise Unterrichtscontainer eingesetzt werden sollen. Am Mittwoch mahnte erneut auch Linke-Kreischef Sascha Krämer: „Wollen wir wirklich, dass zwei Generationen Babelsberger Kinder in der Schule in Zentrum Ost in Containern unterrichtet werden?“ Kein Schulstandort sei in den letzten drei Jahren gründlicher auf mögliche Alternativen untersucht worden.

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