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Auslaufmodell. Seit fünf Jahren arbeiten Stadt und Arbeitsagentur unter dem Dach der Paga im Horstweg zusammen  ab 2011 soll das anders werden.

© Andreas Klaer

Von Jana Haase: Schwarz-Gelb besiegelt Aus für Paga Sozialbeigeordnete Elona Müller befürchtet Nachteile für Arbeitslose und erhöhte Kosten für die Stadt

Der Koalitionsvertrag der schwarz-gelben Bundesregierung könnte die Situation der ALG-II-Empfänger in Potsdam verschlechtern und die Kosten der Stadt erheblich erhöhen. Das sagte Potsdams Sozialbeigeordnete Elona Müller (parteilos) gestern vor Journalisten.

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Der Koalitionsvertrag der schwarz-gelben Bundesregierung könnte die Situation der ALG-II-Empfänger in Potsdam verschlechtern und die Kosten der Stadt erheblich erhöhen. Das sagte Potsdams Sozialbeigeordnete Elona Müller (parteilos) gestern vor Journalisten. Grund für ihre Befürchtungen ist die im Koalitionsvertrag vorgesehene, deutschlandweite Auflösung der sogenannten „Arbeitsgemeinschaften“ – in Potsdam ist das die Paga –, in denen Arbeitsagentur und Kommunen seit mittlerweile fünf Jahren gemeinsam Langzeitarbeitslose betreuen und vermitteln. Müller kritisierte die Festlegung als „die schlechteste Variante für die Integration von Langzeitarbeitslosen, aber auch für die Steuerzahler“.

Das Modell der Potsdamer Arbeitsgemeinschaft zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (Paga) läuft demnach zum 31. Dezember 2010 aus, so Müller. Danach müssen sich die derzeit 15 472 betroffenen Leistungsempfänger im schlimmsten Fall wieder auf doppelte Antragsstellung umstellen, befürchtet die Sozialbeigeordnete: Die Arbeitsagentur ist für die Grundsicherung zuständig, von der Kommune gibt es im Bedarfsfall die Kosten der Unterkunft. Diese Trennung der Zuständigkeiten war bereits 2007 vom Bundesverfassungsgericht angemahnt worden, das die aktuelle Praxis als verfassungswidrig ansieht. Die von den Kommunen favorisierte Verfassungsänderung ist nach der Festlegung des Koalitionsvertrages nun jedoch nicht mehr wahrscheinlich.

Durch die getrennten Zuständigkeiten könne es nicht nur zu Verspätungen bei der Auszahlung der Hilfeleistungen kommen, erläuterte Elona Müller: Gleichzeitig würden auch für die Verwaltung doppelte Personal-, Sach- und Betriebskosten entstehen. Derzeit arbeiten 141 Bundesagentur-Mitarbeiter und 45 kommunale Angestellte unter dem Dach der Paga im Horstweg.

Zumindest an dieser Adresse würde sich auch bei einer Umstrukturierung nichts ändern, versicherte Elona Müller. Die Stadtverwaltung würde dann im Horstweg eine „Außenstelle“ betreiben. Arbeitsagentur-Chefin Edelgard Woythe, die am heutigen Donnerstag zu dem Thema Stellung nehmen will, habe bereits ihren Willen zur weiteren Kooperation bekräftigt.

Unklar ist allerdings, wie genau die Zusammenarbeit ab 2011 geregelt wird. Der Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung sieht dazu vor, dass das zuständige Bundesministerium einen „Musterkooperationsvertrag“ erarbeiten und die Bundesagentur für Arbeit den Kommunen „attraktive Angebote zur freiwilligen Zusammenarbeit“ machen soll.

In diesem Kooperationsvertrag müssen „Mindeststandards“ eingehalten werden, forderte nun Potsdams Sozialbeigeordnete: So sollen etwa Langzeitarbeitslose auch künftig nur einen Ansprechpartner haben. Denkbar sei eine gemeinsame „Eingangszone“. Müller plädiert dafür, den verfassungsrechtlichen Rahmen „soweit als möglich auszureizen“.

Wichtig seien auch kommunale Steuerungsmöglichkeiten für die „Kosten der Unterkunft“. Die Kommunen dürften nicht zu „reinen Zahlungsautomaten“ werden, mahnte Müller. 34 Millionen Euro gebe Potsdam derzeit für die Unterkunftskosten aus. Im Zuge der Finanzkrise befürchtete die Sozialbeigeordnete einen weiteren Anstieg. Gleichzeitig sei der Bundeszuschuss für diesen Posten von anfänglich 30 Prozent auf 23 Prozent im Jahr 2010 gesunken.

Kritik an den Bedenken von Müller und Stadtkämmerer Burkhard Exner (SPD), der wie berichtet ebenfalls finanzielle Nachteile aus dem Koalitionsvertrag befürchtet, kam gestern vom CDU-Kreisvorsitzenden Steeven Bretz: Potsdam erlebe die „Neuauflage der Jammer- und Meckerhauptstadt Ostdeutschlands“, so Bretz. Für die Kommunalfinanzen sei nicht der Bund, sondern das Land zuständig.

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