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Bischof Markus Dröge gestern in der St. Nikolaikirche. 

© Andreas Klaer

Landeshauptstadt: „Seht, welch ein Mensch Passionpredigt

mit Bischof Dröge

Stand:

Innenstadt - „Seht, welch ein Mensch“, sagt Pilatus zu dem Volk. Er sieht keinen Grund für die Verurteilung des Jesus von Nazareth. Seht, wie er dasteht, gefoltert, gegeißelt, eine Krone aus Dornen geflochten. Habt ihr kein Mitleid mit diesem Menschen? So muss wohl Pilatus, der Verwalter der römischen Provinz Judäa, vor 2000 Jahren gedacht haben.

„Ecce homo“ – „Seht, welch ein Mensch“ ist zu einem der bekanntesten Worte der Passion Jesu geworden. Es ist auch in die Geschichte der verschiedenen Künste eingegangen. Der Bischof der Landeskirche Berlin-Brandenburg-sächsische Oberlausitz, Markus Dröge, hat gestern Abend diesen Ausruf, der im Johannes-Evangelium zu finden ist, in seiner Potsdamer PassionsPredigt in den Mittelpunkt gestellt. Die Veranstaltung, initiiert vom Stadtkirchenpfarramt Potsdam, fand wieder in der St. Nikolaikirche statt und war die letzte dieser Reihe in diesem Jahr. Wie immer wurde sie von Stadtkirchenpfarrer Markus Schütte, Mitgliedern der Jungen Friedenskirchengemeinde sowie Kantor Björn O. Wiede gestaltet. Diesmal war auch die Kantorei der St. Nikolaikirche mit von der Partie, die Choräle aus Bachs Johannes-Passion sang.

„Seht, welch ein Mensch“. Gedemütigte Menschen in all ihrer Schwachheit werden immer wieder auf den Pranger gestellt, ob im Iran oder in China. Seht, wie unwürdig sie sind. Die dürft ihr verachten. „So geht man mit Menschen um, bis heute“, sagte Bischof Dröge in seiner Predigt. „Wir sind aber auch immer dabei, das Leiden von Anderen zu verdrängen. Die passen nicht in unser Bild. Wer sich aber für die Opfer einsetzt, gerät schnell in die Kritik.“ Die aktuelle Debatte um den sexuellen Missbrauch von Kindern in Schulen und Heimen, nicht nur in konfessionellen, hat der Bischof weitgehend in seiner Predigt thematisiert. Obwohl man in den Diskussionen auch deutliche Verzerrungen feststellen kann, in denen anscheinend alte Rechnungen beglichen werden sollen und man gegen Kirchen polemisiere, ist die Missbrauchs-Debatte aber längst überfällig. „Seht, welche Menschenkinder“, sagte Markus Dröge vor den rund 400 Zuhörenden. „Die Opferperspektive sollte dabei an erster Stelle stehen und zur Sprache kommen. Es muss das Ziel, das alles aufgeklärt wird“.

Die Potsdamer Tänzerin Ruth Knaup und der Bassist Norbert Wahren haben die Demütigung Jesu in der Tanz-Improvisation aufgegriffen. Das Bild des Gekreuzigten hat bei der Darstellerin zum Schluss jedoch etwas Triumphales – einen vom Leiden erlösten, erhöhten Menschen begegnet uns. Die Kreuzigungsdarstellungen der Romanik haben dabei Pate gestanden. Klaus Büstrin

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