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Potsdamer Fernsehmoderator: Sein Vergnügen

Günther Jauch lüftet im Potsdamer Hans Otto Theater sein Erfolgsgeheimnis – ein bisschen

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Er ist grandios unterhaltsam. Und das scheinbar völlig mühelos. Selten bereitet die öffentliche Suche nach einem Erfolgsgeheimnis derartiges Vergnügen wie wenn es um Günther Jauch geht, den „Alleskönner“ im deutschen Fernsehen. Zumal, wenn Jauch selbst das Geheimnis lüften soll. Was er freilich nur teilweise tut. Doch gerade das lässt den „Mediengipfel“ im Potsdamer Hans Otto Theater, zu dem der Potsdamer Jauch sich am Dienstagabend auf die Bühne bitten ließ, zur Vorstellung der Extraklasse werden.

Das Theater ist voll, vor allem Medienmenschen kommen zu dem Treffen, das das Medienboard und die Initiative media.net regelmäßig veranstalten. Jauchs Gesprächspartnerin ist die ARD-Moderatorin Astrid Frohloff, sie arbeitet ihren Fragenkatalog gewissenhaft ab.

Dass Jauch in Plauderstimmung ist, führt zu mannigfaltigen Erkenntnissen. Zum Beispiel macht der Fernsehstar nachhaltig Werbung für Potsdams Stadtwerke. Denn zum Beleg, dass er keineswegs der „Alleskönner“ sei, wie ihm die Veranstalter in ihrer Einladung huldigen, führt Jauch seine Strom- und Gasrechnungen an. Die könne er nicht verstehen, und die auf den Rückseiten abgedruckte Erklärung dazu schon gar nicht. Trotzdem habe er sich vor einiger Zeit entschieden, den Stromanbieter zu wechseln. 200 Euro später rückerstattete Gebühr sollte das kosten, Kündigung beim vormaligen Lieferanten inklusive. Doch dann, erzählt Jauch, hätten ihn die Potsdamer Stadtwerke persönlich angerufen – mit der Frage, warum er denn seine Abschlagzahlungen nicht leiste. Jauch, der Nicht-Alleskönner, war verblüfft. Er sei doch gar nicht mehr Kunde bei den Stadtwerken, behauptete er. Doch dass er bei seiner Neuwahl ausgerechnet einen Stromanbieter erwischt hat, der in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten war, hatte er nicht gewusst. „So klein mit Hut bin ich da zu den Potsdamer Stadtwerken zurückgekehrt.“

Diese werden es ihm danken. Aber auch einen Hinweis auf das gesuchte, das Erfolggeheimnis, gibt die Episode. Würden die deutschen Fernsehzuschauer ihm so treu anhängen, wirkte er nicht derartig bodenständig, unabhängig, ehrlich – und keineswegs wie ein Multimillionär, der er, was er Moderatorin Frohloff nicht dementiert, ist? Jauch übt sich zuverlässig in Bescheidenheit. Und glaubwürdig. Er könne sich deutlich mehr innere Unabhängigkeit leisten als andere, weil er finanziell unabhängig sei, sagt er. Dass er sich als Gründer der TV-Produktionsfirma I & U (Information und Unterhaltung), die mittlerweile 150 Mitarbeiter hat, seit 20 Jahren kein eigenes Büro gönnt, sondern sich 20 Quadratmeter mit dem Geschäftsführer und Chefredakteur teilt, ist für Jauch selbstverständlich: „An den bin ich gewöhnt, der wiederspricht mir.“ Außerdem sei er nie die ganze Woche am Firmensitz in Köln, da lohne sich ein Extra-Büro nicht. Dass es Jauch „Spaß macht“, wie er sagt, Geld für den guten Zweck einzusetzen, wissen die Potsdamer längst. Kritik daran, dass er früher Werbeverträge unterschrieben hat, lässt er deshalb nicht gelten – und erinnert an die Kampagne für die Zementwirtschaft, aus deren Erlös er Potsdam das Fortunaportal gespendet hat. Das habe die Stadt gezwungen, „das Schloss zu bauen“, sagt er – sonst wäre dort vielleicht ein „gesichtsloser Klotz“ entstanden. In Potsdam gibt es für diese Äußerungen selbstverständlich Szenenapplaus.

Auch das Weingut, das er vor einiger Zeit übernommen hat, ist für ihn keine Geschäftemacherei, sondern eine Familienangelegenheit. Es gehörte seinen Vorfahren seit 1805, damals erwarb es der Trierer Fabrikant und Kaufmann Emmerich Grach, Jauchs Ur-Ur-Ur-Großvater. Der habe im Übrigen als zweiter Bürgermeister der Stadt Trier eine große Tat vollbracht, sagt Jauch: „Er hat die Geburtsurkunde von Karl Marx unterschrieben.“ Das habe man nicht einmal bei der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung gewusst.

Kein Zweifel lässt Jauch daran, dass er sich als Journalist sieht: „Das kann ich.“ Zehn Jahre habe er als politischer Journalist gearbeitet, bevor der Wechsel ins Unterhaltungsfach kam - ein „Bypass“, weil es beim öffentlich-rechtlichen TV keinen Raum gab für den Parteiunabhängigen. Er sei damals im Gespräch gewesen als zweiter Mann für das ZDF-„Heute Journal“, so Jauch, „und ich hätte es gern gemacht“. Das allerdings sei ein CSU-Posten gewesen, „und der war ich nicht vermittelbar“. Weil es damals noch kein Privatfersehen gab, sei er in die Unterhaltung gewechselt.

32 Sendungen seines neuen ARD-Sonntagabend-Talks hat er absolviert. Er mache eine politische Gesprächssendung, keine parteipolitische, lässt er die Kritik, der ARD-Talk sei zu unpolitisch, abperlen. Es sei außerdem nur eine Evolution, keine Revolution, die er am Sonntagabend veranstalte – zum Beispiel, indem er einmal nur zwei Politiker zum Gespräch bitte, und dann noch von der gleichen Partei: „Ich habe doch nichts auf den Kopf gestellt.“ Das Potsdamer Publikum spendet auch dafür Applaus. Politik selbst machen, das reizt Jauch nicht – mögen ihm die Deutschen qua Umfragen noch so sehr das Vertrauen aussprechen, ihn zum Wunsch-Bundeskanzler oder -Bundespräsidenten küren. „Ich halte mich nicht für sehr geeignet“, sagt Jauch, schon der Ungeduld wegen. Auch der Titel Fernsehpräsident, den Moderatorin Frohloff ihm anbietet, sagt ihm nicht zu: „Fernsehpräsident der Herzen, wenn Sie das gesagt hätten !“

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