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Landeshauptstadt: Selbst die Frösche haben zum Abschied gequakt

Ukrainisches Nationalteam reist aus Potsdam ab, Paprika-Schnaps zum Abschied, Jubel bei Ankunft in Kiew

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Ein letzter Gruß aus dem Auto – und Andrej Schewtschenko düst zum Flughafen. Ein doppelter Abschied steht dieser Tage für den ukrainischen Stürmerstar an: am Sonnabend gegen 15.30 Uhr checkte er bei der Fußball-WM und im Seminaris- Seehotel in der Pirschheide aus, dem Quartier der Nationalmannschaft während der Fußball-WM. Und nun steht der Umzug von Mailand nach London.

Schlagzeilen hat der Mann im gelb- blauen Trikot mit der Nummer 7 in den vergangenen beinahe vier Wochen seiner Deutschland-Reise zwischen Potsdam und den Spielorten immer wieder produziert. Weniger sportlich als gesellschaftlich: Vor allem die Vergangenheit seiner Familie in der DDR und der Geburtsort seiner Schwester sorgte für Gesprächsstoff. Denn er ist der Star einer Mannschaft, die zum ersten Mal an einer Fußball-WM- Endrunde teilnahm und sich mit Mittelmaß ins Viertelfinale spielte. Immerhin: „Schewa“, wie sie ihn nennen, schoss zwei Tore, holte den entscheidenden Elfmeter im Spiel gegen Tunesien heraus und scheiterte im Elfmeterschießen gegen die Schweiz als einziger Ukrainer.

Die Italiener haben mit ihrem 3:0 gegen die Ukraine am Freitagabend nun dafür gesorgt, dass Schewtschenko Potsdam verlässt und die Landeshauptstadt als einziges Teamquartier der neuen Bundesländer von nun an vom aktiven WM-Geschehen ausgeschlossen ist. Mit einer Flasche Paprika-Schnaps aus der Heimat als Abschiedsgeschenk bedankte sich das Team bei der Direktion des Seminaris-Hotel in Potsdam für den Aufenthalt. Am Sonnabendnachmittag gegen 16.45 Uhr waren alle Spieler ausgecheckt und wenig später mit einer Sondermaschine vom Flughafen Tegel aus in Richtung Heimat unterwegs. „Die ukrainische Delegation hat uns versichert, das wir gute Gastgeber waren. Alle waren begeistert, selbst die Frösche haben zum Abschied gequakt“, sagte Hotel- Direktor Hartmut Pirl mit Anspielung auf die einzige Störungsquelle, die den Spielern zu Beginn der Weltmeisterschaft angeblich den Schlaf geraubt haben soll. Das galt als Grund für die bittere Auftaktniederlage gegen Spanien (0:4). Es folgten Siege gegen Saudi-Arabien, Tunesien und im Achtelfinale gegen die Schweiz, bei denen jeweils hunderte Ukraine-Fans in der Fun-City auf dem Luisenplatz mitfieberten. Darunter waren auch Ministerpräsident Matthias Platzeck und Oberbürgermeister Jann Jakobs. Platzeck sagte nach der Niederlage gegen Italien, dass die Ukraine ihr Quartier in Potsdam genommen habe, sei eine große Bereicherung für die Stadt gewesen. Auch Hotel-Direktor Hartmut Pirl sagte zum Abschied, „der Besuch der Ukraine hat eine gewisse Nachhaltigkeit für unser Hotel und für die ganze Stadt Potsdam“. Er würde auf jeden Fall wieder eine Fußball-Nationalmannschaft in seinem Hause beherbergen. Bei der Rückkehr am Sonnabendnachmittag waren die Spieler trotz Niederlage in guter Stimmung, drei Stunden später saßen sie im Bus zum Flughafen. Pirl sagte, Mitarbeiter und Delegation hätten „freundschaftliche Bande“ geknüpft. Er hob jedoch hervor, die Potsdamer Bevölkerung hätte sich von der Mannschaft sicherlich mehr Öffentlichkeit erhofft. Nur einige Spieler ließen sich offiziell in der Innenstadt blicken. Nach fast vier Wochen Aufenthalt in Potsdam konnte auch Michael Hamalij, Ukraine-Beauftragter des nationalen Organisationskomitees, durchatmen. „Es war eine schöne, aber auch anstrengende Zeit“, sagte der Team-Officer. In den letzten Stunden vor dem Abschied schrieben die Kicker in der Hotel-Lobby fleißig Autogramme und ließen sich mit den Angestellten des Hauses fotografieren. Auch der ukrainische Botschafter Igor Dolgow erschien zur Verabschiedung des Viertelfinalisten am Hotel.

In Kiew ist Nationalmannschaft mit Begeisterung empfangen worden. Hunderte Fußballfans begrüßten in der Nacht zum Sonntag auf dem Kiewer Flughafen die Mannschaft von Trainer Oleg Blochin mit Krimsekt und Blumen. Sie alle werden nun mit dem Titel „Verdienter Meister des Sports“ ausgezeichnet. jab

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