
© A. Klaer
Bauprojekt im Reiherweg in Bornstedt: Sichtachsen-Streit um 2,30 Meter
Neuer Zwist zwischen Stadtverwaltung und Denkmalschützern: Im Bornstedter Reiherweg sollen neue Wohnhäuser entstehen. Direkt daneben befindet sich aber der Ruinenberg - Teil des Potsdamer Unesco-Welterbes. Nun wird über die Höhe der Häuser gestritten.
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Potsdam - Neuer Streit zwischen Stadtverwaltung und Schlösserstiftung: Brandenburgs Kulturministerin Sabine Kunst (SPD) muss in einen weiteren Fall über ein Bauprojekt in Potsdam entscheiden. Wie Ministeriumssprecher Stephan Breiding den PNN bestätigte, geht es um drei Wohnhäuser, die am Bornstedter Reiherweg geplant sind – nebenan befindet sich mit dem Ruinenberg ein Teil des Potsdamer Unesco-Welterbes.
Für die Gebäude mit insgesamt bis zu 45 Wohnungen seien vonseiten der Stadt bis zu vier Geschosse angezeigt worden, sagte der Ministeriumssprecher – Landesdenkmalamt und Schlösserstiftung würden allerdings maximal Dreigeschosser akzeptieren. Die Ablehnung werde mit betroffenen Sichtachsen begründet, so Breiding. Der Sprecher der für das Welterbe zuständigen Schlösserstiftung, Frank Kallensee, bestätigte auf Anfrage: „Wir können den Planungen in ihrer jetzigen Form nicht zustimmen.“ An der Stelle seien mehrere Sichtbeziehungen betroffen – unter anderem vom Klausberg oder vom Schloss Sanssouci aus. Ohnehin sei der Reiherweg vorgeschädigt, weil dort zu DDR-Zeiten bereits viergeschossige Plattenbauten entstanden. Die Untere Denkmalschutzbehörde der Stadtverwaltung habe den Eingriff jedoch als nicht erheblich eingestuft, merkte Kallensee an – und erklärte, eine andere Auffassung würden die Schlösserstiftung und das Landesdenkmalamt vertreten. Den Dissensfall bestätigte auch Landeskonservator Thomas Drachenberg auf PNN-Anfrage.
Streit um 2,30 Meter
Zugeknöpft gaben sich die Stadtverwaltung und die kommunale Bauholding Pro Potsdam, die die Bauten errichten will. Das Areal befinde sich noch im Besitz der Stadt und sei noch nicht an die Pro Potsdam verkauft, sagte Pro-Potsdam-Sprecherin Anna Winkler – und verwies für Fragen an das Rathaus. Dort verwies Stadtsprecher Jan Brunzlow wiederum an die Pro Potsdam – schließlich plane nicht die Stadtverwaltung die Neubauten. Hintergrund ist nach PNN-Informationen, dass es zunächst um Bauvorplanungen geht – also die Pro Potsdam wissen will, was sie genau bauen könnte. Bemerkenswert ist, um wie viele Höhenmeter sich der Streit dreht: An der Stelle liegt die denkmalrechtliche Erlaubnisfähigkeit bei 57,40 Metern – über dem Meeresspiegel – pro Gebäude. Geplant sind Höhen von bis zu 59,70 Metern – gestritten wird also um 2,30 Meter. An der Stelle war noch vor Monaten eine Asylunterkunft geplant, die laut Stadt aus logistischen Gründen nun an der David-Gilly-Straße entstehen soll.
Da es zu der Höhenfrage keine Einigung gibt, muss – wie in anderen Streitfällen auch – Kulturministerin Kunst eine Abwägung treffen. Breiding sagte, in einer wachsenden Welterbe-Stadt wie Potsdam seien Interessenkonflikte zwischen Denkmalschützern und Entwicklungsplanern nahezu zwangsläufig. Gleichwohl gibt es seit Monaten Unstimmigkeiten zwischen Landesdenkmalamt und Schlösserstiftung auf der einen und der Potsdamer Bauverwaltung unter ihrem Dezernenten Matthias Klipp (Grüne) auf der anderen Seite – neben Bauprojekten geht es dabei auch um Fragen wie gegenseitige Kommunikationskultur.
Mehrere Sichtachsen-Auseinandersetzungen
In den vergangenen Jahren hatte es mehrere solche Ministerentscheide in Potsdamer Baukonflikten gegeben – meist fielen sie zugunsten des SPD-geführten Rathauses aus. Aktuell liegen noch zwei weitere Konflikte bei der Ministerin, wie Breiding bestätigte. Einmal gehe es um die vom Klinikum „Ernst von Bergmann“ geplante Aufstockung des bereits achtgeschossigen Bettenhauses C in der Charlottenstraße. Wie berichtet will das Klinikum damit seine Bettenkapazitäten für Privatpatienten erweitern. Auch hier hat das Landesdenkmalamt heftige Bedenken: So sei Potsdams Stadtsilhouette bereits durch den Bau der DDR-Hochhäuser schwer beeinträchtigt worden, die Hochhäuser des Klinikums stellten in der barocken Innenstadt schon jetzt eine schwere Maßstabsstörung dar, so die Denkmalschützer.
Ein weiterer Streitfall betreffe die Sanierung eines denkmalgeschützten Hauses in Bornim, sagte Breiding. Noch nicht auf dem Tisch der Ministerin liegt dagegen die von den Stadtverordneten angeschobene Wohnbebauung zwischen Zentrum Ost, Nuthestraße und Havelufer: Auch hier sehen Denkmalschützer und Stiftung eine Gefahr für Sichtachsen zwischen Park Babelsberg und Innenstadt.
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