Landeshauptstadt: Sinnliches in Öl
Die 70 Jahre alte Sigrid Hoffmann-Mappes malt, seit sie ein Kind ist – ihre Bilder stellt sie zum Beispiel in Krankenhäusern aus
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In Erwartung des Besuchs hat Sigrid Hoffmann-Mappes ihr Atelier aufgeräumt. Jetzt sieht es so gar nicht nach Arbeit aus. Doch überall im Haus hängen und stehen Bilder, Öl, Aquarelle, Acryl, und jeder Gast weiß: Hier wird viel gemalt. Dreistellig im oberen Bereich sei die Zahl ihrer Werke, sagt Hoffmann-Mappes, genau weiß sie es nicht. Gerade hat sie wieder 45 Bilder nach Treuenbrietzen gebracht, dort werden sie in einer Ausstellung im Krankenhaus gezeigt.
„Wenn ich ein paar Tage nicht male, werde ich knatschig“, sagt die 70-Jährige. Schon immer war das ihr liebstes Hobby, seit ihrer Pensionierung hat sie richtig viel Zeit dafür. Zwei bis drei Ausstellungen hat sie im Jahr, auch in der Galerie am Neuen Palais hat sie ausgestellt. Oft musizieren die Enkelkinder der großen Familie zur Vernissage.
Ihr Talent zum Zeichnen entdeckte der Grundschullehrer in Neukölln, Hans Goetsch, ein Kiezmaler, der 1981 verstarb. Reichlich Buntstifte brachte die Mutter mit, die in der DDR arbeitete. Goetsch förderte sie – und kritisierte viel. „Ich habe viel von ihm gelernt“, sagt sie heute. Doch einen Beruf daraus zu machen, traute sie sich nicht. Sie wurde Diplomverwaltungswirtin, meldete sich aber bald für ein Fernstudium an der Neuen Kunstschule in Zürich an. Und beendete die dreijährige Ausbildung mit einem Diplom mit der Note Sechs. Sigrid Hoffmann-Mappes lacht. „Die Zensuren gehen da andersrum, das wäre hier ’ne Eins“, sagt sie. Mit dem Diplom hätte sie an privaten Schulen arbeiten können. Doch sie wollte lieber Zeit zum Malen haben und unterrichtet heute höchstens ihre eigenen zwei Kinder und neun Enkelkinder.
Vor 17 Jahren zogen sie und ihr Mann raus aus Berlin – und entschieden sich für ein Häuschen in Eiche. Die Innengestaltung übernahm die Künstlerin selbst. Sie konnte das Atelier mit Nordfenster planen, einen Fliesenfußboden, der Farbkleckse verträgt. Der große Dachboden ist eine einzige Bilderkammer, dort lagern sie zu Hunderten. Und zeigen, wie sich ihr Stil im Laufe der Zeit verändert hat. „Mit naiver Malerei hat es angefangen“, sagt sie, und zeigt auf eine Bildergruppe: die vier Jahreszeiten als Stationen des Lebens, von der Kindheit unter blühenden Bäumen bis zur menschenleeren Schneelandschaft.
Bei der Gegenständlichkeit ist es geblieben. Abstrakter Malerei kann Sigrid Hoffmann-Mappes nicht viel abgewinnen, sie hat es probiert, manchmal im Stil von Kandinsky, mit grafischen Motiven und verwirrenden Perspektiven, sehr farbig. Aber warm geworden ist sie damit nicht. Viel lieber sind ihr Szenen mit Menschen und Stillleben mit Blumen, Florales, alles, was der Garten hergibt – ihr zweites Hobby. Dann malt sie zarte Stiefmütterchen und Mohnblüten, schwere Rosenköpfe, Rittersporn im Bauerngarten.
Ist sie unterwegs, hat sie immer Malutensilien dabei, Skizzenblock, Aquarellkasten, Fotoapparat. Für einen schönen Blick, eine faszinierende Landschaft kann sie schon mal spontan anhalten und aus dem Auto steigen, dann fertigt sie schnell einige Skizzen, vom knorrigen Baum am Seeufer, den Kiefern im Sonnenuntergang. Und macht Fotos. Zu Hause im Atelier wird das Bild fertiggemalt. Am liebsten in Öl, das sei ein weiches Material, fast sinnlich, die Farben trocknen langsam und lassen sich gut verreiben und verschieben, auch mit den Fingern.
Auch ein paar Akt-Motive stehen an den Wänden im Arbeitszimmer, Skizzen seien das, sagt sie, doch die Arbeiten sind richtig gut. Aber die passen ja wohl kaum in eine Ausstellung in einem Krankenhaus in kirchlicher Trägerschaft, findet Hoffmann-Mappes. Stattdessen hat sie eine Auswahl an Landschaftsmotiven, Blumen und den Lebenszyklus mitgenommen. Bilder zum Mut machen. Steffi Pyanoe
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