Landeshauptstadt: Skiwettstreit im Welterbe – 1964 offiziell erlaubt
Schulen kämpften damals um Abfahrts-Titel am Ruinenberg / Rodler von heute gegen allgemeines Verbot
Stand:
Sanssouci - „Ich bin doch als Kind selbst hier Ski gefahren, wurde sogar Abfahrtsmeister“, sorgte Volker Mehwald für große Verblüffung auf dem Ruinenberg. Auch am vergangenen Wochenende hieß es für Dutzende Familien „Rodel frei“ zwischen Welterbestätten – nicht nur am Ruinenberg. Trotz Verbot und erst im Nachhinein zurückgezogenen Bußgeld-Androhungen seitens der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten zog es Familien an die kleinen Anhöhen im Stadtgebiet. Für den Potsdamer Mehwald war der Familienausflug zum Ruinenberg eine Tour zur Stätte seines Abfahrtstriumphs im Jahr 1964. Damals habe der Deutsche Turn- und Sportbund der damaligen DDR die Potsdamer Schulen zu einer Abfahrtsmeisterschaft am Ruinenberg aufgerufen, erzählte Mehwald. Direkt neben dem Normannischen Turm sei der Start gewesen. Zwischen den Bäumen ging es dann Richtung Tal, erinnert sich der Potsdamer Schul-Abfahrtsmeister von 1964.
Die Stimmung unter den Ruinenberg- Rodlern von heute ist einhellig: Die Stiftung sei mit dem Verbot von Wintersport in Parkanlagen „wieder einmal über das Ziel hinausgeschossen“, meinte Alexander Heinz, Vorsitzender des 1. Potsdamer Alpinskiclubs. „Seit Jahrzehnten werden die Hänge am Ruinenberg, hinter der Orangerie und am Eierberg im Neuen Garten von Potsdamern zum Rodeln und Wintersport genutzt, fahren Langläufer durch die Parks“, so Heinz. Die Stiftung könnte sich cleverer verhalten, meinte er, „wenn sie eine offizielle Loipe durch den Park spuren und dort mit einem Infostand für ,Winterspaß mit dem Alten Fritz’ werben würde.“
Allerdings – die Mehrzahl sprach sich aus, Wintersport im Park Sanssouci müsse nicht sein. Lediglich die Rodler direkt vor dem Schloss Sanssouci, die es auch an diesem Wochenende gab, konnten dieser Idee nichts abgewinnen: „Gerade wegen des Ambientes kommen wir doch hierher“, sagte eine Potsdamerin, die wohlweislich nicht ihren Namen öffentlich machen wollte. Denn Rodeln am Schloss Sanssouci ist tabu. Doch Parkwächter hätte sie noch nie gesehen, auch wenn sie in diesem Winter schon zum vierten Mal zum Rodeln nach Sanssouci gekommen war, gestand die Dunkelhaarige. Am vergangenen Wochenende hätten sich sogar Touristen ihren Schlitten ausgeliehen, um selbst einmal die Terrassen hinunterzurodeln. Doch die Drohungen der Stiftung scheinen teilweise gefruchtet zu haben, „es sind deutlich weniger Leute da als die vorigen Male“, sagte die Potsdamerin. Kay Grimmer
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: