
© M.Thomas
Landeshauptstadt: Solarmusik und Ameisenverkehr
In Technik und Naturwissenschaften gibt es kaum Frauen. Die Uni Potsdam bot deshalb eine Technik-Akademie für Mädchen an
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Am dritten Tag ist der Technik-Parcours dran. An der Station „easy to clean“ machen sich Eva Inselmann und Paula Schmelzer sofort ans Werk. Sie träufeln Wasser, Öl und Ketchup auf verschiedene Oberflächen, um herauszufinden, ob der Selbstreinigungseffekt der Lotuspflanze nachgeahmt wird. „Wahrscheinlich muss es abperlen“, sagt Paula. Blitzschnell sind die Schülerinnen im Thema Bionik: Menschen nutzen biologische Effekte und übertragen sie auf Technik. Das geschieht mit dem Lotuseffekt etwa bei der Automobillackierung. Eva und Paula vom Saldern-Gymnasium in Brandenburg an der Havel waren bei der ersten Mädchen-Technik-Akademie dabei, die die Universität Potsdam in der vergangenen Woche angeboten hat.
Eine Woche lang haben sich 14 Gymnasiastinnen aus Berlin und Brandenburg intensiv mit Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik – den sogenannten Mint-Fächern – beschäftigt. „Wir wollen Mädchen für naturwissenschaftlich-technische Berufe interessieren und ihnen Orientierung bei der Studien- und Berufswahl geben“, sagt Franka Bierwagen von der Brandenburger Initiative Schule und Hochschule auf dem Weg zu Naturwissenschaft und Technik, kurz „Brisant“. Insbesondere in den Bereichen Maschinenbau, Mathematik und Informatik sei der Frauenanteil an den Hochschulen äußerst gering. „Junge Frauen, die in Cottbus Maschinenbau studieren, gehören mit acht Prozent zu einer echten Minderheit“, nennt Bierwagen als Beispiel. Finanziert wird das Projekt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und der Universität Potsdam.
Die Technik-Akademie ging aus dem dritten Mädchen-Technik-Kongress hervor, der mit rund 240 Teilnehmerinnen im Dezember in Potsdam stattfand. „Die Teilnahme an der Akademie ist auch eine Auszeichnung“, sagt Bierwagen. Nur wer ernsthaft an Mint-Fächern interessiert sei, erhalte diese Chance. Die Neuntklässlerinnen Paula und Eva bringen das Interesse mit, sehen sich aber nicht als typische Mint-Schülerinnen. „Eigentlich bin ich mehr so der Sprachentyp“, sagt Paula. Und Eva gibt zu: „Ich finde es wirklich interessant, schnall’ es aber nicht so schnell.“ An der Schule finden sie den naturwissenschaftlichen Unterricht oft ziemlich trocken. Hier faszinieren sie vor allem die Experimente.
Der Technik-Parcours auf dem Campus Am Neuen Palais umfasst Stationen aus den Bereichen Nanotechnik, Optik und erneuerbare Energien. Mint-Studierende haben ihn entwickelt und aufgebaut. Sie betreuen die Mädchen während der ganzen Woche.
An der Station „Solarmusik“ beschäftigt sich Anne Knappe von der Merian-Schule in Berlin-Köpenick gerade mit der Frage, wie viele Solarzellen in Reihe geschaltet werden müssen, damit die Musik einer Melodiekarte erklingt. Die Schülerin der zwölften Jahrgangsstufe begeistert sich für Mathematik und Physik und denkt über ein Studium nach: „Ich kann mir Ingenieurwesen vorstellen, aber auch Mathe auf Lehramt.“
Ihre Mitschülerin Wilhelmine Lüderitz hat Chemie und Mathematik als Leistungskurse gewählt. Dass sie in Mathematik zur Minderheit gehören, stört sie nicht. An der Akademie gefallen auch ihnen besonders die Experimente. Je einen Tag verbrachte die Gruppe an der Technischen Hochschule Wildau und der Fachhochschule Brandenburg. Dort lernten sie die Funktionsweise der Biobrennstoffzelle zu verstehen und bauten mit elektronischen Baugruppen eine Lichtschranke.
Patricia Grothe und Sarah Flöther feilen routiniert an einem Lochblech aus Metall. Daraus soll ein Gestell für eine Salzsteinlampe werden. Die Schülerinnen mit den Lieblingsfächern Kunst und Chemie sowie Sport, Mathe und Physik besuchen das Weinberg-Gymnasium in Kleinmachnow. Die Akademie hat ihr Interesse für weitere Themen geweckt.
Patricia fand Insekten bislang „eher langweilig“. Der Workshop zum Ameisenverkehr war für sie deshalb ein echtes Aha-Erlebnis: „Ameisen kennen keine Staus. Es ist schon toll, zu sehen, was wir vom Verhalten dieser Tiere lernen und auf unseren Straßenverkehr übertragen können.“Maren Herbst
Maren Herbst
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