
© M. Thomas
Von Sabine Schicketanz: Stadt setzt im Uferkrieg auf Bundespolitik
Griebnitzsee: Potsdam bietet drei Millionen Euro – das Mindestgebot / Jetzt muss Bundestag entscheiden
Stand:
Babelsberg - Potsdams Stadtspitze verstärkt im Fall Griebnitzsee den politischen Druck auf den Bund: Die Landeshauptstadt beteiligt sich am Bieterverfahren um die bundeseigenen Ufergrundstücke mit einem Gebot von drei Millionen Euro. Dafür gab es gestern Abend von den Stadtverordneten bei großer Mehrheit mit nur fünf Gegenstimmen grünes Licht. Damit erfüllt Potsdam das vom Bund geforderte Mindestgebot für die 51 Grundstücke am Seeufer mit einer Fläche von 31 700 Quadratmetern. Zwar enthält das Potsdamer Gebot eine vorsichtige Drohung, doch auf den im Herbst 2009 von Stadt und Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) gemeinsam festgestellten Verkehrswert von 2,6 Millionen Euro zu pochen – doch zunächst macht das Drei-Millionen-Gebot den Weg frei für eine politische Entscheidung.
Auf eine solche setzt jedenfalls Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD): „Wenn der Bund tatsächlich nur nach dem Höchstgebot geht, muss das vor den politischen Gremien Bestand haben.“ Über den Verkauf entscheidet der Haushaltsausschuss des Bundestags. Da das Bundesfinanzministerium die Flächen zu „Grundstücken mit besonderer Bedeutung“ erklärt hat, muss laut Bundeshaushaltsordnung auch der Bundesrat damit befasst werden. Um die Grundstücke an meistbietende Private zu verkaufen, müssten sich die Fachgremien von Bundestag und Bundesrat gegen öffentliches Interesse positionieren: Ohne die Bundesflächen erscheint der Plan der Stadt Potsdam, auf dem ehemaligen Kolonnenweg der DDR-Grenzer am Griebnitzsee einen öffentlichen Uferweg einzurichten, weitgehend aussichtslos.
Die Stadt Potsdam sieht in dem Verfahren außerdem einen Präzedenzfall mit „grundsätzlicher Bedeutung“ für die Verkaufspolitik des Bundes. Dabei wird sie vom Deutschen Städtetag unterstützt. Bisher veräußere der Bund zum Verkehrswert an Kommunen, wenn diese eine öffentliche Nutzung planten, so Oberbürgermeister Jakobs. Werde nun höchstbietend verkauft, verschlechtere sich die Lage für die Kommunen dramatisch. Auch könnten Bürger öffentliche Vorhaben, die ihnen nicht gefielen, mit genügend Geld einfach verhindern.
Um das jetzt laufende Bieterverfahren, das von der Bima ausgeführt wird, hatten sich Bund und Landeshauptstadt monatelang gestritten. Potsdam hält die Ausschreibung für rechtswidrig und prüft eine Klage dagegen, der Bund sieht sie als zwingend notwendig an. Das Bundesfinanzministerium hatte zuvor im Herbst 2009 den fast besiegelten Verkauf der Uferflächen an Potsdam für 2,6 Millionen Euro gestoppt, weil eine Gruppe von Seeanrainern drei Millionen Euro geboten hatte. Damit wollten die Anrainer offenbar den von der Stadt geplanten öffentlichen Uferweg verhindern. Nach Ansicht des CDU-geführten Bundesfinanzministeriums hatte sich mit dem Gegengebot jedoch „ein Markt gebildet“. Ob nach dem Bieterverfahren, für das bis zum Freitag Gebote abgegeben werden können, verkauft wird, scheint offen. Die Bima wolle das „Erwerbsinteresse“ erkunden, heißt es in den Unterlagen. Angeboten werden die Grundstücke mit und ohne Wegerecht für die Öffentlichkeit.
Der knapp drei Kilometer lange Ufer-Spazierweg am Griebnitzsee, der auch über Privatgrundstücke verläuft, war bis zum Frühjahr 2009 frei zugänglich. Nachdem Gerichte entschieden hatten, dass es kein Betretungsrecht für die Öffentlichkeit gibt und der Bebauungsplan der Stadt für einen Uferpark kassiert wurde, sperrten Anrainer ihre Grundstücke. Zuvor hatte Potsdam es über Jahre versäumt, die rechtlichen Rahmenbedingungen für einen Uferweg zu schaffen und sich mit den Anrainern zu einigen.
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