
© Solidarisches Potsdam
Stadtteilgewerkschaft Potsdam: Eine Lobby für sozial Benachteiligte
Die neu gegründete Stadtteilgewerkschaft möchte sich gemeinsam gegen Behörden, Jobcenter und Vermieter organisieren. Vor allem in den AfD-Hochburgen im Potsdamer Süden will die Initiative aktiv sein.
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Menschen bei Behördenärger helfen, sich politisch organisieren und etwas gegen den Rechtsruck tun. Die neu gegründete Stadtteilgewerkschaft Potsdam hat sich große Ziele gesetzt. Erreichen möchte die Initiative diese durch eine Kombination aus kostenloser Beratung (zu Themen wie Miete, Arbeit oder Asylrecht), gemeinschaftlicher Selbsthilfe und politischer Arbeit.
Die Stadtteilgewerkschaft will eine Antwort auf die wachsende soziale Ungleichheit in Potsdam geben: „Wir sehen immer mehr Menschen, die von der Politik gefrustet sind, sich zurückziehen, nicht mehr wählen gehen oder vielleicht sogar AfD wählen“, sagt Kerstin Lopau von der Stadtteilgewerkschaft, die aus der Initiative Solidarisches Potsdam hervorgegangen ist. Diesen Menschen möchte das Projekt eine Anlaufstelle bieten: „Wir wollen ihnen zeigen, dass es auch eine solidarische Perspektive für sie gibt.“
Wenn man öffentlichen Druck aufbaut, kommt es oft schneller zu Lösungen.
Simon Wohlfahrt von der Stadtteilgewerkschaft Potsdam
Schaffen möchte die Stadtteilgewerkschaft das zum einen mit kostenloser Sozialberatung, etwa bei Konflikten mit Vermietern, Arbeitgebern, Asylbehörden oder dem Jobcenter. „Wir haben viele Leute bei uns im Team, die damit Erfahrung haben“, sagt Lopau. „Außerdem gibt es auch Menschen von außerhalb, die sich professionell mit diesen Themen beschäftigen und angeboten haben, uns ehrenamtlich zu unterstützen.“ Derzeit umfasst das Kernteam etwa 20 Personen, viele davon haben eine Verbindung zur sozialen Arbeit.
Doch die Stadtteilgewerkschaft möchte nicht nur individuelle Probleme lösen, sondern auch strukturelle Probleme in Behörden oder auf dem Immobilienmarkt angehen: „Wenn man öffentlichen Druck aufbaut, kommt es oft schneller zu Lösungen“, sagt Simon Wohlfahrt vom Team.
Stadtteilgewerkschaften gibt es in Bremen, Münster, Berlin, Halle, Jena, Dresden und Celle. Ein Vorbild für das Potsdamer Projekt ist die Bremer Initiative „Solidarisch in Gröpelingen“: Diese hatte in der Vergangenheit immer wieder Menschen beraten, die vom Jobcenter Bremen mit Sanktionen belegt wurden. Die Stadtteilgewerkschaft hatte deshalb öffentliche Proteste vor dem Jobcenter organisiert, dessen Leitung hatte sich daraufhin zu Gesprächen mit den Aktivistinnen und Aktivisten getroffen.
In dieser Weise soll auch die Stadtteilgewerkschaft Potsdam aktiv werden. Deren Arbeit soll sich vor allem auf den Potsdamer Süden konzentrieren, wo die AfD bei den letzten Wahlen starke Ergebnisse erzielen konnte, also unter anderem in Zentrum Ost, Waldstadt, Drewitz oder am Stern. „Unsere Arbeit soll zeigen: Solidarische Perspektiven und gemeinsame Kämpfe unabhängig von Herkunft und Geschlecht helfen im Alltag mehr als rechte Hetze“, heißt es auf der Webseite von Solidarisches Potsdam. „Wir wollen eine Stadt ohne Armut, Angst und Diskriminierung. Wir stehen für Zusammenhalt statt Spaltung.“
Fester Stadtteilladen geplant
Solidarisches Potsdam veranstaltet regelmäßig die sogenannte „Krisenkneipe“, bei der die Initiative in verschiedenen Stadtteilhäusern eine Möglichkeit zum Gespräch anbietet. Die neue Stadtteilgewerkschaft soll jedoch einen festen Ort in der Stadt bekommen, an dem künftig Beratung und politische Vernetzung stattfinden können. Deswegen möchten die Aktivistinnen und Aktivisten gerne einen eigenen Stadtteilladen ins Leben rufen. Für Miete, Strom und Arbeitsmaterialien sind sie jedoch auf Spenden angewiesen.
Seit dem 14. April läuft deswegen eine Spendenkampagne: Ziel ist, 2000 Euro monatliche Spenden über Daueraufträge zu erreichen, um den geplanten Standort finanzieren zu können. „Aktuell sind wir schon bei 650 Euro monatlicher Spenden“, sagt Kerstin Lopau. Da man unabhängig von Parteien sein möchte, lehnt die Stadtteilgewerkschaft parteigebundenes Sponsoring ab. Weitere Informationen dazu sind auf der Webseite www.solidarischespotsdam.de zu finden.
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