zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Stammleser von klein auf

Die Bibliothek Am Stern gibt es seit 25 Jahren. 2012 hat sie so viele Bücher wie noch nie verliehen

Stand:

Fünf Jahre war die Zweigbibliothek am Johannes-Kepler-Platz gerade alt, als das Unglück geschah: Ein Feuer brach aus. In der Nacht zum 14. Dezember 1992 war ein Feuerwerkskörper auf ungeklärte Weise in die Lüftungsanlage des Gebäudes geraten. Der Kinder- und Jugendbereich der Bibliothek brannte daraufhin völlig aus. „Die Feuerwehr musste wegen heftigen Qualms mit schwerer Atemausrüstung arbeiten“, erinnert sich Marion Mattekatt, Direktorin der Stadt- und Landesbibliothek Potsdam. „Kurz nach der Eröffnung abzubrennen ist natürlich das Schlimmste, was einer Bibliothek passieren kann.“ Am gestrigen Freitag jährte sich der Brand zum 20. Mal, doch heute, nur einen Tag später, können die Mitarbeiter der Stadt- und Landesbibliothek einen viel schöneren Jahrestag begehen: Die Zweigstelle Am Stern feiert ihr 25. Jubiläum.

Derzeit ist die Bibliothek am Kepler-Platz mit 30 000 Büchern, Comics, Zeitschriften, CDs und DVDs die größte der drei Zweigstellen in Potsdam – neben der Bibliothek in Waldstadt II und der Schulbibliothek in Babelsberg. 1987 gab es in Potsdam noch insgesamt fünf Zweigstellen neben der Hauptbibliothek am Platz der Einheit, unter anderem in Potsdam-West und am Schlaatz. „In der DDR gab es den sogenannten Bibliotheksentwicklungsplan, laut dem in jedem neu zu bauenden Wohngebiet eine Bibliothek vorhanden sein muss“, sagt Mattekatt. Zuvor gab es hier nur eine Fahrbibliothek, die seit 1972 in Potsdam unterwegs war.

Insgesamt acht Mitarbeiter hatte die Zweigstelle zu Beginn – eine heute unvorstellbare Zahl. Gegenwärtig gibt es 2,5 Stellen in der Bibliothek. Durch die Rationalisierungen der 90er Jahre waren die am wenigsten genutzten Bibliotheken geschlossen worden. Die Zweigstelle Am Stern blieb dank guter Nutzerzahlen verschont. Vor allem Kinder nutzten die Bibliothek ausgiebig: 1992 waren 37 Prozent der Nutzer unter 13 Jahren, heute beträgt ihr Anteil 47 Prozent. Davon zeugt auch ein alter Zeitungsausschnitt vom Tag der Eröffnung, an dem es 186 Neuanmeldungen gab, der ein Foto des ersten Lesers zeigt: den Schüler Steffen Kretschmann. Heute betreibt die Bibliothek am Kepler-Platz Kooperationen mit fast allen umliegenden Schulen und Kitas, allein 2012 gab es 140 Führungen und Leseaktionen für Kinder.

Marion Stelter, die seit 1994 in der Zweigstelle arbeitet, kann sich noch an viele frühere Leser erinnern: „Manche Besucher, die ich von klein auf kenne, sind jetzt selbst erwachsen und kommen mit ihren eigenen Kindern in die Bibliothek“, sagt die 36-jährige Fachangestellte für Medien- und Informationsdienste. Als Stelter ihre Arbeit aufnahm, musste man seine Bücher noch mit Karteikarten suchen, die jedoch 1995 durch einen elektronischen Katalog abgelöst wurden. Mitte der 90er Jahre wurden auch erstmals Nutzungsgebühren eingeführt – zuvor gab es nur Mahngebühren.

Stelter kommt oft mit den Lesern ins Gespräch und nimmt Wünsche für die nächsten Bestellungen auf. Besonders Kinderbücher, Ratgeber und Reiseführer werden häufig ausgeliehen. „Und jetzt sind Krimis und Vampire sehr beliebt“, sagt sie. Viele Leserwünsche können die Mitarbeiter auch erfüllen: Der derzeitige Medienetat der Zweigstelle liegt bei 20 000 Euro – vor 10 Jahren war er nur halb so hoch.

Die Zusammensetzung des Buchbestands war bereits kurz nach der Eröffnung der Bibliothek einigen Veränderungen unterworfen: Nach der Wende wurde das Sortiment erneuert und viele Bücher aussortiert. Als es dann zum Brand kam, musste nicht nur der fünf Jahre alte Neubau renoviert, sondern fast alle Kinder- und Jugendbücher neu gekauft werden. Zudem hatten etliche andere Medien Ruß abbekommen, der aufwendig entfernt werden musste: 22 000 Bücher und Schallplatten wurden mit speziellen Geräten abgesaugt und sechs Stunden einer Ozon-Behandlung ausgesetzt, um Geruchsspuren zu beseitigen. Die Gesamtkosten des Brandschadens beliefen sich laut damaliger Zeitungsberichte auf etwa 900 000 D-Mark, erst ein halbes Jahr nach dem Brand konnte die Bibliothek wieder öffnen.

Während der anfängliche Bestand von etwa 30 000 Medien bis heute gleich geblieben ist, sind die Ausleihzahlen der Zweigstelle im Laufe der Jahre stark gewachsen: 2002 gab es 70 400 Ausleihen, in diesem Jahr waren es 107 000 – ein Anstieg von über 50 Prozent. 34 000 Besucher hatte die Bibliothek im Jahr 2012.

Wer zur heutigen Feier um 14 Uhr kommt, kann übrigens mit einem kleinen Geschenk rechnen: Alle Neukunden erhalten eine kostenlose Monatskarte.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })