Landeshauptstadt: Stiftung am Heiligen See?
Wella-Erben kauften Villa Kellermann / Schicksal des Restaurants ungewiss
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Wella-Erben kauften Villa Kellermann / Schicksal des Restaurants ungewiss Der alte Besitzer der Villa Kellermann am Heiligen See, Johannes Rey, hatte einen Rechtsanwalt geschickt, Fernsehmoderator Günther Jauch, dem im Vorfeld der gestrigen Zwangsversteigerung Interesse am Kauf der Villa nachgesagt wurde, war auch erschienen – doch der Potsdamer versicherte am Ende, dass er weder selbst bieten wollte, noch einen Beauftragten ins Rennen geschickt habe. Spannung war angesagt bei der gestrigen Zwangsversteigerung des letzten öffentlich zugänglichen Grundstücks am Rande des Potsdamer Weltkulturerbes, um das in den vergangenen Jahren ein bizarrer Streit zwischen Eigentümer und Pächter Maximilian Dreier tobte. Dessen italienisches Nobelrestaurant war Rey – der aus der Villa eine Spielbank machen wollte – ein Dorn im Auge gewesen, doch trotz mannigfaltiger Schikanen und einer Prozesslawine hatte er Dreier als einzigen Mieter nicht aus dem Haus vertreiben können. Im November 2002 geriet das Kellermann-Haus unter Zwangsverwaltung, nachdem sich Rey, dem einst fünf Grundstücke am Heiligen See gehörten, wegen Gläubigerforderung in Millionenhöhe nach Italien abgesetzt hatte. Wenn nun die Nassauische Sparkasse als Gläubigerbank kommende Woche zustimmt, hat die Villa Kellermann nebst Grundstück einen neuen Besitzer. Hans-Joachim Sander hatte dabei leichtes Spiel. Nachdem ein Berliner gleich am Anfang die festgesetzte Mindestkaufsumme von 1,47 Millionen Euro bot, konterte Sander – nach quälend langen Minuten in dem völlig überfüllten Gerichtssaal – kurz vor Schluss der angesetzten Versteigerungszeit mit einer Summe von 1,8 Millionen Euro. Als der Konkurrent noch einmal 10 000 Euro draufpackte, erhöhte Sander für sich und seine Frau sofort auf 1,9 Millionen – und bekam den Zuschlag. Damit ist jedoch der Verkehrswert der Villa, der von der Bank mit 2,1 Millionen Euro angegeben wurde, nicht erreicht worden. Nur zwei Stunden später erwarb Sander auch das Nachbargrundstück Mangerstraße 36 für noch mal 1,7 Millionen Euro. Sander gehören bereits zwei Villen am Heiligen See. Der Kunstsammler, Inhaber von Galerien in Berlin und Darmstadt, ist Ehemann einer Erbin des Shampoo-Imperiums Wella, das im vergangenen Jahr für 3,2 Milliarden Euro an den US-Konzern Procter & Gamble verkauft wurde. In Berlin hatte er erst jüngst für Schlagzeilen gesorgt, als er Clärchens Ballhaus erwarb. Sander zeigte sich nach der Versteigerung jovial, obwohl er die Hoffnungen vieler Freunde des Hauses auf eine weitere öffentliche Nutzung ausbremste. Denn er kündigte an, das Haus privat nutzen zu wollen, „vielleicht als Sitz einer noch zu gründenden Stiftung“. Immerhin erklärte er, den Mietvertrag von Dreier, der noch bis zum Jahr 2010 gilt, „zu respektieren“. Er sehe auch keinen Grund, Dreier jetzt zu kündigen. „Ich wohne ja bereits am Heiligen See.“ Er sei nicht auf das Haus angewiesen. Allerdings komme es auch darauf an, welche Vorstellungen Dreier habe. Dreier wird sich allerdings nicht auf nette Worte verlassen. Zur Zwangsversteigerung hatte er schon mal bei Gericht vorsorglich erste Argumente gegen eine mögliche Sonderkündigung eingereicht: geleistete Mietvorauszahlungen in Höhe von 37 000 Euro und Abrechnungen über Investitionen in Höhe von über 30 000 Euro. Dreier will das Restaurant auf jeden Fall weiterführen. Falls Sander vom Sonderkündigungsrecht Gebrauch macht, dürfte es also neue juristische Auseinandersetzungen um die Villa geben, deren phantastische Lage gegenüber dem Marmorpalais im Neuen Garten viele Potsdam-Gäste anzieht. Flüchtling Rey, der nun alle Grundstücke am Heiligen See verloren hat, wird Potsdam bald besuchen müssen. Am 25. Februar steht er, u. a. wegen eidesstattlicher Falschaussage und wirtschaftlicher Nötigung, vor Gericht. Außerdem klagte Dreier auf Rückzahlung von 37 000 Euro an Betriebskosten, die Rey falsch berechnet hatte. Der Versuch, das Gehalt des 51-Jährigen beim neuen Arbeitgeber zu pfänden, schlug jedoch fehl. Die Begleitagentur, bei der Rey seit einiger Zeit unter dem Namen Giova seine Dienste anbietet, teilte Dreier mit, dass man nichts pfänden könne. Bei Giova sei es „bisher noch nie zu einer Buchung gekommen, also auch nicht zu einer Honorarzahlung“.
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