
© Andreas Klaer
Ladenöffnungszeiten in Brandenburg: Stillstand in Debatte um Sonntagsöffnung
Auch sieben Monate nach einer Ankündigung von Ministerpräsident Dietmar Woidke gibt es noch keinen Kompromiss, der Handelsverband zeigt sich darüber irritiert. Potsdam arbeitet trotzdem schon an einer neuen Verordnung für verkaufsoffene Sonntage.
Stand:
Potsdam - Die angekündigte Lockerung der Ladenöffnungszeiten in Brandenburg kommt nicht voran. Auch sieben Monate nach einer entsprechenden Ankündigung durch Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hat die rot-rote Landesregierung noch nicht entschieden, wie das künftige Gesetz aussehen soll. Der politische Willensbildungsprozess zu dieser Frage sei noch nicht abgeschlossen, sagte die Sprecherin des Arbeitsministeriums, Marina Ringel, den PNN. Der Handelsverband Berlin-Brandenburg (HBB) reagierte irritiert auf die schleppende Umsetzung.
Im Januar hatte Woidke überraschend ein Ende der restriktiven Haltung der Landesregierung bei den verkaufsoffenen Sonntagen in Aussicht gestellt und Gespräche darüber angekündigt. Denkbar wäre es, die Möglichkeit einer stadtteilbezogenen Ladenöffnung im bestehenden Gesetz zu verankern, sagte er auf dem HBB-Neujahrsempfang in Potsdam. Eine Forderung, die gerade die Landeshauptstadt in den vergangenen Jahren durchsetzen wollte, um damit die Zahl der verkaufsoffenen Sonntage faktisch auf zehn zu erhöhen – bislang vergeblich. Nach der aktuellen Regelung sind sechs verkaufsoffene Sonntage für das gesamte Stadtgebiet möglich. Neu wäre, dass an bis zu zehn Sonntagen in einzelnen Stadtteilen, etwa zu Festen oder Jahreszahlen, die Geschäfte öffnen könnten, allerdings an nicht mehr als sechs Sonntagen pro Stadtteil.
Unterschiedliche Sichtweisen
Ministeriumssprecherin Ringel zufolge fanden die Gespräche zwischen dem Wirtschafts- und Sozialministerium sowie Vertretern der Industrie- und Handelskammer (IHK) Cottbus, des Städte- und Gemeindebundes, der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi und der Kirchen mittlerweile statt. Dabei seien die „unterschiedlichen Sichtweisen der Beteiligten deutlich geworden“. Ob es zu einer Lockerung der Ladenöffnungszeiten kommt, ist damit weiterhin noch nicht entschieden.
Die bisherige Regelung, die eine stadtteilbezogene Sonntagsöffnung ausschließt, habe sich grundsätzlich bewährt. Das bestehende Ladenöffnungsgesetz stelle aus der Sicht der Landesregierung eine „sowohl die Interessen des Handels als auch die der Bürger, Verbraucher und Beschäftigten berücksichtigende zufriedenstellende Lösung dar“, hieß es aus dem linken-geführten Arbeitsministerium, das damit eine gänzlich andere Position einnimmt als das SPD-geführte Wirtschaftsministerium.
Handelsverband hofft auf Ministerpräsident Woidke
„Überrascht“ reagierte der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes, Nils Busch-Petersen, auf die Unstimmigkeiten. „Ich vertraue auf die Worte des Ministerpräsidenten“, sagte er den PNN. Im Januar habe Woidke unmissverständlich in Aussicht gestellt, dass die Ladenöffnungszeiten geändert würden. Er hoffe nun auf eine Entscheidung im Sinne der Kunden, Einzelhändler und Mitarbeiter. Ziel müsse es sein, noch in diesem Jahr für 2017 eine Planungsgrundlage zu bekommen. Dabei habe die ortsteilbezogene Ladenöffnung „höchste Priorität“, so Busch-Petersen. Mehr als die bislang erlaubten sechs verkaufsoffenen Sonntage fordert auch der HBB derzeit nicht.
Kritiker wie die Gewerkschaften und die Kirchen befürchten eine höhere Belastung der Mitarbeiter im Einzelhandel durch mehr verkaufsoffene Sonntage. So gebe es kaum Kontrollen, profitieren würden in der Regel nur die großen Handelsketten. Für die Beschäftigten, zum großen Teil Frauen, dagegen würden solche Regelungen fast immer eine Verschlechterung mit sich bringen. Auch würden viele Alleinerziehende im Handel arbeiten, die dann Schwierigkeiten hätten, ihre Kinder unterzubringen. Der Handelsverband befürchtet Wettbewerbsnachteile gegenüber Berlin. Eine Regelung wie in der Bundeshauptstadt, wo die Geschäfte grundsätzlich an zehn Sonntagen öffnen können, ist nicht geplant.
Potsdam bereitet neue Verordnung vor
Unterdessen wartet die Stadt Potsdam erst einmal ab – und bereitet schon mal eine neue Verordnung für das kommende Jahr vor. Man verfolge mit großem Interesse die gegenwärtigen Diskussionen und Aktivitäten auf Landesebene, sagte der Leiter der Wirtschaftsförderung, Stefan Frerichs, laut einem Stadtsprecher. Die Stadtverwaltung unterstütze ausdrücklich eine Ausweitung der Ladenöffnungszeiten. Die Verordnung müsste von den Stadtverordneten beschlossen werden. „Sie orientiert sich in etwa an der diesjährigen Regelung“, so Frerichs.
In den vergangenen Jahren hatte das Arbeitsministerium die Satzungen der Stadt Potsdam zur Sonntagsöffnung regelmäßig kassiert, weil diese stadtteilbezogene Ladenöffnungen an mehr als sechs Sonntagen vorsahen. 2015 war der Streit dann eskaliert und landete wie berichtet sogar vor Gericht. Dort wurde einer Klage von Verdi stattgegeben und ein bereits anberaumter verkaufsoffener Sonntag kurzfristig verboten. Dies hatte vor allem bei den Einzelhändlern für großen Ärger gesorgt.
Stefan Engelbrecht
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: