Landeshauptstadt: Stolpe kümmert sich ums Bewegungsbad
In Bürgerversammlung mit dem Bundesminister standen örtliche Probleme im Mittelpunkt
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In Bürgerversammlung mit dem Bundesminister standen örtliche Probleme im Mittelpunkt Von Erhart Hohenstein Als Ministerpräsident ist Manfred Stolpe manchmal vorgeworfen worden, in Brandenburg eine „kleine DDR“ erhalten zu wollen. Am Dienstagabend erlebte der jetzige Verkehrs- und „Ost“minister im Humboldt-Gymnasium eine vom SPD-Spitzenkandidaten für den Wahlkreis 4, Mike Schubert, initiierte Bürgerversammlung, die DDR-Wahlveranstaltungen ähnelte. Selbst die redegewandten älteren Teilnehmer kratzten kaum an der großen Politik, obwohl Renten- und Gesundheitsreform der Bundesregierung ihnen tief in den Beutel zu greifen drohen. Dagegen brachten sie jede Menge lokale Missstände vor. Dazu zählen die Staus am Bahnübergang Rehbrücke. Dort müsse eine Unterführung hin. Sie sei schon 1983/84 einmal geplant gewesen. Ärgernis erzeugt ebenso der Leerstand der nach der Wende als Residence-Hotel genutzten ehemaligen SED-Bezirksparteischule, die nun zum Treffpunkt von Rowdys und Vandalen geworden sei. Gleiches treffe auf den Gaststättenkomplex „Am Stadttor“ nahe dem Brandenburger Tor zu. Dort sei der Betreiber von der Treuhandliegenschaftsgesellschaft (TGL) kurzfristig gekündigt worden, was den intimen Platzraum verarmen lasse und für die Touristen entwerte. Umweltschützer wandten sich gegen den Ausbau des Sacrow-Paretzer Kanals im Verkehrsprojekt 17 und die Netzverknüpfung zwischen den Bundesstraßen 1, 2 und 273. Der Bundesminister, bekanntlich selbst Potsdamer, zeigte sich über die örtlichen Probleme bestens informiert und vermied routiniert irgendwelche Zusagen. Um das geschlossene Bewegungsbad im Oberlinhaus will er sich allerdings selbst kümmern, da er dort im Kuratorium sitzt. Für die Netzverknüpfung erwarte er eine klare Meinungsäußerung der Stadt. Beim Kanalausbau müsse man bedenken, dass die Gütertransporte sich mit der Osterweiterung der EU verdoppeln werden. Ansonsten wurden die Probleme als Arbeitsaufträge an Mike Schubert weitergeben. In der DDR-Zeit hießen sie Wähleraufträge, und es bleibt wie damals abzuwarten, inwieweit sie erfüllt werden. Die Unterführung am Bahnhof Rehbrücke wird es schon mal nicht geben. Sie würde 25 Millionen Euro kosten. Wegen „Residence“ und „Stadttor“ will Schubert Anfragen an die Stadtverwaltung richten. Das überzeugte wohl nicht alle Teilnehmer, denn es wurde gefordert, die in der DDR geltende Rechenschaftspflicht der Abgeordneten gegenüber ihren Wählern wieder einzuführen. Immerhin wurde durchaus anerkannt, dass Potsdam auf dem Weg zurück zu einer der schönsten Städte Deutschlands Fortschritte gemacht hat. Der Teilnehmerkreis folgte damit der Einschätzung Stolpes (und des Bundeskabinetts), die Dresden, Leipzig und eben Potsdam mit ihrem jeweiligen Umland an der Spitze des Aufholprozesses gegenüber dem Westen sieht.
Erhart Hohenstein
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