Landeshauptstadt: Streit um Fernwärme-Rechnungen
Potsdamer Firma Danpower leistet Rückzahlungen. Ein Fall beschäftigt jetzt den Bundesgerichtshof
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Gross Glienicke - Höhere Preise für Strom, Gas oder Heizung sind häufig unerfreuliche Begleiterscheinungen des Jahreswechsels. Für zahlreiche Groß Glienicker kam es diesmal anders. Vom Fernwärmeversorger Danpower gab es Geld zurück. Mit der Jahresrechnung flatterte ihnen für 2013 statt der sonst üblichen Nachzahlung die Ankündigung einer Rückerstattung ins Haus. „Laut der alten Abrechnung hätte ich 170 Euro nachzahlen müssen. Stattdessen bekam ich 217 Euro zurück“, sagt ein Anwohner. Ein anderer berichtet von einer doppelt so hohen Rückerstattung.
Was war passiert? Zusammen mit der Rechnung bekamen alle Kunden ein Informationsschreiben von dem in der Potsdamer Charlottenstraße ansässigen Wärmeversorger. Darin heißt es, die Geschäftsführung habe entschieden, die erst ab 2014 gültige Preisregelung schon für das Jahr 2013 rückwirkend anzuwenden. „Aus Kulanz und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht“, heißt es in dem Schreiben. Mit der Anwendung der neuen Preisregelung auf das Jahr 2013 sei eine Reduzierung der Preise verbunden.
Etwa 80 Kunden in Groß Glienicke seien betroffen, teilt Danpower auf Nachfrage mit. Da bei Fernwärme der Hauseigentümer und nicht der einzelne Haushalt der Vertragspartner der Versorger ist, liegt die Zahl der betroffenen Endverbraucher höher. Danpower beliefert nach eigenen Angaben Kunden in 150 Städten und Gemeinden in Deutschland mit Fernwärme und versorgt so etwa 220 000 Haushalte. In Potsdam hat die Firma Privatkunden in der Innenstadt und in Groß Glienicke. Außerdem beliefert Danpower auch den RBB sowie den Filmpark in Babelsberg.
Dass Danpower im Vorjahr überhöhte Preise verlangt habe und nun zurückrudert, bestreitet Geschäftsführer Sven Schmieder auf Nachfrage. Das Unternehmen habe sich stets korrekt verhalten. „Wir haben immer vertragsgetreu abgerechnet“, so Schmieder. Das Unternehmen habe lediglich auf eine höchstrichterliche Rechtsprechung reagiert und seine Preisregelung entsprechend angepasst. „Und zwar freiwillig“, so Schmieder.
Mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist ein Urteil des Bundesgerichtshofs von 2011 gemeint. Damals hatte das höchste deutsche Gericht festgestellt, dass in Fernwärmerechnungen der Preis für das verwendete Gas nicht mehr an die Entwicklung des Ölpreises gekoppelt werden darf. Letzterer war zuvor gestiegen, während der Gaspreis teilweise sogar sank. Dennoch hatten viele Versorger höhere Kosten abgerechnet, als sie tatsächlich für das Gas hatten.
Für die Kunden sind überhöhte Preise für Fernwärme ein besonderes Ärgernis – denn sie können nicht einfach kündigen und den Anbieter wechseln. Fernwärmeversorger sind in ihrem Gebiet jeweils Monopolisten. Die Netze sind anders als bei Telefon- oder Stromanbietern kaum miteinander verknüpft. Und auf die Fernwärme einfach zu verzichten, geht auch nicht: Die Pflicht zur Abnahme ist in den Grundbüchern als sogenannte Dienstbarkeit eingetragen. Grund dafür sind die hohen Investitionen in die Netze. Außerdem sind Kraftwerke sehr viel effizienter, wenn sie nicht nur Strom, sondern auch Wärme erzeugen. Doch dafür braucht man Abnehmer.
Dass er Fernwärme zwangsweise bezieht, ärgert auch den Groß Glienicker Harald Krebs. Mit einer eigenen Gasheizung käme er viel billiger weg, sagt er. Krebs fechtet mit Danpower schon seit Jahren einen Strauß aus. Am kommenden Mittwoch stehen sich beide Seiten vor dem Bundesgerichtshof gegenüber. Es geht um Rechnungen aus den Jahren 2008 bis 2010. Krebs hatte von Danpower eine Rückerstattung in Höhe von 1472 Euro gefordert. Die Firma habe den Preis nicht korrekt berechnet, so der Vorwurf. Im Herbst 2013 urteilte das Potsdamer Landgericht in dem Fall. Die von der Firma Danpower gegenüber dem Kläger für das Jahr 2010 ausgesprochene Preisanpassung sei unwirksam, so das Gericht. Die Preiserhöhung habe sich am Preis für leichtes Heizöl orientiert, obwohl Danpower seit 2010 Erdgas bezog, das nicht an den Preis für Heizöl gebunden war.
Recht bekam der Groß Glienicker in Potsdam jedoch nur in Bezug auf eines von zwölf Quartalen. In allen anderen habe das Unternehmen den Preis korrekt berechnet. Deswegen müsse der Kläger anteilig 91 Prozent der Prozesskosten übernehmen. Krebs legte am Bundesgerichtshof Revision ein. „Das lassen wir jetzt klären“, so der 56-Jährige.
Bekommt Krebs in Karlsruhe in Bezug auf weitere Quartale recht, könnte sich die Grundsatzentscheidung auch auf andere Versorger und ihre Kunden auswirken. Bei der Energie und Wasser Potsdam (EWP), die die meisten Potsdamer Haushalte mit Fernwärme versorgt, ist man dennoch entspannt. Man biete grundsätzlich nur Festpreise mit einer Preisbindung von einem oder drei Jahren an.
Die EWP veröffentliche als eines der wenigen Fernwärmeversorgungsunternehmen die Fernwärmepreise auf ihrer Internetseite. Preisanpassungsklauseln gebe es nur in Ausnahmefällen und auf Kundenwunsch, so die EWP. „Derzeit sind nur für vier von mehr als 2000 Versorgungsverträgen derartige Klauseln vertraglich geregelt“, so EWP-Sprecher Stefan Klotz. Lediglich die verbrauchte Wärmemenge könne zu Nach- oder Rückzahlungen führen.
Ohnehin sei die EWP vergleichsweise günstig, so Klotz. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Wibera erhebe halbjährlich bundesweit die Fernwärmepreise. Bei einem Vergleich von Versorgungsunternehmen ähnlicher Größe sei die EWP in den letzten Jahren und auch aktuell einer der günstigsten Wärmelieferanten.
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