
© Andreas Klaer
Muslimische Gemeinde in Potsdam: Suche nach Standort für neue Moschee
Die Stadt Potsdam und das Land Brandenburg suchen eine Lösung für die muslimische Gemeinde. Staatliches Geld wird es aber wahrscheinlich nicht geben und auch die Stadt wird keine neue Moschee bauen können.
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Potsdam - Stadtverwaltung und Land suchen nach einem Standort für eine neue Moschee in Potsdam. Am gestrigen Montag war Potsdams Sozialbeigeordneter Mike Schubert (SPD) deshalb zu einem ersten Gespräch beim brandenburgischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst (MWFK), das für die Zusammenarbeit mit Religionsgemeinschaften zuständig ist. Ein Ergebnis gab es am Montag noch nicht. Die Gespräche sollen aber fortgesetzt werden, bestätigten Stadtverwaltung und MWFK auf PNN-Anfrage.
Gebetsraum für 500 Menschen und kleinere Räume benötigt
Auch der Potsdamer Imam Kamal Mohamad Abdallah ist optimistisch. Man brauche hauptsächlich einen großen Gebetsraum für etwa 500 Menschen. Dazu wären kleinere Räume für Unterricht nötig sowie ein Begegnungsraum, in dem sich auch Muslime und Nichtmuslime treffen können. Es komme nicht darauf an, wie das Gebäude von außen aussehe oder ob es ein Minarett gebe. Selber bauen kann die Gemeinde eine Moschee nicht. Man finanziere sich ausschließlich aus Spenden, so Abdallah. An finanzstarke Gönner aus dem Ausland, wie es einige Gemeinden in Deutschland bereits getan haben, wolle man sich nicht wenden. „Wir wollen unabhängig bleiben.“
Hintergrund ist der zunehmende Platzbedarf der wachsenden muslimischen Gemeinde in Potsdam. Bisher nutzt die Gemeinde mehrere kleinere Räume im Erdgeschoss eines Wohnblocks in der Straße Am Kanal. Doch besonders zu den Freitagsgebeten stieß die Al Farouk Moschee in diesem Jahr an ihre Grenzen. Zahlreiche Gläubige konnten am Freitagsgebet nur auf dem Bürgersteig teilnehmen. Was im Sommer möglich ist, war jedoch für die kalte Jahreszeit keine Alternative. Die Stadt sorgte deshalb kurzfristig für Abhilfe und stellte die Orangerie der Biosphäre als Provisorium zur Verfügung. In der vorletzten Woche beteten dort etwa 350 Gläubige. Am vergangenen Freitag sei es etwas voller gewesen, so Abdallah. Es hätten auch ein paar Frauen, für die das Freitagsgebet anders als für die Männer nicht verpflichtend sei, erstmals am Gebet in der Biosphäre teilgenommen. „Es spricht sich herum.“
Ausnahme: Synagoge in Cottbus
Einen Moscheebau auf Staatskosten wird es aber wahrscheinlich nicht geben. Das macht das MWFK auf Nachfrage deutlich: „Religionsgemeinschaften sind gehalten, die von ihnen benötigten Gebäude mit eigenen Mitteln zu errichten, zu erwerben oder zu mieten.“ Das Land habe bislang in einem Fall den Erwerb eines Sakralgebäudes unterstützt, nämlich der Synagoge in Cottbus. Dies sei aufgrund der geschichtlich bedingten Verantwortung des Landes geschehen, zum Wiederaufbau jüdischen Lebens in Brandenburg beizutragen. Aus dem gleichen Grund habe sich das Land bereit erklärt, für die Errichtung einer Synagoge in Potsdam Mittel bereit zu stellen, so ein Ministeriumssprecher. Allerdings unterstützt das Land auch die Sanierung maroder Kirchen, deren Pflege in der DDR-Zeit vom SED-Regime behindert wurde. „Mit den eingesetzten Mitteln wird der Erhalt dieser kulturgeschichtlichen Denkmale unterstützt“, hieß es.
Auch die Stadt wird der Gemeinde wohl kaum eine neue Moschee bauen können. Das wäre eine freiwillige Leistung, die erstens die Stadtverordneten beschließen müssten und die angesichts von Investitionskosten im dreistelligen Millionenbereich für Schulen und Infrastruktur in den kommenden Jahren auch kaum durchsetzbar wäre.
Stadt könnte bei Standortsuche helfen
Deshalb sucht man offenbar nach einer kleineren Lösung. Die Stadt könnte der Gemeinde bei der Standortsuche behilflich sein, eventuell ein Grundstück oder Gebäude im Eigentum der Stadt oder eines städtischen Unternehmens günstig zur Verfügung stellen. Auch die Gemeinde wäre zu dieser Lösung bereit. „Wenn es ein konkretes Projekt gibt, können wir Spenden dafür sammeln“, so der Imam.
Ideen zum Standort hat es bereits vor mehr als einem Jahr gegeben. Denn dass die Räume der einzigen Potsdamer Moschee viel zu klein sind, ist schon seit einem Jahr bekannt. Im Oktober 2015 hatte Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) ein Freitagsgebet besucht und den Muslimen die Hilfe der Stadt versprochen. Seinerzeit waren unter anderem ein ehemaliger Supermarkt im Bisamkiez sowie eine Brache neben der RAW-Halle in der Friedrich-Engels-Straße im Gespräch, so Abdallah. Letzteres könnte nun wieder ein Thema werden.
Denn dass es beim Freitagsgebet voll ist, kommt nicht von ungefähr: Allein im vergangenen Jahr sind in Potsdam etwa 1500 Flüchtlinge angekommen – die meisten davon aus islamisch geprägten Ländern. „Unsere Gemeinde hat sich in einem Jahr verdreifacht“, so Abdallah. Es kämen auch Gläubige aus anderen Teilen Brandenburgs dazu. Er geht von mindestens 1000 Muslimen in Potsdam aus. Wie viele es genau sind, ist schwer zu sagen. Amtlich wird nur die Zugehörigkeit zu den christlichen Konfessionen erfasst – wegen der Kirchensteuer, so ist es in den Staatsverträgen mit der katholischen und der evangelischen Kirche geregelt. Andere Glaubensbekenntnisse bleiben hingegen Privatsache.
In der Moschee soll auch an der Integration gearbeitet werden
Abdallah geht es jedoch nicht nur ums Beten. Die Moschee soll auch ein Raum sein, in dem an der Integration gearbeitet werden kann. Wenn die Leute sich nicht in Potsdam treffen können, gingen sie vielleicht woanders hin. „Und wir wissen nicht, was dort gelehrt wird“, so der Imam, der immer wieder das friedliche Miteinander der Religionen und Kulturen zu predigt. Gerade unter den Geflüchteten seien viele junge Menschen und Jugendliche, so der Imam. Ihnen müsse man zeigen, wie das Leben in Deutschland funktioniert. Die Aufgaben für die Gemeinde seien gewachsen.
Brandenburg ist nicht gerade ein Zentrum muslimischen Lebens in Deutschland – wie auch die anderen östlichen Bundesländer es nicht sind. Noch 2009 führte eine Studie des Bundesamtes für Migration aus, dass 98 Prozent der Muslime in Deutschland in den westlichen Bundesländern und in Berlin leben– eine Folge der deutschen Teilung. Wenn es überhaupt muslimische Gemeinden gibt, sind sie klein. Doch mit der Verteilung der Flüchtlinge auf die Bundesländer ist seit 2015 etwas in Bewegung geraten.
Ganz neu sind Moscheen in Brandenburg jedoch nicht – im Gegenteil. So war 1915 in Wünsdorf (Teltow-Fläming) eine Moschee für muslimische Kriegsgefangene errichtet worden. Der Holzbau soll sogar ein 23 Meter hohes Minarett gehabt haben. Mitte der 1920er-Jahre wurde er wieder abgerissen. Im vergangenen Jahr gruben Archäologen die Reste aus. Und sogar zu Zeiten des Soldatenkönigs Friedrich-Wilhelm I. soll es einen Gebetsraum im Langen Stall gegeben haben.
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