zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Tierisch erfolgreich

Die Babelsberger Produktionsfirma „Dokfilm“ dreht für die ARD die Serie „Panda, Gorilla & Co“

Stand:

An manchen Abenden dringt aus jedem Raum ein anderes Geräusch. Dann kreischt, grunzt, quiekt und blubbert es, und der lange Flur vor den Schnitträumen der Babelsberger Firma „Dokfilm“ verwandelt sich für mehrere Stunden in einen Zoo mit vielen verschiedenen Gehegen. In jedem der vier Schnitträume sitzen Cutter vor ihren Bildschirmen und sichten das Material, das die Drehteams tagsüber in Berlin im Tierpark in Friedrichsfelde und im Zoo in Tiergarten aufgenommen haben. Bis spät in die Nacht hinein wählen sie verschiedene Szenen aus und schneiden sie zu kleinen, 50-minütigen Geschichten und Episoden über das Leben der Tiere zusammen. Im Anschluss daran wird von einem Sprecher der dazugehörige Kommentar eingesprochen. Die fertige Folge wird dann von einem Redakteur des Senders RBB abgenommen – und gelangt zur Ausstrahlung.

Seit Mitte April läuft werktags im Nachmittagsprogramm der ARD zwischen 16.10 und 17 Uhr die Sendung „Panda, Gorilla & Co – Geschichten aus dem Zoo Berlin und dem Tierpark Berlin“, die von der im FX Center im Filmpark Babelsberg ansässigen Firma „Dokfilm“ produziert wird. Die 40-teilige Reihe, die seit März produziert wird und noch bis zum Beginn der Fußballweltmeisterschaft läuft, erzählt Geschichten von Pflegern und ihren Tieren, die oftmals kurios und spannend, manchmal aber auch traurig sind. Zu sehen ist etwa, wie sich Elefantenmutter Sabah auf die Geburt ihres Jungen vorbereitet oder wie Okapi Henry lernt, in eine Transportkiste zu gehen, um in den Wuppertaler Zoo gebracht zu werden, in dem er von zwei Weibchen erwartet wird.

„Wir erzählen separate Geschichten, die miteinander verflochten sind. 90 Prozent davon ist Realität, der Rest Dramaturgie“, sagt Frank Schmuck, Herstellungsleiter der Firma. Er beaufsichtigt, plant und koordiniert die Produktion, in die insgesamt 30 Mitarbeiter eingebunden sind. In verschiedenen Schichten arbeiten sie fast rund um die Uhr: Früh morgens, wenn die Tierpfleger mit ihrer Arbeit in den Gehegen anfangen, dreht das Filmteam; abends, wenn sie mit vielen Kassetten in die Firma zurück kommen, übernimmt dann das Schnittteam die Arbeit.

„Der Auftrag ist für uns eine Riesenherausforderung, allein schon von der Logistik, die man braucht, um täglich 50 Minuten Fernsehproduktion zu stemmen“, sagt Geschäftsführer Volker von der Heydt. Am Ende der Produktion, wenn die letzte Folge abgedreht ist, werden ungefähr 30 000 Minuten Film zusammengekommen sein. „Wir haben uns auf einen Marathon eingelassen. Das Ganze ist eine ziemliche Materialschlacht“, so von der Heydt. Um diese Schlacht auch durchzustehen, hat sich die Firma eigens einen neuen Server angeschafft, auf dem das gesamte Drehmaterial gespeichert werden kann.

Die Arbeit mit Tieren ist für das Team jedoch nicht neu. Seit Jahren produziert „Dokfilm“ für den RBB die erfolgreiche und beliebte Serie „Tierzuliebe“, und schon Mitte der 90er Jahre betreute das Unternehmen die Reihe „Tiere suchen Menschen“, damals noch für den ORB. Seit 2003 realisiert die Firma das Projekt „96 Stunden“, eine Sendung, in der von freiwilligen Helfern innerhalb der vorgegebenen Zeit jeweils ein bestimmtes Projekt umgesetzt werden soll. In der Vergangenheit sind so beispielsweise schon ein Seniorentanzsaal in Potsdam oder ein Tastgarten für Blinde in Berlin entstanden. Das Union Hilfswerk zeichnete die Sendung nun mit der „Goldenen Verdienstmedaille“ aus: Neben immateriellen Werten seien durch sie Sachwerte von über einer Millionen Euro geschaffen worden, heiß es in der Begründung.

„Man muss auf mehreren Standbeinen stehen, um sich im Mediengeschäft durchzusetzen“, sagt Geschäftsführer von der Heydt. In seinem gläsernen Eckbüro mit Blick über den Filmpark Babelsberg leitet er die Firma seit vergangenem November. Als ehemaliger Fernsehdirektor des ORB weiß er um die Anforderungen an Film- und Fernsehproduktionen – ein Vorteil, als es um die Ausschreibung des Sendeplatzes im ARD-Programm ging, um das sich von der Heydt und seine Mitarbeiter mit ihrer Tierserie beworben hatten.

Gearbeitet wird bei „Dokfilm“ nach dem Produzentensystem: Das Kernteam wird je nach Produktion verstärkt. „Wir kaufen uns nach Bedarf kreativen Sachverstand dazu“, sagt Herstellungsleiter Frank Schmuck, der seit 2001 in dem Unternehmen arbeitet. Dieser ist etwa beim Dreh für den „Polizeiruf 110“, für den „Dokfilm“ bereits drei Folgen produziert hat, genauso erforderlich wie bei der täglichen Show im Fernsehstudio 1 des Filmparks Babelsberg. Dabei bietet sich die Zusammenarbeit mit anderen, auf dem Gelände ansässigen Firmen an.

Derzeit werden bei „Dokfilm“ jedoch alle Kräfte für die Fertigstellung von „Panda, Gorilla & Co“ gebündelt. Die Serie, die als Nachfolger für die Talkshow von Jürgen Fliege läuft, erzielt einen Marktanteil zwischen 15 und 19 Prozent. Ein Erfolg, der durch eine Option auf Verlängerung eventuell fortgesetzt werden soll.

Eine Fortsetzung käme den Mitarbeiter von „Dokfilm“ sehr gelegen, nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen. „Mittlerweile sind einem die Tiere ans Herz gewachsen“, sagt Herstellungsleiter Frank Schmuck. So sei man kürzlich betrübt gewesen, als ein kleiner Kiwi verstarb. Dafür stand dann aber auch schon wieder ein anderes, freudiges Erlebnis bevor: die Geburt eines Malaien-Bärs.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })