Landeshauptstadt: Traumberuf Lehrer?
Sie sind die Trainer der Generation Zukunft, Lebensflüsterer für Kinder und Jugendliche. Es gibt wenige Berufe, in denen Berufung so viel zählt wie bei den Pädagogen.
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Sie sind die Trainer der Generation Zukunft, Lebensflüsterer für Kinder und Jugendliche. Es gibt wenige Berufe, in denen Berufung so viel zählt wie bei den Pädagogen. Soviel zur Theorie. Aber wie sieht die Realität an Brandenburger Schulen in Zeiten von Stellenkürzungen eigentlich aus?
Denn Fakt ist: Die Anzahl der Lehrerstellen im Land Brandenburg soll in den kommenden fünf Jahren um 4000 gesenkt werden. Neueinstellungen wird es – wie in den letzten Jahren – weiterhin kaum geben. Die Aussichten für Absolventen, an einer staatlichen Schule im Land Brandenburg arbeiten zu können, werden nicht besser. Absolventen wandern ab, Lehramtstudenten beklagen die Perspektivlosigkeit für ihren Job.
„Man stellt sich schon darauf ein, wandern zu müssen, obwohl ich gern in Potsdam bleiben würde“, sagt zum Beispiel eine Lehramtsstudentin der Uni Potsdam, die kurz vor dem Examen steht. Dass Lehrer nach der akademischen Ausbildung die Landeshauptstadt verlassen, ist längst kein Einzelfall mehr (siehe Text rechts). So haben von 23 Referendaren eines Hauptseminars – es gab 2006 zwei solcher Seminare –, die das Referendariat im vergangenen Jahr beendeten, gerade einmal fünf einen Job in Potsdam gefunden. „Versucht haben es alle“, erinnert sich Frank Siegmeier, der in Potsdam geblieben ist und momentan ein Jahrestreffen mit seinen ehemaligen Kommilitonen vorbereitet. „Es war von vornherein klar, dass die meisten hier nichts bekommen“, erklärt der Gymnasiallehrer. Für die Arbeit sind seine Kommilitonen nicht nur innerhalb der Bundesrepublik umgezogen. Sechs von ihnen sind sogar ins Ausland gegangen. „Kairo, Moskau, Argentinien, Schweden, Schweiz“, zählt Siegmeier auf.
Knapp 21 000 Lehrer unterrichten derzeit an Brandenburger Schulen. Bis 2015 wird sich das im Wesentlichen auch nicht ändern, teilte das Bildungsministerium auf Anfrage mit. Denn erst in acht Jahren werden neue Lehrer wirklich gebraucht und eingestellt. Bis dahin wird das System bleiben wie es bisher ist: 20 964 Lehrer, davon 13 366 mit einer Ausbildung in der DDR und davon wiederum knapp die Hälfte so genannter LuKse – eine vierjährige Ausbildung nach der 10. Klasse am Institut für Lehrerbildung für Lehrer unterer Klassen in der DDR.
Kaum verwunderlich also, dass Brandenburgs Pädagogen im Durchschnitt über 48 Jahre alt sind. Damit sind sie nicht nur älter als ihre Kollegen in anderen Bundesländern: Zwei Drittel von ihnen arbeiten außerdem nur Teilzeit. „Das macht sich in der Vergütung bemerkbar“, betont ein Betroffener, der 67 Prozent arbeitet. Auch wenn ihm Unterrichten Spaß mache und er gerne jede Nacht Stunden vorbereite: „Man will das auch entlohnt wissen.“
Der Grund für solche Verträge liegt in der demografischen Entwicklung: Etwa 200 neue Lehrer stellt das Land Brandenburg derzeit jährlich ein – obwohl es gar keinen Bedarf gibt. Dies sei eine Maßnahme, um dem erwarteten Knick in acht Jahren vorzubeugen, erklärt Stephan Breiding vom Bildungsministerium. Denn nach der Reduzierung der Stellen auf 17 200 bis zum Jahr 2013 werden ab 2015 jährlich bis zu 1000 Lehrer in den Ruhestand verabschiedet. Ihre Stellen sollen den Planungen nach adäquat aufgefüllt werden, da laut Ministerium mit einer stabilen Schülerzahl zu rechnen ist.
Bislang baut das Land staatliche Schulen allerdings weiter ab. Selbst in der Landeshauptstadt sind ein Dutzend Schulen geschlossen worden, weil weniger Kinder zur Welt kommen als während der DDR-Zeit. Etwa 26 000 Schüler lernten im vergangenen Schuljahr in den zehnten Klassen der Brandenburger Schulen – Jugendliche der Jahrgänge 1989/90. In diesem Jahr sank die Zahl der Zehntklässler auf knapp 20 000. Es ist der erste Nachwendejahrgang. Die Talsohle dieser Entwicklung wird in zwei bis drei Jahren erwartet, wenn nur noch 15 000 Schüler pro Jahrgang einen Abschluss machen. Ab 2015 wird die Zahl nach der Prognose des Ministeriums jedoch wieder auf 20 000 ansteigen und dort einpendeln. Und das bringt neue Chancen – auch für die Lehrer. Jan Brunzlow/Jana Haase
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