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Von Thomas Gantz: Trendsetter unter Zugzwang

Der Volleyball-Bundesligist VfB Suhl gastiert heute Abend beim SC Potsdam

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In der Volleyball-Bundesliga der Frauen war vor Saisonbeginn ein klarer Trend zur Internationalisierung auszumachen. Während einige Spielerinnen der deutschen Nationalmannschaft mittlerweile bei Klubs in Russland, Tschechien, Italien, der Türkei oder gar im fernen Aserbaidshan unter Vertrag stehen, verzeichnete die Liga den Zugang von insgesamt 41 Ausländerinnen. Mit dem VfB Suhl gastiert heute Abend einer der Vorreiter dieser Entwicklung beim derzeitigen Tabellenführer SC Potsdam (20 Uhr, Sporthalle Heinrich-Mann-Allee). Der diesjährige Pokalfinalist und Meisterschafts-Sechste stützt sich mehr denn je auf eine serbische Fraktion von nunmehr insgesamt sechs Spielerinnen, die um die kroatische Libera Lucija Cigic und die tschechische Diagonalspielerin Vendula Merkova ergänzt werden.

Hintergrund dieser extremen Fixierung auf Spielerinnen eines Kulturkreises sind wirtschaftliche und auch geographische Zwänge. Deutsche Spitzenspielerinnen sind für den ambitionierten thüringischen Bundesligisten derzeit nicht zu bezahlen. Hinzu kommt, dass die 40000-Einwohner-Stadt Suhl selbst nur einen eher gemächlichen Lebensrhythmus zu bieten hat. Oder anders ausgedrückt: „Da ist eben nicht viel los“. Festgestellt hat dies auch Charlene Spieß, die zwischen 2005 und 2007 in Suhl unter Vertrag stehende Universalspielerin des SC Potsdam. „Dem VfB Suhl fiel es immer schon schwer, deutsche Spielerinnen für sich zu begeistern“, erinnert sich die 24-Jährige, die sich mittlerweile stärker als in den Vorjahren auf ihr Wirtschaftsingenieur-Studium an der Technischen Universität in Berlin konzentriert.

Charlene Spieß hat als sogenannte stand-by-Spielerin für das Mannschaftstraining des SC Potsdam keine Anwesenheitspflicht mehr und hat sich nach eigenem Bekunden mit ihrer neuen Rolle beim hiesigen Bundesligisten arrangiert. „Ich fühle mich besser, seitdem ich nicht mehr so intensiv trainiere“, bemerkte die gebürtige Potsdamerin, die vor einigen Tagen mit einem Augenzeugen des Bundesliga-Auftaktes des VfB Suhl gegen Stuttgart telefoniert hatte. Suhl hatte dabei in eigener Halle beim 0:3 keine Chance und tat sich vier Tage später auch im DVV-Pokal schwer. Immerhin reichte es dort dank eines 3:2 beim Süd-Zweitligisten SV Lohhof für den Viertelfinaleinzug.

Was vom heutigen Abend zu erwarten ist? Charlene Spieß hat ihren Mitspielerinnen nach den 3:0-Siegen in der Meisterschaft über die beiden Berliner Erstligisten einen verstärkten Behauptungswillen ausgemacht. „Wir wollen uns schon noch ein Weilchen an der Tabellenspitze aufhalten und werden uns nicht mal eben so einfach von dort verdrängen lassen“, sagt sie und ist damit wesentlich zuversichtlicher als SC-Cheftrainer Michael Merten, der zu bedenken gibt, dass der VfB Suhl vom Potenzial her seinem Team weit überlegen sei. „Wir benötigen einen wirklich sehr guten Tag, um eine realistische Chance zu haben. Suhl befindet sich schon unter Zugzwang und wird hier sehr konzentriert auftreten“, prophezeiht Merten, der heute ebenso wie die direkt zum Spiel anreisenden Gäste Bestbesetzung aufbieten kann. Zu sehen sind heute Abend auch zwei aktuelle Nationalspielerinnen: Beim SC Potsdam ist dies Patricia Grohmann, beim VfB Suhl Libera Suzana Cebic, die bei der WM in Japan mit Serbien Achte wurde.

Thomas Gantz

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