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Von Kay Grimmer: Uetz-Paaren, „Wahlgrab“ der Parteien

Wie wählte Potsdam bei der OB-Wahl 2002 und bei der Kommunalwahl 2008 – als erstmals die neuen Ortsteile über die Politik in der Stadt mitbestimmten

Stand:

Rot! Auf diese Grundfarbe einigte sich die übergroße Mehrheit der Potsdamer Wähler bislang bei ihren Wahlen schnell. Strittig blieb bislang lediglich die Frage um SPD-Rot oder PDS/Linke-Rot.

Ganz deutlich wurde die Zerrissenheit über die Farbnuance bei der vergangenen Oberbürgermeisterwahl in der brandenburgischen Landeshauptstadt. In der Stichwahl waren es 122 Stimmen, die dem SPD-roten Kandidaten Jann Jakobs den Sieg über den damals noch PDS-, heute Linke-roten Hans-Jürgen Scharfenberg sicherten. Die fünf weiteren Kandidaten der OB-Wahl 2002 spielten schon im ersten Wahlgang kaum eine Rolle. CDU-Herausforderer Wieland Niekisch holte zumindest insgesamt noch ein zweistelliges Ergebnis. Doch selbst in der Berliner Vorstadt, Potsdams CDU-Hochburg, war Niekischs stadtweit bestes Ergebnis mit etwas über 25 Prozent eine Ernüchterung. Kein Vergleich mit den Höchstergebnissen von Jakobs und Scharfenberg im Jahr 2002: Der Sozialdemokrat holte in Sacrow über 52 Prozent der Stimmen, Scharfenbergs bestes Ergebnis lag bei 38 Prozent am Stern. Wie schwach die Christdemokraten 2002 aufgestellt waren, offenbart sich am Vergleich des schlechtesten Ergebnisses von Jakobs: Mit 42 Prozent in Potsdam-West holte er immer noch 17 Prozent mehr Stimmen als Niekisch in seiner Hochburg Berliner Vorstadt.

Die war 2002 auch FDP-Gebiet. Der Oberbürgermeisterkandidat Stefan Bauer errang im Villenstadtteil 4,14 Prozent – ein Splitterpartei-Ergebnis. Nur unwesentlich besser war auch Peter Schüler, der bündnisgrüne OB-Kandidat und heutige Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung. Erwartungsgemäß sammelte Schüler die meisten Stimmen in seinem Heimatkiez, der Brandenburger Vorstadt: fünf Prozent votierten im kinderreichen Stadtteil für den Rechtsanwalt. Auch die nur in Potsdam existierende Wählergruppe „Die Andere“ schickte 2002 einen eigenen Kandidaten in den Wahlkampf. Falk Napoleon Richter stach mit Anarcho- Aktionen hervor, die vor allem in der Nördlichen Innenstadt Anhänger fand: dreieinhalb Prozent wählten Richter dort. Während zur morgigen OB-Wahl kein Einzelkandidat zugelassen wurde – die Bewerber konnten nicht genug Unterstützerunterschriften sammeln – gab es 2002 Jürgen Rohne, der mit einem eigens für die Wahl gegründeten Verein für sich warb. Rohne errang in seinem Heimat-Stadtteil Babelsberg sein bestes Ergebnis: 0,94 Prozent. Auffallend vor acht Jahren: Die gespaltene Stadt existiert – zumindest auf dem Wahlzettel. Bei der Stichwahl zwischen Jakobs und Scharfenberg wählten die Bewohner sämtlicher Plattenbaugebiete mehrheitlich den damaligen PDS-Kandidaten. Der Rest der Potsdamer Stadtteile gab Jakobs den Vorzug.

Doch die Wahl vor acht Jahren lässt nur schwer eine Prognose für die Wahl am Sonntag zu. Das liegt auch daran, dass Ortsteile wie Uetz-Paaren, Groß-Glienicke oder Golm erst 2003 nach Potsdam eingemeindet wurden. Diese ländlich geprägten neuen Ortsteile wählen mitunter – spannend anders. So wurde das rund 400 Einwohner starke Uetz-Paaren bei der Kommunalwahl 2008 zum „Wahlgrab“ für Linke, SPD, CDU, FDP und Bürgerbündnis gleichermaßen. Der Grund: Die extrem starke Bürgerinitiative Aktionsbündnis Nord/West, die dort zur Kommunalwahl über 60 Prozent für sich verbuchen konnte.

Mit der Eingemeindung hat auch die CDU neue Hochburgen in Potsdam erhalten. Das beste Ergebnis bei der Kommunalwahl 2008 konnten die Christdemokraten in Groß Glienicke mit über 23 Prozent der Wählerstimmen einfahren. Hoheitsgebiet der Linken blieb 2008 das Plattenbaugebiet Stern mit über 44 Prozent. Auch die SPD verteidigte angestammte Stadtteile und baute in anderen Kiezen ihre Prozente aus. Ausgereicht für den Sieg in der Kommunalwahl hat es aber nicht. Die Linke gewann das rot-rote Kräftemessen vor zwei Jahren. Schwach blieb die CDU, die es gerade einmal auf ein zweistelliges Ergebnis brachte und zeitweise um den dritten Platz bangen musste, da die Bündnisgrünen stadtweit Zuwächse feiern konnten. Besonders stark blieben sie bei der Wahl 2008 in ihrer Hochburg, der Brandenburger Vorstadt, wo sie über 14 Prozent der Stimmen für sich verbuchen konnten. Klientelpartei in Potsdam blieb 2008 die FDP, die mit knapp 14 Prozent in der Berliner Vorstadt zwar ihr bestes Ergebnis holte, aber auch 0,5 Prozent in Uetz-Paaren verschmerzen musste.

Einen besonderen Status bei den früheren Wahlen kam Sacrow zu: Die Einwohner sind wahlfreudige Bürger. Sowohl 2002 mit über 82 Prozent – zeitgleich waren Bundestagswahlen – als auch 2008 mit 56,6 Prozent nahm Sacrow den Spitzenplatz bei der Wahlbeteiligung ein. Außerdem scheinen die Sacrower gut im Zählen zu sein. Beide Male lieferte der Ort die ersten Ergebnisse am Wahlabend.

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