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Wenn ich öffne dann Joop und Jauch auch. Das steht auf einem Zettel an einem Bauwagen, der auf einem Grundstück steht, auf dem der frühere Mauerweg am Griebnitzsee sperrt ist.

© dpa

Von Sabine Schicketanz: Ufer-Poker: Stadt setzt auf Schwarz-Gelb

Morgen soll Entscheidung über Verkauf der Mauergrundstücke fallen / Prominente für Uferweg

Stand:

Babelsberg - Im Griebnitzsee-Konflikt soll am morgigen Mittwoch im Haushaltsausschuss des Bundestags eine maßgebliche Entscheidung fallen: Trotz jüngster Bemühungen der Seeanrainer, einen Verkauf der 51 Ufer-Grundstücke des Bundes an Potsdam in letzter Minute zu verhindern, will die schwarz-gelbe Regierungskoalition den Zuschlag für die Landeshauptstadt absegnen. Entsprechende Informationen wurden gestern aus Parlamentskreisen bestätigt. Die Grundstücke gelten als Schlüssel für einen Uferweg auf dem ehemaligen Mauerstreifen.

Sicher ist im Fall Griebnitzsee allerdings wenig: Bereits vor zwei Wochen schienen die Weichen endgültig gestellt. Das Bundesfinanzministerium (BMF) präsentierte dem Haushaltsausschuss nach monatelangem Tauziehen seine Entscheidung. Für knapp 3,3 Millionen Euro Festpreis plus möglichen 626 000 Euro zusätzlich aus Weiterverkauf von nicht für den Uferweg benötigen Flächen will der Bund seine verbliebenen Mauergrundstücke an die Landeshauptstadt verkaufen. Doch statt den Verkauf wie vom BMF intendiert zur Kenntnis zu nehmen, beschloss der Haushaltsausschuss auf Antrag der Bundesregierung einen Genehmigungsvorbehalt. Danach kann das BMF zwar den Kaufvertrag mit Potsdam abschließen und beurkunden lassen – dies ist nach PNN-Informationen bereits geschehen – doch der Haushaltsausschuss entscheidet zur „abschließenden Gültigkeit“. Begründet wurde dies mit der besonderen Bedeutung des Falls. Morgen nun steht offiziell eine „Unterrichtung“ zum Thema auf der Tagesordnung.

Befürworter des Uferwegs, den die Stadt auch gegen private Interessen notfalls mit Enteignungen durchsetzen will, reagierten vor zwei Wochen unterschiedlich auf den überraschenden Beschluss. Der SPD-Haushaltsexperte und Berichterstatter der Fraktion zum Thema Griebnitzsee, Carsten Schneider, sprach von einem „Durcheinander“ zwischen Bundesregierung und Regierungsfraktionen, das für zusätzliche Verunsicherung sorge.

Seeanrainer, die einen öffentlichen Uferweg verhindern wollen, nutzten die Gelegenheit: In Schreiben wendeten sie sich an die 41 Bundestagsabgeordneten, die Mitglieder des Haushaltsauschusses sind, und die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima), die den Grundstückverkauf abwickelt. Neben einer indirekten Verbesserung des Angebots der 28 Anrainer von bisher 3,6 Millionen Euro um 1,1 Millionen Euro erhob Anrainer-Anwalt Reiner Geulen Vorwürfe gegen die Bima: Der Bericht der Bundesanstalt beruhe „im Wesentlichen auf falschen Tatsachen“, da die Verhandlungsführer in Potsdam lebten und befangen seien. In Wahrheit hätten die Seeanrainer und nicht die Stadt das Höchstgebot für die 32 000 Quadratmeter umfassenden Flächen abgegeben. Damit sei die Bima laut Haushaltsrecht gezwungen, an die Anrainer zu verkaufen. Geschehe dies nicht, würden die Anrainer umgehend klagen. Geulen schreibt auch, dass die Bima den Anrainern nach Nachverhandlungen im November 2010 bereits einen Kaufvertragsentwurf zugesandt, sich dann aber doch für Potsdam als Käufer entschieden habe. Daher würden die Anrainer bei einem Verkauf an Potsdam Schadensersatzansprüche gegen die Bima geltend machen.

Die Stadtspitze sieht die neue Offensive der Seeanrainer gelassen. „Wir vertrauen darauf, dass der Bund bei seiner ursprünglichen Entscheidung bleibt“, sagte Bürgermeister Burkhard Exner (SPD). Im Bieterverfahren habe es eine Nachgebotsfrist bis zum 10. November 2010 gegeben, danach sei „eigentlich kein Raum für Nachgebote“. Eine moralische Pflicht des Bundes, die Uferflächen an Anrainer zu veräußern, sieht Exner nicht. Es handele sich um Flächen, die der Bund verkaufe, weil er selbst keine Voraussetzung für eine Rückgabe an Nachfahren von 1961 wegen des Mauerbaus enteigneten Eigentümer sehe.

Rückenwind erhält die Stadt von der Initiative „Griebnitzsee für alle“. In einem offenen Brief und in Zeitungsanzeigen appelliert sie an den Bundestag, den Verkauf an Potsdam zu erlauben. Unterzeichnet haben auch Prominente wie Volker Schlöndorff, der selbst am See wohnt, die Filmproduzenten Stefan Arndt und Manuela Stehr („Good Bye Lenin“) und Klimaforscher Stefan Rahmsdorf.

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