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Landeshauptstadt: „Und da sagst du, der ist nicht volksnah“

Kalorien für Holsteins Landeschef Carstensen – und Bundespräsident Köhlers Interesse an den Potsdamer Männern

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Kalorien für Holsteins Landeschef Carstensen – und Bundespräsident Köhlers Interesse an den Potsdamer Männern Von Kay Grimmer Der Weg zum Bundesratszelt am Ende der Breiten Straße wurde für Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck zum Hände-Schüttel-Marathon. Eigentlich wollte er als amtierender Bundesratspräsident seinen Nachfolger, den schleswig-holsteinischen Landeschef Peter Harry Carstensen treffen, der bereits ab November für ein Jahr dem Bundesrat vorsteht. Doch Platzecks Protokollteam hatte einige Mühe, den Ministerpräsidenten durch die Massen in der Ländermeile zu lotsen. Hier ein freundlicher Gruß ins Brandenburg-Zelt, dort eine feste Umarmung mit einem Schiffer am Hamburg-Stand – und Peter Harry Carstensen musste warten. Der nahm seinem Amtskollegen dies aber nicht übel. Immerhin konnte der Norddeutsche schon mal erleben, was auf seine Landeshauptstadt und ihn selbst im kommenden Jahr zukommt. „Worauf ich mich freue“, wie Carstensen sagte. Schwieriger als die Festorganisation dürften die Aufgaben werden, die Carstensen als Bundesratspräsident übernehmen muss. Matthias Platzeck sagte, er sei etwas traurig, dass es ihm in seiner Amtszeit nicht gelungen sei, die Föderalismusreform entscheidend voranzutreiben. „Das übergebe ich jetzt an Carstensen“, der sich artig bedankte, dass er „noch etwas von Platzecks Amtsgeschäften weiterführen darf“. Damit Carstensen die langen Bundesratssitzungen auch übersteht, gab es von Brandenburgs Landeschef einen Präsentkorb mit Spezialitäten aus der Mark. „Der norddeutsche Herr Kollege“, frozzelte Platzeck, „sieht so aus, als könne er viele Kalorien gebrauchen.“ Carstensen bedankte sich mit einem Modell eines Krabbenkutters. * * * Ist es Hochachtung vor Horst Köhler als Mensch oder Ehrfurcht vor dem Amt des Bundespräsidenten? Die Menschen jedenfalls verfielen augenblicklich in Applaus, wenn der „Erste Mann im Staate“ mit seiner First Lady Eva Luise zu sehen war. Das Bürgerfest hatte am Vormittag des 3. Oktober noch gar nicht richtig begonnen, da fanden sich Dutzende Besucher an der Nikolaikirche ein, um die Limousinen-Parade der geladenen Gäste abzunehmen. Der Ökumenische Gottesdienst zur Feier des Tages der Deutschen Einheit stand unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen. Nicht nur Bundespräsident Horst Köhler hatte sich angekündigt, auch Bundestagspräsident Wolfgang Thierse war vor Ort, Bundeskanzler Gerhard Schröder kam – wenn auch verspätet, sein Abhol-Flugzeug konnte wegen Nebel nicht pünktlich in Hannover landen. Ministerpräsident Matthias Platzeck begrüßte die Staatsgäste auf dem Alten Markt. Köhler steuerte sofort auf die hinter den Absperrungen wartenden Schaulustigen zu. „Die Männer schlafen wohl noch?“, begrüßte er eine fröhliche Damenrunde am Zaun. Die waren ob der Offenheit des Bundespräsidenten ziemlich verdutzt. * * * Das Sicherheitspersonal hatte später auch alle Hände voll zu tun, dem Bundespräsidenten und seinem „Gefolge“ einen Weg in der übervollen Festmeile frei zu schieben. Köhler, der nach dem Ökumenischen Gottesdienst am Mittag beim offiziellen Festakt in der Caligarihalle des Filmparks Babelsberg zugegen war, hatte am Nachmittag nur kurz Zeit, sich unters Volk zu mischen. Im Brandenburg-Zelt traf er auf den Cheftrainer des Deutschen Skisprung-Verbands, Reinhold Hess. Und staunte nicht schlecht, als er erfuhr, dass im Süden der Mark dieser Wintersport durchaus ausgeübt wird. Danach musste es noch unbedingt zu einem Abstecher in Köhlers Heimat gehen: zum Landeszelt von Baden-Württemberg, wo die Gastgeber natürlich glücklich waren, einen ihrer bekanntesten Landsleute zu begrüßen. Trotz der verständlichen Sicherheitsvorkehrungen zeigte sich Köhler „menschelnd“, ließ sich bereitwillig mit Gästen fotografieren, plauderte und schüttelte unzählige Hände. Fast zur Verwunderung der Besucher: „Und da sagst du, der ist nicht volksnah“, sagte ein Zaungast zu seiner Frau aus, was sich sicher viele im Vorfeld gedacht hatten.

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