Sport: „Unsere Frechheit könnte ein Trumpf werden“
Potsdams Volleyball-Cheftrainer Alberto Salomoni über seine neue Mannschaft und die bevorstehende Bundesligasaison
Stand:
Herr Salomoni, Sie sind jetzt unter die Radiomacher gegangen.
Ja, aber nur zum Spaß. Ich bin zum Ende der vergangenen Saison bei Hitradio Babelsberg eingeladen worden, um ein wenig über die letzte Saison zu reden. Am Ende haben wir uns viel über Musik unterhalten und so kam die Idee, regelmäßig eine Sendung zusammen zu machen. Jetzt kann man mich immer mittwochs von 12 bis 14 Uhr auf Hitradio Babelsberg hören.
Blieb trotzdem noch genügend Zeit, Ihre Mannschaft ordentlich auf die am Mittwoch beginnende Bundesligasaison vorzubereiten, in der der SC zuerst spielfrei hat?
Natürlich. Die Radiomoderation macht mir viel Spaß, aber sie ist für mich kein Riesenaufwand. Wir haben die klare Absprache, dass ich jederzeit absagen kann, wenn wir mit dem Team wichtige Termine haben.
Wie zufrieden sind Sie mit der Vorbereitung?
In 17 Spielen haben wir sehr viel getestet. Einige Turniere waren wirklich gut, andere waren wegen der schlechteren Tagesform und der körperlichen Verfassung weniger gut. Grundsätzlich bin ich aber sehr zufrieden mit der Vorbereitung.
Die Spanierin Jessica Rivero, die Slowakin Nikola Radosova und Sophie Dreblow aus dem eigenen Nachwuchs sind neu im Team. Wo sehen Sie die Stärken der drei neuen Spielerinnen?
Nikola Radosova ist eine Spielerin, die – obwohl sie noch sehr jung ist – in der internationalen Szene sehr bekannt ist. Sie kommt ursprünglich aus der Slowakei, hat aber schon fünf Jahre bei Post Wien gespielt, sich dort super entwickelt und auch in der Champions League gespielt. Es waren einige deutsche Mannschaften wie Schwerin und Dresden an ihr interessiert. Nun hatten wir das Glück, dass sie sich für uns entschieden hat. Es macht großen Spaß, mit ihr zu arbeiten, und ich traue ihr eine große Zukunft zu. Jessica Rivero ist erst 18 Jahre als, aber sie ist eine Kanone. Sie hat einen Hammerschlag, muss aber auch noch vieles verbessern. Ich würde sie als Rohdiamant bezeichnen und ich bin total froh, dass ich sie in der Mannschaft habe. Sophie Dreblow ist erst 15 Jahre alt, aber die Spiele, die sie in der Vorbereitung bestritten hat, waren sehr erfolgreich. Obwohl sie so jung ist, hat sie sich sofort in die Mannschaft integriert.
Wie schwer wiegen die Weggänge von Giorgia Atti, Caterina Fanzini und Kyla Richey?
Bei Kyla Richey habe ich gehofft, dass sie bleibt. Aber wenn Topligen rufen, ist es auch richtig, dass man geht. Deutschland ist zwar eine Topliga, aber wenn Kyla in der Türkei das Dreifache bezahlt bekommt, ist es auch okay, wenn sie wechselt. Bei Caterina Fanzini, die sich in der letzten Saison eine Verletzung zugezogen hatte, war es eine gemeinsame Entscheidung, nicht weiter zusammenzuarbeiten. Sie wollte wieder nach Italien, zu ihrem alten Verein. Wir haben zwar überlegt, ob wir auf sie warten und dann wieder ins Team integrieren, aber nach den Zusagen von Jessica Rivero und Nikola Radosova wäre nur noch sehr wenig Platz für sie im Team gewesen. Für Giorgia Atti war von Anfang an klar, dass sie das Jahr in Potsdam nur als Überbrückungsjahr nutzt, um anschließend wieder nach Italien zu gehen.
Schätzen Sie die Mannschaft stärker als in der vergangenen Saison ein?
Auf dem Papier sind wir stärker. Aber erst die Spiele werden es zeigen. Wir müssen Glück haben, verletzungsfrei bleiben und einen guten Start erwischen.
Potsdams Topscorerin Lucia Fresco hatte einige Angebote aus dem Ausland und von Vereinen der Bundesligaspitze. Wie ist es dennoch gelungen, sie zu halten?
In den vielen Gesprächen, die ich mit Lucia geführt habe, hat sie mir erklärt, dass sie sich noch nicht bereit fühlt für Topligen im Ausland. Und zu den Angeboten aus Deutschland hat sie gesagt: Wenn Potsdam das Ziel hat, unter die besten Teams zu kommen, warum soll ich Potsdam nicht dabei helfen? Die Lucia Fresco, die sie geworden ist, ist sie bei uns in Potsdam geworden. Warum soll sie im entscheidenden Moment weggehen? Ich freue mich, dass sie geblieben ist.
Auf der Internetseite des Deutschen Volleyball-Bundes steht, dass Fresco und Nikola Radosova noch nicht spielberechtigt sind. Was bedeutet das?
Bei Lucia Fresco warten wir noch auf die Freigabe des argentinischen Verbandes und bei Nikola Radosova auf die Freigabe ihres vorherigen Klubs. Das wird aber in den nächsten Tagen passieren.
Elisa Muri hat das Kapitänin-Amt von Kathy Radzuweit übernommen. Wie kam es dazu?
Das hat die Mannschaft so entschieden. Elisa war in der vergangenen Saison schon zweite Kapitänin und nun haben sie getauscht.
Wo liegen die Stärken der Mannschaft?
Ich denke, eine große Stärke der Mannschaft kann ihre Frechheit werden. Wir haben viele wichtige Spielerinnen, die gerade 18, 19 oder 20 Jahre alt sind, plus zwei, drei erfahrene Spielerinnen. Das heißt, unsere Unbekümmertheit und Frechheit könnten ein Trumpf werden. Im Angriff sind wir in dieser Saison auch stärker als letztes Jahr. Und unser großer Vorteil ist, dass wir fast die gleiche Mannschaft wie in der vergangenen Saison haben. Nach unseren Testspielen habe ich von vielen gehört, dass sie uns eine Menge zutrauen, aber ich will erst sehen, wo wir nach vier, fünf Spielen stehen.
Was ist Ihr Saisonziel?
Besser zu sein als in der vergangenen Saison. Das könnte heißen, im Pokal ein bisschen weiterzukommen, aber da treffen wir gleich im ersten Spiel auf den Vizemeister Dresden. Es wäre ein Traum, gegen Dresden zu gewinnen und in die nächste Runde einzuziehen. In der Meisterschaft sind wir im letzten Jahr über die Pre-Play-offs ins Viertelfinale gekommen, wo wir sensationell gegen Schwerin gespielt haben. Dort sind wir aber an unsere absoluten Grenzen gekommen. In dieser Saison soll das Ziel sein, direkt unter die ersten Sechs zu kommen, um machbare und lösbare Viertelfinals spielen zu können.
Lisa Rühl hat erzählt, dass sie in dieser Saison sogar von einer Medaille träumt.
Wenn wir es schaffen, unter die ersten Sechs zu kommen, ist alles möglich.
Welche Teams schätzen Sie in der Liga am stärksten ein?
Das sind immer dieselben: Schwerin, Dresden und Vilsbiburg. Mit Außenseiterchancen sehe ich in dieser Saison Wiesbaden, Suhl und – wenn bei uns alles läuft – auch uns.
Wer wird gegen den Abstieg spielen?
Darüber will ich hier nicht öffentlich spekulieren.
In dieser Saison gibt es ein neues Punktesystem. Können Sie das den Lesern einmal kurz erklären?
Endlich gibt es dieses Punktesystem auch in Deutschland. Das Drei-Punkte-System bleibt. Bei einem 3:0- oder 3:1-Sieg bekommt der Gewinner drei Punkte, der Verlierer keinen Punkt. Wenn es aber in den Tiebreak geht, bekommt der Gewinner zwei Punkte und der Verlierer auch einen Punkt.
Am ersten Spieltag am Mittwoch hat der SC Potsdam spielfrei. Am Samstag empfängt er dann zu Hause um 18.30 Uhr den USC Münster. Schauen Sie sich Münsters Auftaktspiel gegen Suhl an?
Nein, ich denke nicht. Ich muss für meine Mannschaft noch das erste Spiel gut vorbereiten. Wir haben Glück, dass wir ein paar Tage mehr frei haben als die anderen Teams.
Was wünschen Sie sich für den Saisonstart am Samstag?
Drei Punkte natürlich! Und viele Zuschauer. Ich denke, in dieser Saison liegen sehr hohe Erwartungen auf unserer Mannschaft. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass wir viele junge Spielerinnen im Team haben. Wenn alles gut läuft, ist alles okay. Aber auch wenn etwas schiefläuft, haben wir erst 20-Jährige auf dem Feld. Deswegen wünsche ich mir auch in schwierigen Momenten, die bestimmt kommen werden, dass die Zuschauer zu uns halten – wie in der vergangenen Saison.
Das Interview führte Luisa Müller.
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