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Streit um Uferwege in Potsdam: Urteil für freien Uferweg in Groß Glienicke: Enteignungen sind möglich

Für den öffentlichen Spazierweg am Groß Glienicker See ist ein richtungsweisendes Urteil gefallen. Die klagenden Anrainer gehen wohl in Berufung.

Groß Glienicke- Für einen freien und öffentlichen Uferweg darf das Land Brandenburg Anrainer am Groß Glienicker See enteignen. Den richtungsweisenden Beschluss hat die auf Enteignungsrecht spezialisierte Kammer am Landgericht Neuruppin am Freitag gefasst, wie Justizsprecherin Iris le Claire den PNN auf Anfrage bestätigte. 

Eigentümer müssen die Herstellung des Weges dulden.

Demnach sei der Antrag von klagenden Grundstückseigentümern an dem See zurückgewiesen worden, die sich gegen die Enteignungsbehörde des Landes richtete. Das Amt hatte wie berichtet im Dezember 2017 entschieden, dass eine Anrainerin der Stadt den Bau eines drei Meter breiten Uferwegs über ihr Grundstück erlauben muss. Außerdem muss das öffentliche Wegerecht auch als Dienstbarkeit ins Grundbuch eintragen werden. Dabei bleibe es nach dem Urteil des Landgerichts auch, so Sprecherin le Claire. „Die Eigentümer müssen die Herstellung des Weges dulden.“ Nach Auffassung der Neuruppiner Richter sei diese teilweise Enteignung zur Durchsetzung des vorhandenen – und nach Meinung der Kammer auch wirksamen – Bebauungsplans berechtigt, so die Sprecherin. In dem besagten B-Plan-Regelwerk ist ein Uferweg ausdrücklich vorgesehen. 

"Nicht unverhältnismäßig"

Das Gericht urteilte weiter, dass die mit der Enteignung verbundenen Belastungen für die Grundstückseigentümer nicht unverhältnismäßig seien. Denn der betroffene Grundstücksteil befinde sich ohnehin in einem als Grünfläche vorgesehenen Gebiet, wie die Sprecherin erklärte: „Das Areal ist also ohnehin nicht uneingeschränkt nutzbar.“ Es handelt sich auch nicht um eine Entziehung des Teilgrundstückes – sondern nur um eine Einschränkung der Nutzung, da die Mitbenutzung durch Dritte geduldet werden müsse, so Sprecherin le Claire. Erlaubt sei zudem nur eine Nutzung durch Fußgänger und Rollstuhlfahrer erlaubt, in Notfällen auch Krankenfahrzeugen, nicht aber für Fahrradfahrer. Außerdem könne es als Vorteil für die Grundstückseigentümer angesehen werden, so le Claire, dass auch sie damit die Möglichkeit haben, den über die Grundstücke ihrer Nachbarn weitergeführten öffentlichen Uferweg zu nutzen. Die Kläger haben nun die Möglichkeit, gegen das Urteil Berufung bei dem Brandenburgischen Oberlandesgericht einzulegen.   Das wird wohl auch passieren. Der Anwalt der Eigentümer, Christoph Partsch, nannte es gegenüber den PNN bemerkenswert, dass an diesem Platz nun die dritte Enteignung vonstatten gehen könne – damit spielt er auf die viel willkürlichere Enteignungen zu Zeiten des Nationalsozialismus und Kommunismus an. „Wir werden die Urteilsbegründung prüfen und mit hoher Wahrscheinlichkeit Berufung einlegen.“ Noch vor wenigen Wochen hatte sich Partsch noch optimistisch gegeben, dass das Gericht im Sinne seiner Mandanten entscheiden werde.   Noch nicht entschieden hat das Gericht über die Höhe der den Grundstückseigentümern zustehenden Entschädigung. „Diese Fragen musste zurückgestellt werden, weil hier noch eine weitere Klärung der Sach- und Rechtslage erforderlich ist“, sagte die Sprecherin. 

Ein jahrelanger Streit

Die Auseinandersetzungen zu dem Uferweg dauern bereits seit Jahren an. Teilweise ist der Weg von den Anrainern abgesperrt. Wie berichtet treibt die Enteignungsbehörde die Verfahren gegen 18 weitere Anrainer am Groß Glienicker Seeufer voran. Noch in diesem Jahr sollen die Verfahren entschieden werden. Auch dagegen könnte geklagt werden – allerdings gilt das jetzige Verfahren als Musterfall. Entsprechend erfreut reagierte am Freitag Rathaussprecher Jan Brunzlow: „Wir sehen uns in unserem jahrelangen Kampf für einen öffentlichen Uferweg am Groß Glienicker See bestätigt.“ Man hoffe nun auf eine Signalwirkung. Auch der Verein Freies Groß Glienicker Seeufer begrüßte das Urteil.

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