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Zusätzliche Reserven. Erdgas aus Gesteinsschichten ist eine neue Option.

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Potsdamer Geoforscher wollen Erdgas möglicherweise auch aus Brandenburger Schiefergestein fördern

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„Das ist eine sehr saubere Sache“, behauptet Brian Horsfield vom GeoForschungsZentrum Potsdam (GFZ). Gas aus Schiefergestein herauszulösen, sei zwar technisch schwierig, ökologisch aber eine saubere und effiziente Angelegenheit. Am GFZ trafen sich unlängst Experten aus aller Welt, um sich für die Förderung der Gasgewinnung aus Schiefer, das sogenannte Shale-Gas, zu vernetzen. Gash nennt sich das Projekt.

Bereits im September vergangenen Jahres hatten mehr als 100 Wissenschaftler und Vertreter der führenden Öl- und Gasunternehmen aus aller Welt über mögliche Forschungskonzepte diskutiert. Dabei hoffen sie auch auf Vorkommen in Brandenburg, vielleicht sogar unmittelbar bei Potsdam. „Hier ist ein Potenzial im unterkarbonischen Schwarzschiefer möglich, das sich vielleicht fördern lässt“, erläutert der Geologe Hans-Martin Schulz.

Während Geologen mittelfristig für Nordamerika einen aus Schiefergestein gewonnenen Gasanteil von 20 Prozent prognostizieren, sieht es in Europa nicht ganz so rosig aus. Die Größe möglicher Gasfelder steht noch nicht fest. Aber in Schweden und Österreich waren Testbohrungen erfolgreich. In Deutschland vermuten die Experten Vorkommen vor allem in den neuen Bundesländern. Sollte sich dies bestätigen, so könnte vielleicht das GFZ Potsdam zum europäischen Zentrum der Shale-Gas Forschung avancieren, hofft Hans-Martin Schulz.

Um herauszufinden, wo das Gas überhaupt in den europäischen Schieferschichten lagert, nutzen Geologen Verfahren, bei denen mittels Schallwellen Gasfelder und deren Größe geortet werden. Förderfirmen, die das Projekt mit immerhin 3,35 Millionen Euro voranbringen, stellen einen Großteil der Geoinformationen. Aus denen soll zunächst einmal ein geografisches Informationssystem entstehen, das Aufschluss über die Vorkommen gibt.

Das Gas lässt sich nicht so einfach an die Oberfläche befördern. Man müsse zunächst einmal gut zwei Kilometer senkrecht in die Tiefe bohren, um auf das Schiefergestein zu stoßen, erklärt Horsfield. Dann werde waagerecht weitergebohrt, in das Gestein hinein. Mit Wasser, das mit mikrometergroßen Kügelchen versetzt sei, werde dann das Gas aus dem Gestein gepresst. Durch den Bohrschacht gelange es an die Oberfläche. „Hydraulic fracturing“ nennt sich das Verfahren, bei dem das Gas aus dem Schiefergestein geknackt wird. Oben angekommen könne es in die vorhandenen Leitungen eingespeist werden. Eine aufwendige weitere Verarbeitung sei zumeist nicht notwendig. Die Bohrung selber benötige so wenig Platz, dass beispielsweise im Zentrum der Stadt Fort Worth in Texas ein Bohrturm stehe. „Der fällt gar nicht weiter auf“, behauptet Horsfield. Um das Gas aus dem Gestein zu pressen, werde weniger Energie benötigt, als beispielsweise bei der entsprechenden Förderung aus Kohle.

Die Prognosen für die Förderung des im Gestein verborgenen Gases sind teilweise recht euphorisch. Nachdem sich die Gaspreise in den vergangenen Jahren stetig nach oben entwickelt hatten und Lieferanten aus Russland oder dem Nahen Osten nicht immer als zuverlässige Partner erschienen, halten es Industrie und Politik für sinnvoll, nach heimischen Ressourcen zu forschen. Bis zu 450 Billionen Kubikmeter Shale-Gas sollen verborgen im Untergrund schlummern. Dem steht eine Naturgasförderung von 2700 Milliarden Kubikmeter im Jahr 2004 gegenüber. Würden die verborgenen Quellen erschlossen, so verlängerten sich die Gasreserven von bisher 70 auf 170 Jahre, vermuten Experten.

Horsfield gibt sich allerdings weniger euphorisch: „Vielleicht kann das in Europa geförderte Gas bei der Energieversorgung ein Puffer sein“. Ganz unproblematisch ist die ökologische Bilanz des anvisierten Gasabbaus nicht. Denn für die Wassermengen, die benötigt werden, um das Gas aus dem Gestein herauszupressen, werden unterirdische Trinkwasserreservoire angezapft. Bis zu elf Millionen Liter werden bei einer einzigen horizontalen Bohrung benötigt.

Greenpeace International warnt dann auch, dass es wenig sinnvoll sei, auch noch die letzten Energiereserven der Erde auszubeuten. Dadurch werde die Kohlendioxidkonzentration und damit der Klimawandel immer weiter befeuert. Sinnvoll seien vielmehr die Investition mit denen der Energieverbrauch gesenkt werde. Richard Rabensaat

Richard Rabensaat

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