
© Andreas Klaer
Von Erik Wenk: Volkskrankheit Schlafapnoe
iDoc-Institut Potsdam ist „Ausgewählter Ort im Land der Ideen“ / Gestern Preisverleihung in der Urania
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Ein Laborvideo zeigt einen schlafenden Mann. Er atmet nicht. Wie lange schon, zeigt eine eingeblendete Stoppuhr: 15 Sekunden, 20 Sekunden, 30 Sekunden. Immer stärker ringt der Schlafende nach Atem, bekommt aber keine Luft. 50 Sekunden. Endlich erfolgt eine Panikreaktion des Körpers: Der Mann erwacht kurz, holt mehrere Male laut schnarchend Luft, schläft ein – und hat erneut einen Atemaussetzer. „Das ist Schlafapnoe“, sagt Doktor Wilfried Böhnig, Leiter des ambulanten Zentrums für Schlafstörungen in Bad Lippspringe. Sechs bis acht Prozent der Bevölkerung – rund 4,5 Millionen – litten unter der Schlafstörung. „Bei den Patienten können diese Atempausen 43 bis 69 Mal in der Stunde auftreten, jede Nacht“, betont Böhning.
Die Anwesenden im Seminarraum der Urania sind beeindruckt. Erst jetzt können viele die Relevanz der telemedizinischen Entwicklung würdigen, die von der Standort-Initiative „Deutschland – Land der Ideen“ am gestrigen Mittwoch mit dem Preis „Ausgewählter Ort 2010“ geehrt wurde: Das iDoc-Messgerät zur Selbstdiagnose von Schlafapnoe, das vom Potsdamer iDoc-Institut entwickelt wurde. Damit ist das Institut für Telemedizin einer der Preisträger des „Land der Ideen“-Bundeswettbewerbs, der seit 2006 durchgeführt wird. 17 der „Ausgewählten Orte“ liegen in Brandenburg.
Die Schlafapnoe ist eine noch immer unterschätzte Krankheit, die bei Nichtbehandlung jedoch gefährliche Folgen haben kann: Der Sauerstoffmangel im Blut kann Dauermüdigkeit, Herz-Kreislaufstörungen, Bluthochdruck und sogar Schlaganfälle auslösen. „Schlafapnoe erhöht das Sterberisiko um fast 50 Prozent“, sagt Yvonne Klebe, die den Leitern des iDoc-Instituts den Preis überreicht hat. Dabei kann Schlafapnoe leicht behandelt werden.
Das eigentliche Problem: „90 Prozent der Fälle werden nicht erkannt – und dementsprechend nicht behandelt“, so Böhning. Hier kommt iDoc ins Spiel: Das vorgestellte Selbstdiagnose-Gerät besteht aus einer Gummilasche, die über einen Finger gestülpt wird und mit einem Messgerät verkabelt ist, das man wie eine Armbanduhr ums Handgelenk schnallt. „In der Fingerlasche ist ein Soft-Sensor, der die Sauerstoffsättigung des Blutes misst. Man kann es bei seinem Arzt oder Apotheker ausleihen. Eine Nacht damit zu schlafen reicht, um festzustellen, ob man an Schlafapnoe leidet“, erklärt Frank Golz, Bereich IT und Entwicklung bei iDoc. Die Werte können von den Patienten unkompliziert auf der Internet-Seite von iDoc hochgeladen werden, wo sie dann zur Auswertung an qualifizierte Fachärzte weitergeleitet werden. Wenig später kann man sich von der Webseite das erstellte Gutachten herunterladen.
Telemedizinische Behandlungsmöglichkeiten wie das iDoc-Messgerät seien gerade in Brandenburg mit seiner eher dünnen Arzt-Dichte von Vorteil, sagt Stefan Frerichs, Chef der Potsdamer Wirtschaftsförderung. Das Diagnose-Gerät kann nicht nur bei der Verringerung der Gesundheitskosten, der Prävention von Krankheiten oder Unfällen von Berufskraftfahrern helfen; auch das durch Schlafapnoe verursachte Schnarchen ist eine Beeinträchtigung, die so vermieden werden kann.
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