Landeshauptstadt: Von „altem Aids“ und „neuem Aids“
21 Jahre Aidshilfe Potsdam: Ehrenamtler gesucht Gala noch unsicher / Filme zum Geburtstag
Stand:
Früher war alles schlechter. Das gilt jedenfalls für Menschen, die das HI-Virus in sich tragen. Jahrelang war die HIV-Diagnose praktisch gleichbedeutend mit dem Todesurteil. Das sieht anders aus, seit ab Mitte der 1990er Jahre wirksame Medikamente verfügbar sind: Wenn das Virus heute frühzeitig erkannt und konsequent behandelt wird, können Betroffene damit leben wie mit einer schweren chronischen Krankheit. Hortense Lademann von der Potsdamer Aidshilfe spricht inzwischen von „altem Aids“ und „neuem Aids“. Es ist eine Entwicklung, die auch für die Sozialarbeiterin, ihre beiden Kollegen und die Ehrenamtler beim Aidshilfe-Verein Auswirkungen hat.
Am gestrigen Montag jährte sich die Gründung der Potsdamer Aidshilfe zum 21. Mal. Den Geburtstag begeht der Verein in dieser Woche mit einer Mini-Filmreihe im UCI-Kino in den Bahnhofspassagen. Auch dort geht es um „altes“ und „neues“ Aids: Die US-amerikanische Dokumentation „Common Treads: Storys from the Quilt“ aus dem Jahr 1989 zeigt den Kampf gegen die Immunschwächekrankheit in den Anfangsjahren, als Betroffene und ihre Angehörigen politischen Druck für die wissenschaftliche Erforschung erst aufbauen mussten. Der französische Spielfilm „Mein Bruder Leo“ aus dem Jahr 2002 wechselt dagegen auf die private Ebene: Er zeichnet das Porträt einer Familie mit vier Kindern, die mit der HIV-Infektion des ältesten Sohnes umgehen muss – und daran zerbricht.
Denn trotz der guten Behandlungsmöglichkeiten bleiben für HIV-Patienten in der Praxis viele Probleme, nicht nur im privaten Umfeld, weiß Hortense Lademann. So erlebten Betroffene etwa immer wieder Vorbehalte auf dem Arbeitsmarkt. „Klienten wird aus mysteriösen Gründen gekündigt, nachdem sie sich geoutet haben“, berichtet die Sozialarbeiterin. Deshalb setzt die Aidshilfe mittlerweile auch auf Information für Arbeitgeber. Auf einen ersten Erfolg kann Hortense Lademann schon verweisen: Bei der Industrie- und Handelskammer haben Aidshilfe-Mitarbeiter bereits eine Schulung angeboten.
Rund 60 HIV-Betroffene aus der Landeshauptstadt und dem gesamten Land betreut die Aidshilfe in der Kastanienallee 27. Zu den etablierten Angeboten gehören neben der Telefonberatung etwa das „Rote-Schleifen-Frühstück“, bei dem Betroffene ins Gespräch kommen können, oder der kostenlose anonyme HIV-Schnelltest am dritten Donnerstag im Monat zwischen 16 und 20 Uhr. Ob es 2012 wieder eine Aids-Gala geben wird, sei noch nicht entschieden, sagt Hortense Lademann. Im Verein werde derzeit über das Verhältnis von Aufwand und Nutzen der Veranstaltung diskutiert.
Aids-Prävention bleibt indes wichtiges Thema: Lademann und ihre Kollegen gehen dafür in Schulklassen, sind mit Ehrenamtlern abends in Kneipen unterwegs oder organisieren die Jugendfilmtage. Rund zehn Ehrenamtler engagierten sich derzeit für die Aidshilfe. „Es könnten durchaus mehr sein“, sagt Hortense Lademann. Dass Prävention nach wie vor notwendig ist, zeigt auch der Blick auf die Infektionsrate: Acht HIV-Neudiagnosen registrierte das Robert-Koch-Institut im vergangenen Jahr in Potsdam. 2010 waren es fünf Fälle, 2005 sieben. Jana Haase
Filmreihe im UCI-Kino in den Bahnhofspassagen: Am Donnerstag um 18 Uhr läuft „Common Treads: Storys from the Quilt“, zur anschießenden Diskussion ist eine Frau angefragt, die seit 28 Jahren HIV-positiv ist. Am Freitag, 10. Februar, wird um 18.15 Uhr der französische Film „Mein Bruder Leo“ im Original mit Untertiteln gezeigt. Der Eintritt kostet jeweils 4,50 Euro.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: