
© dpa
Ticket-Kauf mit Hürden: Von der Kunst, ein Abo 65+ zu erwerben
Ein PNN-Leser wollte doch nur ein Abo 65+ des Verkehrsverbunds Berlin Brandenburg kaufen. Dass dieser Wunsch aber mit vielen Hürden verbunden ist, damit hat der Mann nicht gerechnet. Eine Posse.
Stand:
Ein Glück, dass Beharrlichkeit hierzulande zu den weit verbreiteten Grundeigenschaften gehört. Sonst würde womöglich PNN-Leser Paul D. noch immer mit seinem Auto durch zugestaute Straßen fahren und sich bei der Parkplatzsuche schwarzärgern. Doch gute Vorsätze boxt man durch, noch dazu, wenn sie zum Jahreswechsel gefasst werden. Paul D. wollte sich und die Umwelt schonen und unbedingt ein Abo 65+ des Verkehrsverbunds Berlin Brandenburg (VBB) kaufen. Das ist ihm – um das gute Ende vorwegzunehmen – schließlich auch gelungen.
Doch wie erfolgsverwöhnte Senioren manchmal so sind, dachte Paul D. nicht an mögliche Hürden. Er ging zum S-BahnSchalter im Potsdamer Hauptbahnhof, verlangte das Abo, wollte bezahlen und gleich losfahren. So war er es von der Skipiste in Österreich gewöhnt, wo das Passbild ganz unkompliziert per USB-Kamera gemacht wird und man den Pass sofort in die Hand gedrückt bekommt.
Der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg ist jedoch keine Skipiste, sondern etwas viel Komplizierteres. Erstens muss nämlich ein Formular ausgefüllt werden, zweitens sind ein Passbild, der Personalausweis und die EC-Karte mitzubringen. Wer alles schnell über die Bühne bringen möchte, kann zum Passbildautomaten gehen, sagt der Bahnsprecher auf Nachfrage, auf jedem größeren Bahnhof gebe es einen. Ob Paul D. den genutzt hätte, bleibt dahingestellt, darauf hingewiesen hat man ihn jedenfalls nicht. Beim nächsten Anlauf war der S-Bahn-Schalter zu. Wegen Renovierung geschlossen. Kann ja mal vorkommen. Bei der Deutschen Bahn erklärte man ihm, dass er gar kein Formular brauche. Doch als dann die Gesamtsumme für das Abo vom Konto abgebucht werden sollte, konnte das nicht ins System eingegeben werden. Also doch Antrag.
Warum gibt es keine Jahresmarke?
Inzwischen war das Datum über den 10. des Monats hinausgeklettert – da hieß es warten. Denn der 10. eines jeden Monats ist Stichtag, dann dauert es 20 (in Worten: zwanzig) Tage, bis der Ausweis ausgestellt ist und zugesandt werden kann. Paul D. zeigte sich entnervt, nahm mit einem Startticket vorlieb, was heißt, dass er nun für insgesamt 13 Monate bezahlt hat und hofft, dass die Gültigkeitsmarke für das zweite Halbjahr nicht gerade dann zu Hause im Briefkasten liegt, wenn er im Urlaub weilt und dann womöglich die Rückfahrt extra bezahlen muss. Wieso es keine Jahresmarke gibt, das weiß nur der VBB. Die Pressestelle der Bahn verrät, dass es voraussichtlich ab Mitte 2016 im Zuge der Umstellung auf den elektronischen Fahrausweis wesentlich kundenfreundlicher zugeht. Die Chipkarte samt Lichtbild habe dann fünf Jahre Gültigkeit, aber bestimmt nur mit dem halbjährlich zugesandten Wertabschnitt. Weil Rentner zwischendurch ja versterben könnten oder warum? Obwohl Paul D. für ein ganzes Jahr bezahlen darf. Die Entscheidungen des VBB nimmt er inzwischen hin, denn zu seinen guten Vorsätzen für 2015 gehört auch, sich nicht unnötig aufzuregen.
Wer es nicht lassen kann und beim VBB nachfragt, warum der Erwerb eines Abos 65+ so umständlich ist – immerhin kostet es den stolzen Preis von 581,80 Euro –, erhält folgende Antwort: „Das ist eben so. Es gehören sehr viele Einzelbetriebe zum Verbund und die haben das so beschlossen.“ Fazit: Wie gut, dass bei Skipisten nicht alle umliegenden Berge mitreden dürfen.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: