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Gute Lage. Hannes Häfele findet Potsdam als IT-Standort attraktiv.

© M. Matern

Landeshauptstadt: Von Dublin nach Potsdam

Hannes Häfele ist der Chef beim Softwareriesen Oracle in der Schiffbauergasse – jüngst hat das Unternehmen seinen Mietvertrag um fünf Jahre verlängert

Von Matthias Matern

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Mit hoch komplizierten Computerprogrammen kennt sich Hannes Häfele vielleicht bestens aus, mit Kaffeevollautomaten jedoch hat der Oracle-Vertriebschef offenbar so seine Probleme. Auch beim zweiten Versuch läuft der gewählte Latte Macchiato unbemerkt an der Tasse vorbei in die Auffangschale. Wenigstens ist der Kaffee für die Mitarbeiter des Softwareriesen in Potsdam kostenlos. „Da kann man wohl auch nicht mehr erwarten“, witzelt Häfele und linst in die nach wie vor leere Tasse. Vor zwölf Jahren hat Oracle seinen Bereich Inside Sales, also die technische Kundenbetreuung via Telefon und Internet, im irischen Dublin aufgelöst und auf mehrere europäische Standorte aufgeteilt. Von Potsdam aus lenkt Häfele seitdem die Tele-Betreuung für ganz Deutschland, Skandinavien, Österreich und die Schweiz. Knapp 300 Mitarbeiter beschäftigt Oracle derzeit am Standort Schiffbauergasse. Tendenz steigend. „Wir haben uns so aufgestellt, dass wir auch in Zukunft noch wachsen können“, sagt Häfele.

Erst Ende vergangenen Jahres hatte Oracle den Mietvertrag für das siebenstöckige Bürohaus in direkter Nachbarschaft zum VW-Designcenter und zum Hans-Otto-Theater um fünf Jahre verlängert. Zudem sicherte sich der SAP-Rivale darüber hinaus die Option für weitere fünf Jahre. Eigentümer des Gebäudes ist die Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB). Für das Unternehmen ließ die ILB die einstige Koksseparation für rund sechs Millionen Euro umbauen. „Potsdam ist einer der größten Oracle-Standorte in Deutschland und einer der großen in Europa“, meint Häfele und lässt seinen Blick über den Tiefen See bis zum Panorama der Potsdamer Innenstadt schweifen.

Für die Stadt Potsdam und das Land Brandenburg ist Oracle ein Glücksfall. Der US-amerikanische Softwarehersteller ist wie das Internetauktionshaus Ebay oder das Hasso-Plattner-Institut ein Aushängeschild der regionalen IT- und Medien-Branche. Zusammen mit Berlin will sich Brandenburg in diesem Wirtschaftszweig unter den Top-Standorten etablieren. Der brandenburgischen Wirtschaftsförderung zufolge haben mittlerweile mehr als 1800 IT- und Medienfirmen ihren Sitz in Brandenburg. Brandenburg und Potsdam brauchen Oracle und nicht andersherum, das ist Häfele durchaus bewusst. Wirtschaftsförderung im eigentlichen Sinn hat das börsennotierte Unternehmen, dem seit der Übernahme von Sun Microsystems vor drei Jahren auch die Programmiersprache Java gehört, nicht nötig. Die Geschäfte laufen gut. Im Dezember gab Oracle für das zweite Quartal des laufenden Geschäftsjahres einen Gewinnzuwachs um 18 Prozent auf 2,58 Milliarden US-Dollar an.

Am Standort Potsdam betreuen die Oracle-Mitarbeiter Gewerbekunden wie VW und öffentliche Verwaltungen, darunter Bundes- und Landesbehörden. Außerdem ist Potsdam auch Vertriebsstandort. Die Atmosphäre in den lichtdurchfluteten Stockwerken scheint entspannt. Häfele begrüßt am Kaffeeautomaten einen Mitarbeiter beinahe wie einen alten Freund. Anstatt eines eigenen Büros hat der Standortchef wie alle anderen einen schlichten Schreibtisch im Großraumbüro. Die Mitarbeiter sollen sich in der Gemeinschaft wohlfühlen, unsichtbare Barrieren sind unerwünscht. Zum guten Arbeitsklima trägt nach Häfeles Meinung auch der Standort bei, die tolle Lage am Wasser, die Restaurants und Cafés an der Schiffbauergasse, die Nähe zu Berlin. Er selbst wohne zwar in Berlin, erzählt der 45-Jährige, doch viele seiner Mitarbeiter seien bereits zu Wahlpotsdamern geworden. „Sie brauchen einen attraktiven Standort, um Talente im Markt gewinnen zu können.“

Der Wettbewerb um gute Fachkräfte innerhalb der Branche ist hart: Angaben des Branchenverbandes Bitkom zufolge kommen momentan auf jeden Informatiker im Schnitt 3,7 offene Stellen. 2012 habe es permanent mehr als 20 000 offene Stellen gegeben. Bitkom warnt sogar vor einem „dauerhaften Wachstumshemmnis“. Zwar glaubt Häfele, dass die IT-Region Berlin-Potsdam im Kommen ist, doch bislang scheint sich die Qualität nicht richtig herumzusprechen. „Spontan werden von guten Bewerbern erst einmal andere Standorte mit IT in Verbindung gebracht – München etwa, oder Stuttgart“, berichtet der Oracle-Vertriebschef. Für umso wichtiger hält er es, dass die Branche in der Region bei der Werbung um gut ausgebildete Fachkräfte zusammenarbeitet. „Später können wir immer noch wie Konkurrenten auftreten“, findet Häfele und rückt seine Tasse etwas tiefer in den Ausgabeschacht. Matthias Matern

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