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Landeshauptstadt: Von klaren Punktsiegen bis Langeweile

Im RBB-Studio debattieren Platzeck, Schönbohm und Enkelmann ihre Wahlprogramme – CDU- und SPD-Anhänger bangen mit ihnen

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Im RBB-Studio debattieren Platzeck, Schönbohm und Enkelmann ihre Wahlprogramme – CDU- und SPD-Anhänger bangen mit ihnen Von Henri Kramer und Patrick Steller Kerzen auf Weinflaschen verströmen schummeriges Licht, beleuchten den kleinen Raum im „La Leander“ in der Benkertstraße 1. Goldene Teufelchen grinsen von den Wänden auf die Gäste herab: Die örtliche SPD-Prominenz schaut sich auf einer Leinwand das Fernseh-Duell der drei Spitzenkandidaten zur Landtagswahl im RBB-Fernsehen an. Die Stimmung ist gut an diesem Montagabend, die Kneipe übervoll, Biergläser klirren, Stühlerücken. Der Qualm aus der Zigarre von Staatskanzlei-Chef Rainer Speer verteilt sich im gesamten Raum. Stimmengewirr aus rund 40 Kehlen, von Bauminister Frank Szymanski bis Sozialminister Günter Baaske. Als PDS-Landtagskandidatin Dagmar Enkelmann erklärt, dass im Haushalt von Brandenburg „noch Luft“ sei, johlt der Saal. „PDS ist gleich Partei der Geldvermehrer“, ruft ein Gast. Nun drängt ein Team des RBB in den Saal, der Reporter fragt: „Wie steht''s?“ Spontane Antwort aus einer Ecke: „Drei zu Null.“ Keine Spur mehr von Einschüchterung wegen schlechter Umfragewerte, die Mitglieder wirken kämpferisch. „Die Stimmung ist gekippt, die Partei erwacht“, glaubt Anja Spiegel vom Jusos-Bundesvorstand. „Wir merken, dass ein Sieg wieder möglich ist.“ Spiegel ist nicht die einzige im Raum, die so denkt. Das Klatschen fällt den SPDlern besonders leicht, als sich ihr Ministerpräsident Platzeck zum ländlichen Entwicklungsraum Brandenburgs und zur sechsjährigen Grundschule bekennt. Als CDU-Kandidat Schönbohm über Bildung redet, tönt es aus der Ecke von Rainer Speer: „Und die Erde ist eine Scheibe.“ Gegen die altvorderen Parteigranden wirken die jungen SPD-Mitglieder seltsam diszipliniert, wo sie sitzen herrscht Ruhe. Am Ende der Diskussion sorgt wiederum Schönbohm für einen Lacher: „Ich gehe davon aus, dass die CDU stärkste Kraft wird.“ Die Kneipe bebt. Landesgeschäftsführer Klaus Ness klingt danach überzeugt und zufrieden: „Klarer Punktsieg für Platzeck.“ Eng zusammengedrängt sitzen und stehen die Mitglieder der Jungen Union (JU) und CDU, darunter Wieland Niekisch, Katharina Reiche und Justizministerin Barbara Richstein, verfolgen gebannt die Diskussionsrunde mit ihrem Spitzenkandidaten, Innenminister Jörg Schönbohm, die aus dem Babelsberger RBB-Studio gesendet wird. In das „Lokal“ beim S-Bahnhof Griebnitzsee hat die Junge Union eingeladen. „Wegen der räumlichen Nähe zu den RBB-Studios“, erklärt Sebastian Schütze, Landesvorsitzende der JU. Von einer Leinwand herunter scheint das Gesicht Schönbohms, dessen Ausführungen zum CDU-Wahlslogan „Arbeit statt PDS“ heftig beklatscht werden. Generell verfolgen die rund 50 Zuschauer jeden längeren Monolog Schönbohms aufmerksam, während sie die Redezeiten der PDS-Landtagskandidatin Dagmar Enkelmann mit Stöhnen, Schmährufen oder Gelächter quittieren. Ministerpräsident Matthias Platzecks Antworten dagegen verfolgen sie anfangs gleichgültig. Nach der ersten halbe Stunde aber muss sich sein Konterfei auf der Leinwand gelegentlich Unmutsäußerungen gefallen lassen. „Der redet mir zu viel um den heißen Brei herum“, meinte Richstein. Als Platzeck auch zum Ende der rund einstündigen Debatte keine eindeutige Koalitionsaussage abgibt, winkten die rund 50 CDU- und JU-Anhänger im „Lokal“ ab. Damit hatten sie schon vorher gerechnet. „Die Junge Union ist stolz auf Jörg Schönbohm, der als einziger klare Antworten gegeben und auch die Interessen der Jungen Union in die Diskussion eingebracht hat“, zieht Sebastian Schütze später Bilanz. Als Jörg Schönbohm dann zehn Minuten nach Ende der Sendung im „Lokal“ auftaucht, brandet Beifall seiner Anhänger auf. „Ich fand die Diskussion stinklangweilig“, sagt er. „Ich habe die Handbremse angezogen und wollte staatsmännisch sein“, was seinem Wesen sonst eher weniger entspräche, wie er scherzend meint. Und Dagmar Enkelmann sei für ihn keine Gegnerin gewesen, sagt der Minister. Zu seinem Kontrahenten Matthias Platzeck äußert Schönbohm sich dagegen nicht.

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