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Künstlerin mit Selbstporträt. Inessa Rozenstein vor einem ihrer Bilder.

© A. Klaer

Landeshauptstadt: Von Odessa nach Potsdam

Drei jüdische Künstler stellen im Stadthaus aus. Unter ihnen ist auch Inessa Rozenfeld, die 2003 vom Schwarzen Meer in Brandenburgs Hauptstadt kam

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Eigentlich wollte die Künstlerin Inessa Rozenfeld nach Berlin. Doch als die junge Frau 2003 ihre Heimatstadt Odessa verließ und nach Deutschland kam, wurden in Berlin keine sogenannten Kontingentflüchtlinge mehr aufgenommen – also Juden aus den Nachfolgestaaten der Sowjetunion. So landete Inessa Rozenfeld in Potsdam, genauer gesagt in der Waldstadt, und ist mittlerweile sehr froh darüber: „Hier ist es ruhiger als in Berlin. Und man hat mehr Natur in der Nähe“, sagt sie.

Seit dem gestrigen Freitag stellt sie gemeinsam mit zwei weiteren jüdischen Künstlern im Potsdamer Stadthaus aus. Organisiert hat die Ausstellung auf dem Flur des Oberbürgermeisters die Jüdische Gemeinde Potsdam, der alle drei Künstler angehören. Bis zum 15. März hängen die Werke von Inessa Rozenfeld, Ilja Kleiner und Emil Falkovsiy dort.

Dass es dazu kam, sei eigentlich einem Zufall geschuldet, erzählt Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) bei der Eröffnung. Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, Mykhaylo Tkach, habe ihn Ende vergangenen Jahres angesprochen und eine solche Ausstellung angeregt. „Aber der Flur hier war eigentlich ausgebucht.“ Doch dann kam der Jüdischen Gemeinde die strenge deutsche Brandschutzverordnung zugute: Denn diese verbat die eigentlich für Februar geplante Wanderausstellung über Alleinerziehende in Brandenburg – die Stellwände durften nicht im Flur des Oberbürgermeisters aufgestellt werden, sondern mussten in die erste Etage verfrachtet werden. So blieb kurzfristig Platz für die jüdischen Künstler.

Unter dem Titel „Wir sind willkommen“ sind nun deren Bilder zu sehen. Die Werke sollen eine Art Brücke schlagen zwischen den Heimatländern der Menschen, dem dort Erlebtem und ihrem Leben in Potsdam, wie Oberbürgermeister Jakobs sagt. Viele kräftige Farben sind zu sehen, meist sind die Motive gegenständlich, fast alle Bilder sind mit Ölfarben gemalt. Ins Auge sticht sofort der verbissen dreinblickende Geiger mit wirrem Haar und heruntergezogenen Mundwinkeln von Ilja Kleiner. Auch der alte Mann mit weißen Haaren und weißem Bart, der so eindringlich aus dem Bild hinausblickt, fesselt den Betrachter sofort.

Inessa Rozenfeld malt ebenfalls meistens in Öl und immer vom Original, nie vom Foto, wie sie sagt. Gleich zu erkennen sind die Weinbergterrassen von Schloss Sanssouci, auf einem anderen hat sie ihre kleine Tochter abgebildet – ein kleines blondes Mädchen mit einem weißen Kätzchen im Arm. Daneben ist ein Selbstporträt Rozenfelds zu sehen, verträumt legt sie ihr Gesicht in die Hand, die Haare sind vom Wind zerzaust. „Das ist schon ein paar Jahre her, da sehe ich noch jünger aus“, sagt die Künstlerin und lächelt verlegen. Auch ihren Lebensgefährten, der in Berlin lebt, hat sie porträtiert, ein hagerer Mann mit scharfen Zügen, ganz in Blau gehalten.

Verkauft wird selten eines ihrer Bilder, sagt die Künstlerin, „aber das ist auch nicht mein Ziel“. Zum Leben braucht sie das Geld nicht, wie sie sagt, ihren Unterhalt verdient sie unter anderem mit Malkursen an einer Grundschule.

„Mir ist wichtig, dass viele Menschen sich an meinen Bildern erfreuen können.“ Fünf Wochen lang können sie das nun – umsonst im Stadthaus. K. Wiechers

K. Wiechers

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