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Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) hat kein Vertrauen mehr zu Matthias Klipp. Der Baudezernent wurde suspendiert.

© M. Thomas

Entscheidung über Potsdams Baubeigeordneten Klipp: Vorzeitiges Ende einer Karriere

Heute entscheiden die Stadtverordneten, ob Potsdams Baubeigeordneter Matthias Klipp abgewählt wird. Die Abwahl gilt als sehr wahrscheinlich. Außerdem gibt es neue Vorwürfe im Disziplinarverfahren.

Stand:

Potsdam - Selbst Matthias Klipp glaubt nicht mehr daran, dass er nach dem heutigen Mittwoch noch Potsdams Baudezernent ist. Gegenüber Grünen-Parteikollegen hat er sich selbst nach PNN-Informationen bereits als Ex-Beigeordneten bezeichnet. Offiziell hat sich der 54-Jährige vor seiner für den heutigen Tag geplanten Abwahl durch die Stadtverordnetenversammlung auf PNN-Anfrage allerdings nicht zu seiner beruflichen Zukunft geäußert.

Die meisten Stadtparlamentarier wollen Klipp nicht mehr als Baubeigeordneten

Doch nach der unter anderem von den PNN aufgedeckten Hausbau-Affäre wollen die meisten Stadtparlamentarier Klipp nicht mehr im Amt sehen. Denn nicht nur die Rathauskooperation aus SPD, CDU und Grünen will ihn ersetzen – auch die Opposition will Stimmen für die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit liefern. Klipp wird unter anderem vorgeworfen, sich in seiner Position als Chef der Bauverwaltung bei seinen ihm unterstehenden Mitarbeitern für seinen – zu groß geratenen – privaten Hausbau eingesetzt zu haben. Ebenso soll er den Stadtverordneten und seinem Dienstherrn, Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD), über wesentliche Details in der Affäre die Unwahrheit gesagt haben.

Das alles reicht auch Linke-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg: Er bestätigte am Dienstag den sich seit Wochen abzeichnenden Trend in seiner Fraktion, dem von Jakobs gestellten Abwahlantrag zuzustimmen. Das Vertrauensverhältnis zu dem Dezernenten sei nicht mehr gegeben, sagte Scharfenberg den PNN. Noch deutlicher wurde Linke-Kreischef Sascha Krämer, der im Kurznachrichtendienst Twitter von „Amtsmissbrauch“ durch Klipp sprach.

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Klipps Amtszeit sollte eigentlich erst 2017 enden

Auch die AfD möchte Klipp abwählen, ebenso wollen nach PNN-Informationen inzwischen auch Teile der oppositionellen Fraktion Die Andere ihre Hand gegen Klipp heben. Unentschieden gab sich am Dienstag noch der Chef vom Bürgerbündnis, Wolfhard Kirsch – der lange Zeit noch zu Klipp gehalten hatte. Doch auch der Bauträger-Unternehmer sagte, er gehe von einer Abwahl des Beigeordneten aus.

Klipps Amtszeit sollte eigentlich erst 2017 enden. Nach seiner Abwahl würde er zunächst 75 Prozent seiner bisherigen Beamten-Bezüge erhalten. Das Rathaus geht davon aus, dass nach dem Disziplinarverfahren entsprechende Disziplinarmaßnahmen beschlossen und vom Innenministerium genehmigt werden. Kenner des Verfahrens im Rathaus gehen davon aus, dass Klipp zwischen 10 und 20 Prozent seiner Ansprüche gekürzt werden. Allerdings könnte das dauern, sollte Klipp den Rechtsweg beschreiten und klagen.

Vorwurf des Amtsmissbrauchs belegt

Unterdessen haben sich die Vorwürfe gegen Klipp im Zuge dieses Verfahrens ausgeweitet, etliche Stadtverordnete haben inzwischen auch Akteneinsicht in den Vorgang genommen. Den Vorwurf des Amtsmissbrauchs sieht das Rathaus durch zahlreiche E-Mails von Klipp belegt. Jetzt wird ihm nach PNN-Informationen auch vorgeworfen, in einem privaten Nachbarschaftsstreit das Stadtplanungsamt, das ihm unterstand, eingeschaltet und sich dabei über das Bauvorhaben seines Nachbarn informiert zu haben. Tenor: Darf der das? Das Stadtplanungsamt verstand Klipps E-Mail offenbar als Auftrag und prüfte den Vorgang. Das Einholen solcher Erkundigungen in privater Angelegenheit wertet man im Rathaus als klare Kompetenzüberschreitung.

Ebenso wird geprüft, ob Klipp vertrauliche Informationen aus dem Aufsichtsrat der städtischen Bauholding Pro Potsdam an Journalisten gegeben hat. Konkret ging es dabei um Vorwürfe gegen Luftschiffhafen-Chef Andreas Klemund, gegen den zwischenzeitlich Korruptionsermittlungen liefen. Klipp hat in dieser Angelegenheit eine eidesstattliche Versicherung unterzeichnet, er sei keine Quelle für Journalisten gewesen. Sollte sich das Gegenteil erweisen, könnte Klipp weiteren juristischen Ärger bekommen – wegen der Weitergabe von Informationen aus dem Aufsichtsrat und wegen falscher eidesstattlicher Versicherung. Wie berichtet ermittelt die Staatsanwaltschaft Berlin gegen den Noch-Dezernenten bereits wegen des Verdachts auf falsche eidesstattliche Versicherung im Zuge der Hausbau-Affäre. Klipp hatte stets bestritten, auf das Genehmigungsverfahren für seinen Hausbau Einfluss genommen zu haben.

Weiterer Bauzaun für Anwohner-Proteste

Und noch ein Punkt ist in dem Disziplinarverfahren hinzugekommen, der den sensiblen Streit am Pfingstberg betrifft – konkret den von Springer-Vorstand Mathias Döpfner im Auftrag der Schlösserstiftung gezogenen Zaun um den verwilderten Welterbe-Park an der Villa Schlieffen. Dort soll Klipp etwa genehmigt haben, dass ein weiterer Bauzaun vor den strittigen Döpfner-Zaun gestellt wird – damit Anwohnerinitiativen dort Protestplakate anhängen dürfen, die von Döpfners Zaun stets entfernt wurden. Erst Oberbürgermeister Jakobs ließ die Aktion stoppen, musste Klipp aber mehrfach dazu auffordern. Der hatte nie einen Hehl daraus gemacht, dass er die Kritik der Anwohnerinitiative an Döpfners Vorgehen am Park teilt. Sein Eingreifen am Zaun, aber auch generell seine öffentlichen Äußerungen zu Döpfners Sanierungsvorhaben wertet das Rathaus als Verstoß gegen die Neutralitätspflicht.

Bereits Teil des Disziplinarverfahrens ist eine Rüpel-SMS von Klipp an einen mit der Hausbau-Affäre befassten PNN-Redakteur – wegen Stasi-Vorwürfen und wegen der Umgehung der Pressevorschriften des Rathauses.

Geheime oder offene Abstimmung?

Strittig ist noch das Verfahren der Abwahl. Stadtsprecher Stefan Schulz sagte den PNN, der Abwahlantrag werde nicht geheim abgestimmt, sondern offen und ohne Aussprache. Das leite sich aus der Kommunalverfassung ab. Allerdings wies die Fraktion Die Andere nach PNN-Informationen bereits das Büro der Stadtverordneten darauf hin, dass die Kommunalparlamentarier auch noch eine geheime Abstimmung beschließen könnten. Wenn Klipp abgewählt ist, wird der Posten ausgeschrieben. Oberbürgermeister Jakobs schlägt dann laut Sprecher Schulz einen Kandidaten vor. Die Grünen haben bereits auf ihr Vorschlagsrecht – wie bei Klipps Auswahl – gepocht.

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