Landeshauptstadt: Warten und Feiern
Am Sonntag werden zum 81. Mal die Oscars verliehen – mit acht Nominierungen kann Potsdam mitfiebern
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Wer morgen den Oscar bekommt, das wissen momentan nur Brad Oltmanns und Rick Rosas. Die beiden Wirtschaftsprüfer von PricewaterhouseCoopers haben seit Dienstag die Stimmzettel der gut 6000 Mitglieder der Academy of the Motion Pictures Arts and Sciences ausgezählt. Und sie werden die Umschläge mit den Gewinnern am Sonntag zum „Kodak Theatre“ nach Los Angeles bringen, wo das Ergebnis auf der 81. Oscar-Gala verkündet wird. Bis dahin kann auch Potsdam wieder mitfiebern. Die PNN erklären, welche Chancen es gibt – und wer am Oscar-Wochenende wo feiert.
Welche Chancen hat Potsdam?
Nach dem Auslands-Oscar für die Babelsberg-Koproduktion „Die Fälscher“ im vergangenen Jahr gibt es diesmal acht Nominierungen für den begehrtesten Preis der Filmwelt: Die Studio-Babelsberg-Koproduktion „Der Vorleser“ geht in fünf Kategorien ins Rennen – als „Bester Film“, für die „Beste Regie“ und das „Beste adaptierte Drehbuch“, „Beste Kamera“ und für die „Beste Hauptdarstellerin“, die Britin Kate Winslet. Winslet gilt als Favoritin für den Preis: Sie räumte für ihre Rolle in der Literaturverfilmung von Stephen Daldry bereits den Golden Globe und den britischen BAFTA ab. Als größten Konkurrenten für den „Vorleser“sieht man im Studio Babelsberg den in Indien spielenden „Slumdog Millionär“. Hoffnungen auf den Auslands-Oscar hat „Der Baader Meinhof Komplex“ von Uli Edel, für den auch die Potsdamer Schauspieler Nadja Uhl und Hannes Wegener vor der Kamera standen – als klarer Favorit in dieser Kategorie gilt jedoch die israelische Produktion „Waltz with Bashir“ – sie wurde mit Geldern des Medienboards Berlin Brandenburg realisiert. Auch „Spielzeugland“ des Berliner Regisseurs Jochen Alexander Freydank, der für den Kurzfilm-Oscar nominiert ist, wurde mit Medienboard-Mitteln gefördert.
Potsdam in Los Angeles: Wer feiert wo?
Auch wenn die Oscar-Gala erst am Sonntag über die Bühne geht – gefeiert wird schon heute: Zum Beispiel auf dem traditionellen Empfang der Villa Aurora, des Deutschen Generalkonsulates und des Goethe-Instituts. Im Garten der Künstlerresidenz am Pazifik, in der einst Lion Feuchtwanger sein Exildasein verbrachte, trifft sich am Nachmittag die deutsche Filmwelt: Mit dabei sind auch Carl L. Woebcken und Christoph Fisser, das Vorstandsduo von Studio Babelsberg, Henning Molfenter, Chef der Studio Babelsberg Motion Pictures, und Kirsten Niehuus, Chefin des Medienboards Berlin Brandenburg. Auf der Gästeliste stehen außerdem die Regisseure Uli Edel und Werner Herzog, Kulturstaatsminister Bernd Neumann, Moritz Bleibtreu, Martina Gedeck und Johanna Wokalek („Der Baader Meinhof Komplex“). Wenn Moderator Hugh Jackman dann am Sonntagabend 17 Uhr Ortszeit – in Potsdam ist es da 2 Uhr nachts – die Gala eröffnet, werden das nur die wenigsten live erleben: Denn die Plätze im „Kodak Theatre“ sind streng limitiert. In Los Angeles trifft man sich daher auf „Viewing Partys“: Medienboard-Chefin Kirsten Niehuus etwa wird den Abend auf der Party von Bernd Eichinger verbringen, die Studio-Chefs wohl im Hause Weinstein.
Was bedeutet ein Oscar für Babelsberg?
Die 3,85 Kilo schwere vergoldete Figur ist natürlich mehr wert als der Materialpreis von rund 300 Dollar – der Oscar ist der Adelstitel der Filmwelt. „Es bringt eine unglaubliche Aufmerksamkeit in der Filmbranche“, sagt Studio-Babelsberg-Sprecher Eike Wolf. Die drei Oscars für die Babelsberg-Koproduktion „Der Pianist“ im Jahr 2003 hätten die Studios „zurück auf den Radar von Hollywood geholt“. Schon die Nominierung von „Der Vorleser“ wertete Studiochef Woebcken als Bestätigung: „Es beweist, dass Deutschland für Hollywood nicht nur als Filmproduktionsstandort zunehmend interessanter wird, sondern gleichermaßen auch deutsche Stoffe international funktionieren.“
Wie viele Oscars gab es bisher für Potsdam?
Der jüngste ist erst ein Jahr alt: 2008 gewann die Babelsberg-Produktion „Die Fälscher“ von Stefan Ruzowitzky den Auslands-Oscar. Aber die Beziehung zwischen den Oscars und Babelsberg reicht bis an den Anfang des Filmpreises der Academy zurück. Denn der erste Oscar überhaupt ging im Jahr 1929 gewissermaßen auch nach Babelsberg: Gewonnen hat ihn der Schauspieler Emil Jannings für die Stummfilme „Sein letzter Befehl“ und „The Way of All Flesh“, die beide in Amerika entstanden. Direkt am Anschluss an die Verleihung begann Jannings in Babelsberg mit den Dreharbeiten zu seinem Tonfilmdebüt: „Der blaue Engel“ von Regisseur Josef von Sternberg, in dem er mit Marlene Dietrich vor der Kamera stand, feierte 1930 Premiere – und wurde zum Aushängeschild für die Babelsberger Studios. In der DEFA-Zeit blieb Babelsberg dagegen preislos in Hollywood: Die einzige Nominierung gab es 1977 für „Jakob der Lügner“. 2003 gewann „Der Pianist“ von Roman Polanski drei Oscars – für die „Beste Regie“, den „Besten Hauptdarsteller“ – Adrien Brody – und das „Beste adaptierte Drehbuch“. Es sei sein wichtigster Film gewesen, sagte Polanski am Donnerstag im Filmmuseum. Der Regisseur ist zurück gekommen nach Babelsberg und dreht hier den Thriller „The Ghost“. Jana Haase
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