Homepage: Was passiert in der Black Box? Workshop über Katastrophenmanagement
Das Thema war brandaktuell: Wie reagieren Verwaltungen auf katastrophale Naturereignisse?, fragte ein interdisziplinärer Workshop der Uni Potsdam.
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Das Thema war brandaktuell: Wie reagieren Verwaltungen auf katastrophale Naturereignisse?, fragte ein interdisziplinärer Workshop der Uni Potsdam. Da war das Hochwasser in Brandenburg gerade erst abgeebbt. Wie funktionieren Entscheidungsprozesse, wenn es brennt oder allgemein Gefahr droht, und wie kann die Bedrohung gehändelt werden? Verwaltungen wirken oft wie eine „Black Box“, eine obskure Kiste, bei der Entscheidungen hinter verschlossenen Türen gefällt werden, so die These der Einladung.
Tatsächlich gingen die Workshop-Teilnehmer – Doktoranden aus Potsdam, Berlin, Spanien und Italien – sehr theoretisch an das Thema heran. Verwaltungsmitglieder waren gleich gar nicht gekommen. „Das war so auch nicht geplant“, sagt Thurid Hustedt, die das Seminar mitorganisiert hat. „Wir wollten als Verwaltungswissenschaftler den Kollegen aus den Naturwissenschaften erklären, wie Institutionen ticken.“ Vertreter der Potsdamer Verwaltung einzuladen sei nie geplant gewesen, das Projekt beschäftigt sich eher mit der zentralstaatlichen – nicht mit der kommunalen Ebene.
Anschaulich wurde es trotz so viel Praxisferne: „Der wichtigste Grund, aus dem Verwaltungen etwas ändern, ist die Angst, altmodisch zu wirken“, sagt Werner Jann, Professor für Politikwissenschaft an der Uni Potsdam. Ein Workshopteilnehmer macht das auch gleich an einem Beispiel klar: In Deutschland weigerte man sich lange, ein neuartiges System zur Datenerhebung von Erdbeben zu installieren. Zu kompliziert. Bis sich herausstellte, dass etwa Südafrika es schon lange anwendet. Was ein afrikanisches Land kann, muss hier auch gehen. Logisch.
Grundsätzlich wollen sich Verwaltungen nicht dauernd ständig selbst reformieren, so Jann. „Der oft belächelte Standardsatz von Verwaltungsmitarbeitern – das haben wir schon immer so gemacht – ist rational gesehen sinnvoll.“ Sonst müssten die Beamten bei jedem Vorgang, jeder Entscheidung immer wieder von vorne anfangen. Formale Regeln, klare Hierarchien – die typischen Merkmale von Bürokratien, aufgestellt vom Soziologen Max Weber – gelten heute oft als Dinosaurier, als aussterbende Spezies. „Tatsächlich gibt es aber keinen Hinweis darauf, dass es heute weniger bürokratisch zugeht als vor 50 Jahren“, sagt Jann. Im Gegenteil: In einer komplizierter werdenden Welt mit wachsenden Märkten brauche es mehr Regeln, nicht weniger. Die EU, die mittlerweile sogar Bananenmindestgrößen vorschreibt, sei dafür ein gutes Beispiel.
Gleichzeitig garantieren Bürokratien auch demokratische Standards: „Es ist immer klar, wer verantwortlich ist, wen ich im Zweifel auch verklagen kann“, so Jann. Mit dem Argument der Demokratie hat Berlins Flughafenchef Hartmut Mehdorn zuletzt auch dem Dauerstreit um den BER etwas Positives abgewonnen.
Was aber nützen diese Erkenntnisse Naturwissenschaftlern wie Alexander Rohrmann? Er promoviert in Geologie zu Klimafolgen. „Ich hab mich oft gefragt, warum unsere Ergebnisse nicht in politische Entscheidungen miteinfließen.“ Es sei gut belegt, dass der Meeresspiegel steigt, Stürme zunehmen. Trotzdem passiert in seinen Augen fast nichts. „Natürlich gibt es bei all unseren Messungen Unsicherheiten – die werden von den Politikern aber oft überbewertet.“ Seine Forschungen will er deshalb künftig für die Politik anders aufbereiten. Ariane Lemme
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