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Wenig Transparenz: Was Potsdams kommunale Unternehmer verdienen

Mehr als Oberbürgermeister Jann Jakobs und Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke: Der nicht-öffentliche Beteiligungsbericht zeigt, was die Chefs kommunaler Firmen in Potsdam verdienen.

Stand:

Potsdam - Die Geschäftsführer kommunaler Unternehmen in der Landeshauptstadt Potsdam verdienen zum Teil deutlich mehr als Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) oder sein Parteifreund, Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke. Das zeigt einmal mehr der nicht-öffentliche Beteiligungsbericht, dessen aktuellste Fassung – Stand 2014 – die Fraktionen im Stadtparlament erst vor wenigen Wochen von der Rathausspitze erhalten haben.

Spitzenverdiener: Pro-Potsdam-Chef Horst Müller-Zinzius 

Spitzenverdiener war demnach erneut der Chef der kommunalen Bauholding Pro Potsdam, Horst Müller-Zinsius. Er erhielt im Jahr 2014 insgesamt 230 000 Euro plus maximal 60 000 Euro Tantieme. Was der den PNN vorliegende Bericht nicht ausweist, sind Gehaltssteigerungen – angegeben sind nur die absoluten Summen. Veränderungen bei der Entlohnung sind nur zu erkennen, wenn man die Angaben in den Berichten der vergangenen Jahre vergleicht. Dabei wird klar: Müller-Zinsius’ Gehalt hat sich in den Vorjahren um 10 000 Euro erhöht.

Zwischen 2013 und 2014 hat vor allem der Chef des Klinikums „Ernst von Bergmann“, Steffen Grebner, profitieren können. Er erhielt 2014 genau 220 000 Euro, das sind 30 000 Euro mehr als im Jahr zuvor – ein sattes Plus von 16 Prozent. Dazu kamen für Grebner maximal 40 000 Euro Bonuszahlungen. Wie hoch die Tantieme tatsächlich war, geht aus dem Bericht wie schon in den vergangenen Jahren nicht hervor.

Wie Lohnsteigerungen zustande kommen

Rathaussprecher Stefan Schulz teilte auf PNN-Anfrage mit, Lohnsteigerungen bei den Chefs der kommunalen Unternehmen könnten durch unterschiedliche Faktoren zustande kommen, etwa durch die Übernahme von mehr Verantwortung oder durch die Dauer der Beschäftigung im Unternehmen. Das Bergmann-Klinikum hat in den vergangenen Jahren einen viel beachteten Expansionskurs eingeschlagen und wie berichtet unter anderem die Klinik in Bad Belzig übernommen.

Über die Gehälter werde das Rathaus detailliert keine Auskunft geben, so Schulz. Die Höhe der Vergütung werde jeweils durch die Gesellschafterversammlung der Unternehmen bestätigt – oberster Gesellschaftervertreter für die kommunalen Konzerne und Firmen ist Oberbürgermeister Jakobs. Ausnahmen sind Tochterunternehmen wie die zur Pro Potsdam gehörige Luftschiffhafen GmbH. Dort hat das Mutterunternehmen das letzte Wort.

Die verzeichneten Bonuszahlungen würden nur ausgeschüttet, wenn zuvor festgelegte Ziele erfüllt werden – und dies lege der Aufsichtsrat der jeweiligen Unternehmen fest, so Sprecher Schulz weiter. „Die Ziele richten sich dabei nicht ausschließlich auf den ökonomischen Erfolg des Unternehmens, sondern können auch andere für die Landeshauptstadt wichtige zu erreichende Ziele umfassen.“

Immer wieder Kontroversen über Gehälter kommunaler Unternehmen

Bundesweit wird immer wieder über die Höhe von Gehältern kommunaler Unternehmen diskutiert; feste Richtlinien gibt es nicht. WDR-Recherchen hatten bereits vor zwei Jahren gravierende Unterschiede bei der Vergütung der Manager kommunaler Unternehmen in Deutschland festgestellt. Zudem halten viele Kommunen diese Vergütungen geheim. Auch in Potsdam ist dies ungeachtet eines Stadtverordnetenbeschlusses aus dem Jahre 2010, wonach die Einkommen der städtischen Chef-Manager offengelegt werden sollen, immer noch häufig Praxis. Die Stadtverwaltung hatte dies unter anderem damit begründet, dass sie bei altgedienten Managern auf deren freiwillige Zustimmung zur Veröffentlichung angewiesen sei – die vielfach jedoch vorliegt. Pro Potsdam und Stadtwerke hatten zudem einzelne Spitzengehälter veröffentlicht. Zugleich hatten die Stadtverordneten nach dem Beschluss aus dem Jahr 2010 immer wieder auf mehr Transparenz gedrungen.

Verwunderlich erscheint, dass ein Bericht für 2014 erst jetzt die Stadtverordneten erreicht. Das werde wohl so bleiben, sagt Stadtsprecher Schulz. Der Beteiligungsbericht sei in diesem Jahr erstmalig zusammen mit dem Jahresabschluss des städtischen Haushalts für 2014 vorgelegt worden. Diese Praxis sei weiterhin so vorgesehen und eine Vorgabe aus der Kommunalverfassung. Die Jahresabschlüsse werden seit Jahren mit erheblicher Verspätung vorgelegt, was schon mehrfach für Kritik aus der Stadtpolitik sorgte. Schulz sagte, mit den Berichten für 2015 und 2016 werde sich die Verwaltung beeilen.

Auch Gehälter von ehemaligen Geschäftsführern werden angegeben

Die späte Veröffentlichung führt auch dazu, dass Gehälter von Geschäftsführern angegeben werden, die längst nicht mehr angestellt sind – vor allem an der Spitze der Stadtwerke. Gegen Topmanager des städtischen Konzerns hatte es 2016 schwere Vorwürfe der Vetternwirtschaft und Begünstigung gegeben, Stadtwerke-Chef Wilfried Böhme, der Technikchef der Stadtentsorgung, Enrico Munder, sowie der Geschäftsführer der Energie und Wasser Potsdam (EWP), Holger Neumann, mussten den Konzern verlassen. Sie hatten Bezüge zwischen 216 000 und 130 000 Euro pro Jahr erhalten, plus möglicher Bonuszahlungen von 40 000 bis 50 000 Euro.

Zum Vergleich: Potsdams Oberbürgermeister verdient rund 120 000 Euro im Jahr, Ministerpräsident Woidke kommt auf rund 157 000 Euro.

Hintergrund: Die Gehaltsliste 2014

PRO POTSDAM

Horst Müller-Zinsius, Geschäftsführung Unternehmensverbund Pro Potsdam: 230 000 Euro plus maximal 60 000 Euro Bonus

Jörn-Michael Westphal, Geschäftsführung Pro Potsdam: 200 000 Euro plus maximal 40 000 Euro Bonus

Bert Nicke, Geschäftsführung Pro Potsdam: 150 000 Euro plus maximal 40 000 Euro Bonus

Andreas Klemund, Geschäftsführung Luftschiffhafen GmbH: 135 000 Euro plus maximal 30 000 Euro Bonus

Christiane Kleemann, Geschäftsführung Gewoba Wohnungsverwaltungsgesellschaft: 105 000 Euro plus maximal 35 000 Euro Bonus

Erich Jesse, Geschäftsführung Polo Beteiligungsgesellschaft: 105 000 Euro plus maximal 35 000 Euro Bonus


STADTWERKE POTSDAM

Wilfried Böhme, Geschäftsführung Stadtwerke sowie Energie und Wasser Potsdam GmbH: 216 000 Euro plus maximal

50 000 Euro Bonus

Holger Neumann, Geschäftsführung Energie und Wasser Potsdam GmbH und Stadtentsorgung Potsdam: 192 000 Euro plus maximal

40 000 Euro Bonus

Martin Grießner, Geschäftsführung Verkehrsbetrieb Potsdam: 130 000 Euro plus maximal 45 500 Euro Bonus

Oliver Glaser, Geschäftsführung Verkehrsbetrieb Potsdam: 130 000 Euro, bis zu 45 500 Euro Bonus

Jürgen Retzlaff, Geschäftsführung Netzgesellschaft Potsdam: 131 350 Euro plus maximal 20 000 Euro Bonus

Enrico Munder, Geschäftsführung Stadtentsorgung Potsdam: 130 000 Euro, bis zu 38 500 Euro Bonus

BERGMANN-KLINIKUM

Steffen Grebner, Geschäftsführung Klinikum „Ernst von Bergmann”: 220 000 Euro plus maximal 40 000 Euro Bonus

Hubertus Wenisch, Geschäftsführung Klinikum „Ernst von Bergmann”: 170 000 Euro plus maximal 40 000 Euro Bonus

SONSTIGE

Tobias Wellemeyer, Intendant Hans Otto Theater: 117 000 Euro plus maximal 13 000 Euro Bonus

Volkmar Raback, Geschäftsführung Hans Otto Theater: 117 000 Euro, kein Bonus

Andrea Palent, Geschäftsführung Nikolaisaal und Musikfestspiele Sanssouci: 108 000 Euro plus maximal 20 000 Euro Bonus

Steffen Schramm, Geschäftsführung Technologie und Gewerbezentren Potsdam sowie Zentrum für Film- und Fernsehproduzenten: 106 061 Euro, kein Bonus.

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